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- AZ 29/2007
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Der Blick in den Spiegel: Erkenne Dich selbst
Verkäufern, deren täglich Brot es ist, Kunden am Telefon zu überzeugen, wird empfohlen, beim Telefonat in einen Spiegel zu schauen und sich anzulächeln – das wirke sich positiv auf die Sprache und damit auf das Kundengespräch aus. Warum sollte der Apotheker den Spiegel nicht nutzen, um sich einmal selbst die Meinung zu sagen und Feedback zu geben?
Selbstcoaching bedeutet das Nachdenken über die eigene Position, die eigenen Ziele, über das, was erreicht worden ist, was noch erreicht werden soll, was geändert werden muss. Dazu geht der Apotheker zu sich selbst auf Distanz und nimmt die "Hubschrauber"-Perspektive ein, betrachtet sein Leben, sein Wirken, seine Apotheke, seine Kunden, seine Mitarbeiterinnen gleichsam von oben.
Die meisten Menschen haben Situationen erlebt, in denen sie die – oft naheliegende – Lösung nicht erkennen konnten, weil sie "zu nah am Problem dran waren". Um ein Problem zu bewältigen, muss man sich von ihm lösen. Indem sich der Apotheker wie eine andere Person aus der Distanz analysiert, kann er sich selbst ein kritisches Feedback geben – dazu ein Beispiel.
Denkschablonen durchbrechen
Der Apotheker beobachtet, dass einer seiner Mitarbeiterinnen immer wieder Fehler unterlaufen, er ist mittlerweile der Meinung, sie sei insgesamt unfähig. Dann aber gelingt es ihm, das Verhältnis zu dieser Mitarbeiterin aus der Distanz zu reflektieren. In Ruhe geht er die Situationen durch, in denen er ihr ein fehlerhaftes Vorgehen bescheinigt hat. So ist er in der Lage zu erkennen: Er neigt dazu, anderen Menschen nicht allzu viel zuzutrauen, er glaubt, er selbst könne "alles besser". Tatsächlich hat die Mitarbeiterin ab und an einen Fehler gemacht, aber der Apotheker hat diese Einzelfälle auf unzulässige Weise generalisiert. Mit Hilfe der Selbstreflexion hat er somit "zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen":
- Der Blick auf die Stärken der Mitarbeiterin wird frei – der Apotheker kann diese Stärken nun angemessen nutzen. Noch wichtiger aber:
- Der Apotheker erkennt seinen Hang zum Perfektionismus, der ihn veranlasst, anderen nichts zuzutrauen – und ihnen nicht zu vertrauen. Indem er sich von dieser hemmenden Denkschablone befreit, wird er in Zukunft die Fähigkeit aufbauen können, seinen Mitarbeiterinnen Vertrauen und Zutrauen zu schenken.
Selbstvergewisserung im Schreibprozess
Professionelles Coaching lässt sich durch Selbstcoaching natürlich nicht gänzlich ersetzen. Aber es kann zumindest in Richtung Coaching ausgedehnt werden, indem sich der Apotheker intensiv mit der persönlichen Weiterentwicklung beschäftigt. Dazu kann er etwa ein Tagebuch führen.
Ob Theodor Fontane oder Märchenerzähler Ludwig Bechstein – beide waren Schriftsteller, zugleich jedoch ausgebildete Apotheker. Es geht darum, als Apotheker schriftstellerisches Talent zu entfalten: In einem Tagebuch vergegenwärtigt er sich seine Erfolge, indem er ihre Entstehung beschreibt und erläutert, wie er sie erreicht und was er dazu beigetragen hat. Im Schreibprozess hält er sich seinen persönlichen Erfolg wie einen Spiegel vor und objektiviert ihn auf diese Weise. Und so kann er sich für seine eigenen Erfolge loben, sich selbst seine Wertschätzung ausdrücken und ohne Überheblichkeit belegen, warum er – zum Beispiel – eine gute Führungskraft ist.
Aber ist das nicht nur plattes positives Denken? Nein – denn das Tagebuch dient nicht nur dem Erfolgsnachweis. Es ist das Medium, in dem sich der Apotheker durchaus selbstkritisch mit sich selbst auseinandersetzt, mit seinen Gefühlen, Handlungen, Denkweisen, Gewohnheiten, Träumen und Erlebnissen. Hier gesteht er sich Fehler ein, die er im Gespräch mit anderen Menschen nicht zugeben kann oder will.
Sich zum Regisseur seines Lebens entwickeln
Selbstcoaching ist mithin mehr als ein simples Sich-selbst-auf-die-Schulter-Klopfen, das der Apotheker selbstgefällig vornimmt, wenn etwas gelingt. Und es ist mehr als ein Sich-selbst-Mut-Machen, wenn etwas nicht klappt. Vom Apotheker wird in seiner Eigenschaft als Führungskraft verlangt, dass er die Assistentinnen fordert und fördert sowie Leistung verlangt und Sinn bietet. Das kann er nur leisten, wenn er sich selbst wertschätzt: Nur wer sich selbst führen kann, kann Menschen führen; nur wer selbst motiviert ist, kann andere motivieren.
Dass sich der Apotheker zum Regisseur seines Lebens entwickeln soll, ist leicht gefordert. Die dazu notwendigen Kompetenzen wurden benannt: Fähigkeit zur Selbstreflexion, um das eigene Handeln und Verhalten zu steuern; sich selbstkritisch in Frage stellen; Fehler eingestehen und konstruktiv mit ihnen umgehen – das sind die Verbündeten, die beim Selbstcoaching helfen. Mit ihrer Unterstützung räumt der Apotheker Gestaltungshindernisse aus dem Weg. Dazu gehören vor allem die Selbstzweifel, die oft selbst an erfolgreichen Menschen nagen. Der innere Coach des Apothekers sorgt dafür, dass er sich seiner Stärken erinnert und darauf fokussiert, jene Stärken für die Bewältigung einer Situation zu nutzen: "Welche meiner Kompetenzen helfen mir, diese Herausforderung anzunehmen und zu bewältigen?"
Handlungsimpulse setzen
Wichtig ist, einen individuellen Handlungsimpuls zu setzen, der von Mensch zu Mensch anders ausgeprägt ist: Der eine benötigt die kreative Pause und zieht sich zurück, der andere braucht den Handlungsdruck und stürzt sich Hals über Kopf in die Bewältigung der Aufgabe. Der dritte nutzt folgende Selbstcoaching-Technik: Er setzt sich bewusst Situationen aus, in denen er mit seinen Schwächen konfrontiert wird: Wer Angst hat, im Kritikgespräch mit der Mitarbeiterin ins Stottern zu geraten, weil er Probleme hat, andere Menschen zu kritisieren, sucht solche Situationen auf, etwa im Privatbereich – hier fällt es oft leichter zu kritisieren. Der Apotheker "probt" den sachlichen Auftritt als Kritikaster, er baut Selbstvertrauen auf, um sich dann schließlich an das Kritikgespräch in der Apotheke zu wagen. Dabei betrachtet er sich wieder aus der Meta-Perspektive – der Kreis des Selbstcoachings schließt sich..
Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater.
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