- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 28/2007
- Fehler als Chance zur ...
Fehler als Chance zur Verbesserung
Die meisten Führungskräfte sind mit Kritik schnell bei der Hand, wenn etwas nicht richtig funktioniert. Auf denjenigen, dem ein Fehler unterlaufen ist, wird noch verbal eingeprügelt. Gelingt etwas, wird dies als Selbstverständlichkeit hingenommen.
Schon in der Schule interpretieren Schüler, Eltern und Lehrer Fehler als Makel. Die meisten Menschen sind durch eine Fehlerkultur sozialisiert, in der immer wieder darauf verwiesen wird, was misslungen ist – mit eklatanten Folgen: Die Menschen haben Angst vor Fehlern und geben sie daher nur ungern zu, zumeist erst unter Druck. So lange diese Einstellung vorherrscht, kann sich kein effektives Fehlermanagement entwickeln. Statt Fehlerbeseitigung steht die Fehlervermeidung im Vordergrund.
Dabei wird übersehen: Lernen hat etwas damit zu tun, dass Fehler gemacht werden, kein Lernprozess ohne "Fehlermeldungen". Bevor ein Apotheker überlegt, wie er Mitarbeiterinnen bei Misserfolgen helfen kann, ist eine Überprüfung der Einstellung angesagt:
- Was überhaupt ist ein Fehler?
- Wie wird der Begriff von Mitarbeiterinnen und Apotheker definiert?
Die neue Fehlerkultur wird in die Apothekenphilosophie integriert, indem der Apotheker in der Teamrunde eine Diskussion zu diesen Fragen anstößt. Damit kein Missverständnis entsteht, erläutert er: Es geht nicht um willentliche und absichtliche Patzer oder um Versäumnisse wie das unhöflich-grobe Verhalten gegenüber den Kunden – so etwas darf nicht passieren und muss von ihm sanktioniert werden. Allerdings: Die meisten Fehler – und das trifft auch auf den Apotheker selbst zu! – sind Folge von Entscheidungen, die eine Mitarbeiterin getroffen hat. Es mag die falsche Entscheidung gewesen sein, aber sie geschah ohne böse Absicht. Fehler unterlaufen und passieren, wenn man lernen und sich entwickeln will. Das angestrebte Ergebnis dieses Diskussionsprozesses: Mitarbeiterinnen und Apotheker interpretieren einen Fehler vor allem als Chance, sich zu verbessern.
Fehler als erster Schritt im Lernprozess
Dieses Umdenken ist gewiss nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen. Der Apotheker geht als Vorbild voran und ersetzt das Wort "Misserfolg" durch Begriffe wie "Ergebnisse" oder "Resultate". Dieses Vorgehen schließt Kritik nicht aus – es heißt lediglich, den Fokus auf die Einstellung zu lenken, aus Fehlern lernen zu dürfen.
Fehler sind offensichtlich der Preis für die Entwicklung eines Menschen. Hat sich das Apothekenteam diese Einstellung erarbeitet, bewertet es einen Fehler ganz anders: Er wird als Symptom definiert, dessen Ursache das Team auf die Spur kommen will. "Hier gibt es Verbesserungspotenzial, lasst uns prüfen, woran es liegt", so die Devise. Die Beteiligten suchen das Gespräch, in dem sie gemeinsam nach den Gründen forschen und eine Problemlösung entwickeln. Das können Apotheker und Mitarbeiterin sein – oder das Team, etwa bei Fehlern und Ursachen, die alle betreffen. Nicht der Fehler, das Symptom, wird bekämpft und ausgemerzt, sondern die Ursache. Einfaches Beispiel: Immer wieder kommt es vor, dass Kundenunterlagen verlegt werden. Ein schlimmer "Fehler". Ursache jedoch ist das unsinnige Aktenablagesystem – das System wird verbessert.
Demotivation verhindern und bekämpfen
Trotzdem kann es vorkommen, dass Mitarbeiterinnen nach Versäumnissen ins Demotivationsloch fallen. Der Apotheker prüft, warum eine Mitarbeiterin Ansprüchen nicht genügt, auch denen, die sie an sich selbst stellt. Fehlt ihr vielleicht die notwendige Qualifikation oder eine Kompetenz? Ist sie im Backoffice besser aufgehoben als im Kundengespräch? Arbeitet die "falsche Frau am falschen Arbeitsplatz"? Fehlen ihr bestimmte Kompetenzen – die sie aber nachträglich erwerben kann? Die Fragen zeigen: Wieder geht es darum, zukunftsfähige Antworten zu finden, die das Problem lösen.
Zudem vermittelt der Apotheker seinen Mitarbeiterinnen Strategien, die helfen, sich nach einem Missgeschick am eigenen Schopf aus der Demotivationsfalle zu ziehen.
- Situation realistisch überdenken: Viele Menschen neigen dazu, negative Ereignisse im ersten Moment in einem allzu trüben Licht zu sehen. Der Apotheker animiert die Mitarbeiterin dazu, eine realistische Bestandsaufnahme durchzuführen: Was ist warum passiert? Welche Gegenmaßnahmen muss die Mitarbeiterin ergreifen?
- Positive Ereignisse erinnern: Die Mitarbeiterin konzentriert sich auf das, was in den letzten Stunden, Tagen und Wochen gut funktioniert hat. Dabei legt sie sich selbst "Beweise" vor – etwa die hervorragenden Ergebnisse eines Kundengesprächs. Der Apotheker unterstützt diesen Prozess, indem er eine "Erfolgskonferenz" anberaumt, die beispielsweise einmal im Quartal stattfinden kann. Ziel der Konferenz ist die Beantwortung der Frage, welche Erfolge in den letzten drei Monaten erzielt werden konnten. Das gesamte Apothekenteam wird auf die motivierenden Situationen fokussiert, die dem Einzelnen Mut machen.
- Auf die Stärken setzen: Aus dem Demotivationsloch kommt die Mitarbeiterin heraus, wenn sie nach vorne schaut und aktiv wird, um sich zu beweisen, dass sie eine gute Fachkraft ist. Ein Stärkenmanagement hilft ihr dabei – sie visualisiert ihre Stärken, stellt sie sich vor das geistige Auge und setzt ihre Top-Fähigkeiten bewusst ein, um sich erst kleinere, dann größere Erfolgserlebnisse zu verschaffen. So baut sich ihr Selbstbewusstsein wieder auf.
Fazit
Vor allem mit Hilfe der beschriebenen Einstellung zu Fehlern kann der Apotheker die Mitarbeiterin unterstützen, sich aus der Negativspirale zu befreien und in die Positivspirale einzuklinken. Bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Apotheken den Entwicklungsschritt von der traditionellen Fehlerkultur, Misserfolge zu vermeiden, zu einer Fehlerkultur schaffen, in der Fehler Anstöße zur Verbesserung sind..
Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.