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Rund 10.000 Demonstranten marschierten am 1. November vom Leipziger Hauptbahnhof zum Nikolaikirchhof, um gegen den Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform zu protestieren: ApothekerInnen, PI, PTA, PKA und andere ApothekenmitarbeiterInnen sowie weitere Sympathisanten der öffentlichen Apotheke. Sie kamen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Berlin und Brandenburg und machten ihrem Unmut lautstark Luft.

Heftigen Applaus gab es für die Rede der ADEXA-Vorsitzenden Monika Oppenkowski (siehe folgende Seite). Sie warnte eindringlich vor den negativen Konsequenzen für die Beratungsqualität und die pharmazeutische Betreuung der Patien–ten: Einsparungen beim Apo–thekenpersonal führen zu einer Fließbandabfertigung der Apothekenkunden. Für persönliche Zuwendung, qualifizierte Beratung und für Fragen zur Sicherheit von Arzneimitteln bliebe dann keine Zeit mehr. Dabei sei gerade die individuelle Beratung eine Voraussetzung für den Therapieerfolg und den sicheren Gebrauch von Medikamenten.

Weitere RednerInnen auf dem Podium waren die Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbands, Monika Koch, ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf sowie als Patientenvertreterin Rosmarie Johannes, die Landes–vorsitzende des Deutschen Diabetiker Bundes in Sachsen-Anhalt.

Die große Medienpräsenz und die Teilnehmerzahl, die die Erwartungen der Veranstalter um 100% überstieg, machten die Veranstaltung zu einem wichtigen Erfolg für ADEXA, ABDA und die regionalen Apothekerkammern und -verbände. Man kann davon ausgehen, dass der Protest auch in Berlin bei den verantwortlichen Politikern angekommen ist.

Die nächsten drei Demos in

  • München am 8.11.,
  • Düsseldorf am 15.11. und
  • Hamburg am 22.11.

werden dies weiter unterstreichen. Kommen Sie also zahlreich! Infos gibt es auf der ADEXA-Website www.adexa-online.de, in der Fachpresse und bei Ihrer Apothekerkammer.

Rede von Monika Oppenkowski auf der Demonstration in Leipzig

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitstreiter!

Was haben eine Mutter mit drei kleinen Kindern und eine alte Dame von 88 Jahren gemeinsam? Sie alle sind auf die Versorgung mit Arzneimitteln angewiesen, ob sie nun in einer Großstadt wohnen oder in der tiefsten Provinz! Und diese Versorgung muss zeitnah sein, hochqualifiziert, direkt vor Ort und dem Menschen zugewandt! Wie sonst soll eine alte Dame ohne Auto an ihr dringend benötigtes Arzneimittel kommen? Die Mutter mit den drei kleinen, an Windpocken erkrankten Kindern kann nicht mal eben 50 km zur nächsten Apotheke fahren! Eine lange Warteschlange in der Apotheke, eine kurze Abfertigung, bei der nur die Überreichung der Medikamente und das Kassieren des Anteils möglich ist, ein kurzes "Grüß Gott" (oder "Moin") und ein kurzes "Auf Wiedersehen" ist alles, was nach dem Willen des Gesetzgebers im nächsten Jahr noch möglich ist.

Dagegen wehren wir Angestellten in Apotheken uns ganz vehement! Auch heute lässt sich die Arbeit in der Apotheke kaum noch schaffen! Nach GSG, GMG, BSSichG und AVWG sind die Aufgaben in der Apotheke immer mehr werden, die Angestellten aber immer weniger. Weitere Kürzungen im Apothekenbereich führen direkt zu Einsparungen beim Personal. Weniger Personal führt zu einer Fließbandabfertigung der Patienten, für persönliche Zuwendung und qualifizierte Beratung, für Fragen zur Sicherheit von Arzneimitteln bleibt da keine Zeit mehr.

Bereits heute erhalten Patienten eine Beratung zu ihren Arzneimitteln, die den Apotheken 6,10 Euro bringt – egal wie lange die Beratung dauert. Haben Sie mal versucht, einen Klempner für 6,10 Euro zu bekommen, der Ihren Wasserschaden behebt? Dafür hebt der nicht mal den Telefonhörer ab! Im Notdienst steht Ihnen ein Apotheker zur Verfügung, der nachts alle Hebel in Bewegung setzt, um für Sie sofort ein Arzneimittel zu beschaffen, das Sie dringend benötigen. Haben Sie mal versucht, für 2,50 Euro Nachttaxe einen Schlüsseldienst zu erreichen? Darüber lacht der noch nicht mal!

Sie meinen, Apotheken sind Goldgruben? Für die meisten Besitzer schon lange nicht mehr – und für die Angestellten waren sie das noch nie! Wenn Sie die Gehälter in den Apotheken mit denen anderer Branchen vergleichen, dann werden Sie fragen, warum in Apotheken überhaupt noch Angestellte arbeiten. Ich kann Ihnen die Antwort sagen: Wir tun dies, weil wir unsere Berufe lieben, weil wir uns dafür entschieden haben, Menschen mit gesundheitlichen Fragen welcher Art auch immer zu helfen, und weil wir den Kontakt zu Ihnen, den Kunden und Patienten, lieben. Ich kann Ihnen aber auch sagen, dass die Zukunft in der Apotheke, wenn das GKV-"Wettbewerbsstärkungsgesetz" tatsächlich in Kraft tritt, anders aussehen wird.

Sind Sie sich darüber im Klaren, liebe Politiker, dass Sie mit Ihren Maßnahmen in unserem Bereich in erster Linie Frauen treffen? 90% der Apothekenangestellten sind Frauen! Sie sind aus familiären Gründen nicht so flexibel, dass sie einfach z.B. aus Mecklenburg-Vorpommern auf eine freie Stelle in Köln wechseln könnten. Apothekenleiter können aufgrund der Kostenstruktur der Apotheken Einsparungen fast nur beim Personal vornehmen. Dies führt unweigerlich zu einer massiven Verschlechterung der Qualität der Beratung, zu deutlich eingeschränktem Service und zu langen Warteschlangen. So darf unser Apothekenalltag in Zukunft nicht aussehen!

Arzneimittel sind noch immer Waren besonderer Art. Sie sind keine bunten Smarties, die man mal eben an der Tankstelle im Vorbeigehen kauft, sondern sie benötigen in vielen Fällen eine besondere Beratung. Wir als Angestellte in Apotheken sind strikt dagegen, dass alles auf den Preis reduziert wird. Die Zuwendung zum Patienten, ihn mit seinen Bedürfnissen ernst nehmen, seine Fragen zu Arzneimitteln umfassend und kompetent zu beantworten – all dies trägt auch zum Therapieerfolg bei. Wir Angestellten in Apotheken stehen dafür – aber für unsere Arbeit müssen die Rahmenbedingungen stimmen.

In der Apotheke arbeiten verantwortungsvolle Menschen mit einer hochqualifizierten Ausbildung. Warum wird ihr Sachverstand nicht mit einbezogen? Warum wird das Arzneimittel zur Melkkuh der Nation, wenn sich mit einer sinnvollen Arzneitherapie doch Folgekosten einsparen lassen? Warum wird ein Gesetz bei Nacht und Nebel durchgepeitscht, ohne dass die Parlamentarier genügend Zeit zum Durcharbeiten haben? Warum werden faule Kompromisse geschlossen, nur damit Politiker ihr Gesicht wahren können?

Liebe verantwortliche Politiker der großen Koalition, wir erwarten Antworten auf diese Fragen! Im Sinne unserer Patienten und auch im Sinne unserer Kolleginnen und Kollegen, die um ihren Arbeitsplatz bangen!

Monika Oppenkowski

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