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VFA-Studie: In Deutschland sinkt die Lebensqualität
Das Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) hat in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA) die Entwicklung der Lebensqualität in Deutschland untersucht. Die Studienergebnisse fielen ernüchternd aus: "Für die Verbesserung der Lebensqualität waren die Jahre zwischen 1995 und 2005 ein verlorenes Jahrzehnt", erklärte Prof. Dr. Bernhard Ebbinghaus vom MZES bei der Vorstellung des VFA-Reports am 21. November in Berlin. Verglichen mit anderen europäischen Ländern habe Deutschland seinen Spitzenplatz in vielen Bereichen verloren und sei in der Lebensqualität gegenüber dynamischeren Gesellschaften zurückgefallen.
Als eine Ursache der sinkenden Lebensqualität nannte Ebbinghaus die zunehmende Belastung durch Krankheiten. Vor allem bei Frauen steige zwar die Lebenserwartung, die Anzahl der beschwerdefreien Jahre halte damit aber nicht Schritt. So nehme die Sterblichkeit durch Krebserkrankungen – darunter auch Lungenkrebs – bei Frauen zu. Verhaltensbedingte Gesundheitsrisiken wie Übergewicht oder Rauchen seien ebenfalls immer häufiger zu beobachten. Die Studienautoren gehen davon aus, dass Krebserkrankungen bis zum Jahr 2020 bei über 65-jährigen Männern voraussichtlich um 50 Prozent ansteigen werden, bei über 65-jährigen Frauen um mindestens 25 Prozent. Ebbinghaus betonte, dass die steigenden Krankheitszahlen zusätzliche Anforderungen an das deutsche Gesundheitssystem stellen: Es müssten erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um beim Gesundheitszustand der Bevölkerung einen Platz in der Spitzengruppe europäischer Länder halten bzw. erreichen zu können. Daneben wies Ebbinghaus auf die Massen- und Langzeitarbeitslosigkeit als Ursache für die massive Beeinträchtigung der Lebensqualität hin.
Arme sind kränker Der Studie zufolge ist zu beobachten, dass die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen vor allem bei älteren und ärmeren Menschen zurückgeht. Da eine solche Entwicklung bei jüngeren und einkommensstärkeren Personen nicht zu sehen sei, "lässt sich vermuten, dass der Zugang zum Gesundheitssystem in zunehmendem Maße von den individuellen finanziellen Verhältnissen abhängt und sich bestehende soziale Ungleichheiten dadurch verstärken", heißt es in dem Report. Da Personen mit einem niedrigen Einkommen in der Regel einen schlechteren Gesundheitszustand aufwiesen, seien diese Anzeichen für eine Zunahme der Ungleichheit beim Zugang zum Gesundheitssystem besonders kritisch zu bewerten.
Zunehmende Zweiklassen-Medizin Das sieht auch VFA-Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer so. Sie warnte davor, diese Entwicklung durch die anstehende Gesundheitsreform zu verschärfen. Schon jetzt würden moderne Präparate den Patienten "teilweise systematisch vorenthalten", sagte Yzer.
Zuzahlungen und Kostendeckelungen hätten die Versorgungssituation bei einigen Indikationen wie Alzheimer oder Parkinson so verschlechtert, dass nur noch eine Minderheit der Patienten angemessen behandelt würden. Yzer: "Die Zahlen des Reports zeigen, wie groß die Schlagseite des Systems schon ist. Die Weichenstellungen, die aktuell in der Gesundheitspolitik vorgenommen werden, führen dazu, dass sich diese Kluft in Zukunft noch vertiefen wird".
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