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Reform des Vertragsarztrechts: Der Arztberuf soll flexibler werden
Der Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform der Regierungsfraktionen hat nun seinen Weg ins parlamentarische Verfahren gefunden. Regierung und Opposition lieferten sich am vergangenen Freitag bei der ersten Beratung des 582 Seiten umfassenden Entwurfs einen Schlagabtausch (s. a. AZ Nr. 44/ 2006, S. 1). Als nächstes wird sich der Gesundheitsausschuss des Bundestages mit der Materie befassen. In der kommenden Woche soll die öffentliche Anhörung stattfinden.
Zweigpraxen und Teilzulassungen Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen verabschiedete der Bundestag zudem die Än–derung des Vertragsarztrechts, das Anfang 2007 in Kraft treten soll. Danach können Vertragsärzte künftig auch außerhalb –ihres Vertragsarztsitzes in sog. "Zweigpraxen" tätig sein, wenn dadurch die ambulante Versorgung der Versicherten verbessert wird. Außerdem wird die Möglichkeit einer Teilzulassung eingeführt. Ärzte können ihren Versorgungsauftrag damit im zeitlich beschränkten Rahmen wahrnehmen – dies soll zur besseren Vereinbarkeit von –Beruf und Familie beitragen. Vertragsärzten wird zudem ermöglicht, gleichzeitig auch als angestellte Ärzte in Krankenhäusern zu arbeiten. Außerdem dürfen niedergelassene Ärzte künftig beliebig viele weitere Ärzte auch anderer Fachrichtungen mit flexibler Arbeitszeit beschäftigen. Bislang ist diese Möglichkeit auf einen ganztags beschäftigten oder zwei halbtags beschäftigte Ärzte einer Fachrichtung beschränkt. Weiterhin wird die Altersgrenze von 55 Jahren für den Zugang zur vertragsärztlichen Tätigkeit aufgehoben. In unterversorgten Gebieten fällt zudem die Altersgrenze von 68 Jahren für das Ende dieser Tätigkeit. Die Einführung eines neuen Vergütungssystems für die niedergelassene Ärzte wurde auf den 1. Januar 2009 verlegt – es soll zeitgleich mit der Einführung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs zwischen den Krankenkassen kommen.
Mehr Zeit zur Entschuldung der Kassen Ebenfalls im Rahmen des VAÄG wird den Krankenkassen mehr Zeit zum Abbau ihrer Schulden eingeräumt. Die Frist läuft bis Ende 2007, in Ausnahmefällen bis Ende 2008. Voraussetzung ist, dass sie einen verbindlichen Plan für den Schuldenabbau vorlegen. Dazu werden finanzielle Hilfen von den übrigen Versicherungen dieser Kassenart verlangt – betroffen ist hievon vor allem das AOK-System, das mit rund 2,7 Mrd. Euro verschuldet ist. Mit der Entschuldung will die Große Koalition erreichen, dass alle Kassen 2009 unter gleichen Bedingungen in den Gesundheitsfonds starten. Die Opposition kritisierte die Regelung. Der FDP-Politiker Heinz Lanfermann erklärte, dass es "seriös nicht möglich" sei, in maximal zwei Jahren Schulden im Umfang von 3,5 Mrd. Euro abzubauen. Mit der Regelung würden gerade solche Kassen zu Zahlungen verpflichtet, die die Zeit seit 2003 genutzt haben, ihre Schulden abzubauen. Sie müssten nun im Prinzip doppelt zahlen. Der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Frank Spieth prognostizierte, dass mit dieser vorgesehenen "Zwangsentschuldung" bei den großen Versorgerkassen teilweise Beitragssteigerungen bis auf 18 Prozent stattfinden werden. Er verwies darauf, dass viele Schulden auch deshalb gemacht wurden, weil die Bundesregierung es unterlassen habe, frühzeitig einen morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich einzuführen. Zudem werde im kommenden Jahr der Bundeszuschuss an die GKV um 2,7 Mrd. Euro reduziert – diese Entscheidung müsste rückgängig gemacht werden, damit tatsächlich eine Entschuldung ohne Beitragsexplosionen ab 2007 möglich wird, sagte Spieth.
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