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DAZ Feuilleton
Ausstellung: Tiere vom Stamm der Nonsenidae
Vom Wolpertinger bis zum Rasselbock
Was ist das: Kopf und Rumpf wie ein Nagetier, aber zwei kleine Hörner am Kopf, Flügel zusätzlich zu den Vorderfüßen und Hinterfüße mit Schwimmhäuten? Das ist ohne Zweifel ein Wolpertinger. Chronisten und Schriftsteller behaupten, dass die 16 Spezies umfassende Gattung in Bayern endemisch sei. Dort sollen mitten im Winter auf Lichtungen und Flussinseln die an sich zurückgezogen lebenden Männchen erbarmungslos um die Gunst der Weibchen kämpfen. Überhaupt sind die Lebensgewohnheiten der Wolpertinger sehr seltsam. Sie ernähren sich von verfaulten Kartoffeln und fressen zuweilen sogar Gämsen- und Haseneier.
Dieter Luksch ist es gelungen, einige dieser seltsamen Tiere zu fangen und zu präparieren. In Vollmondnächten legte er einen mit verfaulten Kartoffeln gefüllten Sack aus. Mit einem geschälten und mit Gämsenfett eingeriebenen Haselnusszweig wurde der Sack offen gehalten. Dann stellte er eine brennende Kerze davor und legte sich auf die Lauer. Sobald der Geruch der verfaulten Kartoffeln und des Gämsenfetts ein Tier in die Falle gelockt hatte, kam er blitzschnell aus der Tarnung hervor und verschnürte den Sack.
In Bayern sind präparierte Wolpertinger sehr begehrt, weil sie angeblich Blitzschlag und Feuer abwehren. Das ausgelassene Fett soll gegen rheumatische Erkrankungen und Hexenschuss helfen und einem Kropf vorbeugen. Den getrockneten und pulverisierten Hoden der Männchen wird eine aphrodisierende Wirkung nachgesagt.
Auch anderswo trifft man Nonsenidae an, die sich nur schwer in die zoologische Systematik einordnen lassen. So kann man mit etwas Glück zwischen Haardtgebirge und Rheinebene in der Pfalz "Elwedritsche" beobachten. Im Siegerland erzählt man sich von "Dilldappen", und in Thüringen ist es der "Rasselbock", der mitunter ahnungslose Wanderer erschrickt.
Ein Tier, das auf vier Nasen lief
Das Nasobem (Nasobema lyricum) hat zuerst Christian Morgenstern in einem Gedicht beschrieben. Im Leipziger Naturkundemuseum sind präparierte Exemplare zu sehen, die Prof. Harald Stümpke 1941 auf der Südsee-Inselgruppe Heieiei erlegt hat. Nur kurze Zeit später wurde Heieiei durch Atombombentests im Meer versenkt und die seltene Spezies ein für allemal ausgerottet.
Das Nasobem schritt auf vier durch Schwellkörper stabilisierten Nasen einher und ernährte sich vegetarisch. Sein Schwanz war ein besonderes Greiforgan: Über einen verlängerten Darmkanal konnten Gase in den Schwanz gelangen und diesen plötzlich aufblasen, sodass er empor geschleudert wurde und Früchte von den Bäumen pflücken konnte.
Einhorn, Vogel Rock und Schnabeltier
Rätselhafte Funde fossiler Tierknochen und abenteuerliche Schilderungen von Seefahrern und Weltreisenden regten schon früh die Fantasie und den Forschergeist an. Dabei entstand manch bizarres Fabelwesen. So ließ der Schweizer Arzt und Naturforscher Konrad Gessner (1516–1565) einen Holzschnitt anfertigen, der einen gehörnten Hasen darstellt. Auch der Kupferstecher Johann Elias Ridinger (1698–1767) bildete einen Hasen mit zwei Geweihstangen zwischen den Lauschern ab.
Das Einhorn ist das bekannteste Fabeltier. 1678 glaubte der Mag–deburger Bürgermeister Otto von Guericke, bei Quedlinburg versteinerte Reste des "Unicornu fossile" entdeckt zu haben. Der spektakuläre Fund faszinierte damals sogar den Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz. Heute wissen wir indessen, dass es sich dabei um Stoßzähne eines Mammuts und Knochen von Huftieren gehandelt hatte. Auch die Stoßzähne des Narwals galten als Relikte des Einhorns.
Der Vogel Rock wird in den Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht und im Reisebericht des Marco Polo erwähnt. Die zufällige Entdeckung eines Kadavers belegt, dass er tatsächlich noch vor gut tausend Jahren existiert hat. Dieter Luksch fertigte von dem Riesenvogel, der einen Elefanten durch die Lüfte zu tragen vermochte, ein lebensecht wirkendes Modell an.
Manche Tiere sehen wie Fabeltiere aus, existieren jedoch tatsächlich. So hielten britische Zoologen den ersten Balg des Schnabeltiers (Ornithorhynchus anatinus), der von Australien in die Alte Welt gelangte, für das Artefakt eines Witzbolds. Auch andere Tiere mit sonderbaren Körperteilen sind in Leipzig ausgestellt: Die Männchen des Dreilapp-Glockenvogels in Mittelamerika haben drei Hautlappen am Kopf, die sie bei der Balz aufrichten. Ein in ariden Gebieten Australiens heimischer Gecko, der Dornteufel (Moloch horridus), hat am Nacken einen Fettbuckel, am ganzen Körper Stacheln und erinnert an ein welkes Blatt.
Lortzingstraße 3, 04105 Leipzig Tel. (0341) 982210, Fax 9822122 www.leipzig.de/naturkundemuseum Geöffnet: dienstags bis donnerstags 9 bis 18 Uhr, freitags 9 bis 13 Uhr, samstags und sonntags 10 bis 16 Uhr
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