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Arzneimittel und Therapie
Supportivtherapie bei Krebserkrankungen: Training für die Abwehrkräfte
Krebs kann bei rund der Hälfte der Patienten geheilt werden, dagegen überleben einen Herzinfarkt nur 30% der Betroffenen. Häufig wird der Krebs jedoch als bedrohlicher empfunden als der Herzinfarkt. Er wächst langsam innen im Körper und bedroht die gesamte Existenz. Das ist für den Erkrankten emotional schwer zu verkraften.
Umso wichtiger ist die Erkenntnis, dass der Patient seiner Krankheit nicht hilflos ausgeliefert ist, sondern selbst etwas tun kann. Mit einer gesunden Ernährung, Sport und verschiedenen naturheilkundlichen Methoden kann das Immunsystem nach einer Krebserkrankung gestärkt und die Heilungschancen deutlich verbessert werden.
Richtig essen bei Krebs
Während und bis zu einem halben Jahr nach einer Chemotherapie kann sich der Geschmack ändern. Jetzt sollten die Patienten essen, was sie mögen und vertragen. Auf jeden Fall sollten sie ausreichend essen, damit die Chemotherapie besser vertragen wird. Allerdings werden nicht alle Lebensmittel gleich gut vertragen. So ist Fleisch und fette Wurst eher nicht zu empfehlen, Käse eignet sich besser. Viele Patienten vertragen jetzt nichts Saures. Säfte sollten deshalb nur verdünnt genossen werden. Vor allem stärkehaltige und trockene Lebensmittel wie Cracker werden gerne gegessen. Auch gekühlte Cola kann gut tun. Wenn die Kohlensäure vor dem Genuss durch Rühren etwas vermindert wird, ist sie besser verträglich.
Für die Dauer gelten die Regeln einer gesunden Ernährung: viel Obst und Gemüse, wenig Fleisch und tierische Fette. Nahrungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren und Vitaminpräparate sind wichtig, um das Immunsystem dauerhaft zu stärken.
Lähmende Müdigkeit
Viele lebensrettende Krebstherapien gab es vor 20 Jahren noch nicht. Entsprechend werden Ärzte und Patienten heute aber auch mit zahlreichen Begleiterscheinungen der modernen Therapien konfrontiert. Die tumorbedingte Fatigue, eine lähmende Müdigkeit, ist das häufigste Symptom von Brustkrebs-Patientinnen, die eine Chemo- oder Strahlentherapie erhalten. Sie ist definiert als inadäquate, vor allem körperlich empfundene Müdigkeit, die sich durch ausreichenden Schlaf und Ruhepausen nicht beeinflussen lässt. Dieses chronische Müdigkeitssyndrom tritt individuell sehr unterschiedlich auf, häufig gekoppelt mit einer verbleibenden Abwehrschwäche.
Die Patientin Christiane Hofmann steht stellvertretend für viele Betroffene. Bei ihr wurde mit 37 Jahren im Jahr 2001 ein Gebärmutterhalskrebs entdeckt. "Ich fühlte mich von der Diagnose überrollt", sagte sie beim Patientenforum des Deutschen Krebskongresses in Berlin im März 2006 und berichtete von ihrer Angst. In den Jahren 2003 und 2004 erlitt sie zwei Rezidive. Ihre positive Einstellung hat ihr geholfen, drei Chemotherapien mit je sechs Zyklen zu überstehen: "Man muss kämpfen", sagt sie heute. Während der Chemotherapien ging es ihr immer gut, die Beschwerden folgten etwa zehn Tage später. Dann verschlechterten sich die Blutwerte, sie wurde schlapp und depressiv. "Ich war zu schwach, um den Haushalt zu erledigen", sagte Christiane Hofmann. Oft habe sie vor Ärger und Enttäuschung geweint.
Fatigue ist sehr belastend
Eine Fatigue wie bei Christiane Hofmann tritt bei etwa 80 bis 90% der Krebspatienten nach einer Chemotherapie auf, bei 50 bis 60% verschwindet sie nach etwa einem halben Jahr. Um diese Belastung möglichst gering zu halten, werden während einer Chemotherapie oft Blutkonserven gegeben, anschließend kann Erythropoetin bei der Blutbildung helfen.
40% der Patienten leiden jedoch auch noch fünf Jahre nach einer Krebsbehandlung an einer Fatigue. 20% der Patienten sind dauerhaft so stark betroffen, dass sie beispielsweise ihren Beruf nicht wieder aufnehmen können. Viele Ärzte stehen dem Problem der Langzeit-Fatigue hilflos gegenüber.
Bewegung besiegt die Fatigue
Sport bietet eine Möglichkeit, aktiv gegen die Fatigue vorzugehen. Im Gegensatz zu früher wird einem Krebspatienten heute nicht mehr empfohlen, er solle sich schonen. Im Gegenteil: Man weiß, dass gezielte körperliche Bewegung den Heilungserfolg verbessern kann. Sport aktiviert das dopaminerge System und rhythmisiert in richtiger Dosierung den Körper.
Das konnte inzwischen auch in klinischen Studien gezeigt werden. So wurden in einer Studie 119 Brustkrebs-Patientinnen in eine Trainings- (n = 60) und eine Kontroll-Gruppe (n = 59) aufgeteilt. In dieser Studie verhinderte moderates Walking die Fatigue unter adjuvanter Radio- und Chemotherapie signifikant. In anderen Studien konnte gezeigt werden, dass sich auch die anderen Nebenwirkungen einer Krebstherapie durch regelmäßige Bewegung besserten. Bei einem wöchentlichen Training von vier bis fünf Stunden sinkt außerdem das Rezidivrisiko, und die Überlebenszeit steigt.
Leistungsdruck ist allerdings fehl am Platz. Für einen optimalen Effekt sollte eine Trainingseinheit zwischen 30 und 40 Minuten umfassen, der Puls sollte bei 80% des Maximums liegen. Wichtig ist, dass jeder Patient seinen persönlichen Weg zum Sport entwickelt. Gut geeignet ist zum Beispiel Walking. Mittlerweile gibt es in vielen Orten Sportgruppen für Tumorpatienten.
Entspannung gegen den Schmerz
Viele Krebspatienten leiden unter Schmerzen. Das kann verschiedene Ursachen haben. Neuromuskuläre Druckpunkte können ausstrahlen und schmerzen. Dagegen helfen physikalische Therapie und Akupunktur. Mit Hypnose kann die Aufmerksamkeit gezielt gelenkt werden, indem der Patient lernt, sich auf angenehme Reize zu konzentrieren. Der Schmerz verschwindet dadurch zwar nicht, aber der Umgang mit ihm wird erleichtert. Wichtig ist es auch, die Patienten über ihre Schmerzmittel zu informieren. So werden beispielsweise häufig Antidepressiva als Schmerzmittel eingesetzt, was bei den Patienten zu Irritationen führen kann. Beispielsweise wirken Trizyklika bei Knochenschmerzen besonders gut.
Wenn der Tumor wiederkommt
Ein Tumor beschränkt sich nicht auf das lokale Gewebe, eine Tumorerkrankung ist immer auch eine Erkrankung des gesamten Körpers. Nach der lokalen Entfernung des bösartigen Gewebes und der Chemo- oder Strahlentherapie kann man einen Krebs nicht als besiegt ansehen.
Jeder Tumorpatient fürchtet einen Rückfall, noch mehr fürchtet er allerdings die Metastasen. Besonders Knochenmetastasen können je nach Lokalisation äußerst schmerzhaft sein. Sie treten zum Beispiel bei Krebs von Brust, Prostata, Lungen und Nieren auf. Weniger häufig sind sie bei Darmkrebs. Knochenmetastasen können zum einen mit Strahlung behandelt werden. Außerdem sollte der Knochenstoffwechsel stabilisiert werden, zum Beispiel mit Bisphosphonaten, so dass weitere Metastasen verhindert werden.
Quelle "Neue Optionen in der sequenziellen adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms - Die Zukunft hat begonnen", Satelliten-Symposium, Berlin, 24. März 2006, veranstaltet von der Pfizer Pharma GmbH, Karlsruhe. "Aktiv leben trotz Krebs", Lunchtalk beim Deutschen Krebskongress, Berlin, 26. März 2006, veranstaltet von Roche Pharma. Mock, V.; Frangakis, C.; Davidson, N. E.; et al.: Exercise manages fatigue during breast cancer treatment: a randomized controlled trial. Psychooncology 14, 464-77 (2005). hel
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