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Sanacorp und CERP: Deutsch-französische Genossenschaftsfusion (Analyse)
Als Ziel der Fusion wurde in einer Pressemitteilung der Sanacorp genannt, "Synergieeffekte für die Kunden und Mitglieder zu nutzen". Dies wirft allerdings die Frage auf, welche Synergien durch die Gründung einer zusätzlichen Holdinggesellschaft, die Belieferung von Apotheken in zwei Staaten mit ausgedehnten Flächen und den Einkauf von unterschiedlichen Packungen mit französischer und deutscher Beschriftung entstehen sollen.
Die Pressestelle der Sanacorp verweist dazu auf die Vorteile beim Einkauf von Technik und Logistik. Die wichtigsten Gründe für die Fusion seien aber einerseits die Europäisierung und andererseits die äußerst günstige Konstellation, die in der Verbindung mit der CERP Rouen liege. Ein europäisches Unternehmen sei weniger anfällig für die Folgen staatlicher Eingriffe, denn Gesundheitsreformen dürften in Deutschland und Frankreich wohl selten gleichzeitig stattfinden.
Die Sanacorp betrachtet die CERP als idealen Partner, denn beide Unternehmen sind etwa gleich groß hinsichtlich des Umsatzes und der Mitarbeiterzahl und haben eine vergleichbare Marktstellung. CERP ist der drittgrößte französische und Sanacorp der viertgrößte deutsche Großhändler, die CERP ist über eine Tochtergesellschaft auch in Belgien tätig. Die Sanacorp AG, die bisher das operative Geschäft wahrnimmt, das auf eine neue europäische Tochtergesellschaft übertragen wird, gehört zu 75 Prozent der Apothekergenossenschaft Sanacorp eG und ist zu 25 Prozent im Streubesitz. An der Börse sind jedoch nur stimmrechtslose Vorzugsaktien notiert. Die CERP ist eine Apothekergenossenschaft ohne weitere Anteilseigner. Dies ermög–licht eine Fusion unter gleichberechtigten Partnern mit gleichmäßiger Besetzung aller Gremien, bei der zudem der Apothekereinfluss erhalten bleibt.
Wachstum – europäisch statt national Für die Sanacorp bietet sich damit eine kaum wiederholbare Gelegenheit zum Wachstum, ohne die genossenschaftliche Struktur aufgeben zu müssen. Wachstum scheint das wesentliche strategische Ziel der Sanacorp zu sein. Dafür auch sprechen der Bau einer Niederlassung in Gelsenkirchen, womit das Liefergebiet erstmals nach Nordrhein-Westfalen ausgedehnt wird, und der frühere Plan zur Übernahme der Anzag-Mehrheit, der nach einem zermürbenden Rechtsstreit am Widerstand des Bundeskartellamtes gescheitert war.
Als Alternative für diesen lange verfolgten Plan bietet sich nun das Wachstum auf europäischer Ebene an. Wie das Handelsblatt am 14. Dezember vorrechnete, entstünde durch die Fusion der viertgrößte europäische Pharmagroßhändler, der mit 5,3 Milliarden Euro Jahresumsatz allerdings weit hinter den drei international aufgestellten Branchenriesen Alliance Unichem (Umsatz rund 24 Milliarden Euro), Celesio (20,5 Milliarden Euro) und Phoenix Pharmahandel (knapp 20 Milliarden Euro laut Handelsblatt) läge.
Raum für Spekulationen Solche Vergleiche dürften künftig die Phantasie anheizen, was der nächste Wachstumsschritt der neuen Sanacorp/CERP-Gruppe sein könnte und in welchem Land sie noch tätig werden könnte. Der Gedanke an weitere europäische Expansion könnte auch durch die Konstruktion der neuen gemeinsamen Gesellschaft geschürt werden. Denn die operativ tätige Tochtergesellschaft soll ihren Sitz nicht in Frankreich oder Deutschland, sondern in einem "europäischen Drittland" haben, aus Gründen der Fairness, wie es bei der Sanacorp heißt.
Über weitere Details zur geplanten Fusion ist derzeit von der Sanacorp nichts zu erfahren, zumal die Rahmenvereinbarung mit der CERP erst bis Ende Januar ausgehandelt werden soll. Die Apothekeröffentlichkeit will der Sanacorp-Vorstand bei bundesweit von März bis Mai stattfindenden Dialogabenden über die Einzelheiten informieren, eine Vertretervorversammlung zur Information über die anstehende Entscheidung der Delegierten der Vertreterversammlung ist für März geplant. Doch immerhin hat die Börse auf die Fusionsmeldung schon mit einem deutlichen Kursanstieg der Sanacorp-Vorzugsaktien reagiert und setzt demnach offenbar auf gute Chancen durch die neue Verbindung.
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