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5. Nachtrag zum Europäischen Arzneibuch

Am 1. März 2007 trat in Deutschland der 5. Nachtrag der 5. Ausgabe des Europäischen Arzneibuchs (Ph. Eur. 5.5) in Kraft. Der Nachtragsband wurde im Februar gedruckt und pünktlich ausgeliefert. Er enthält 20 neue Texte, 46 revidierte Texte und 22 korrigierte Texte. Im Folgenden werden insbesondere die Änderungen in den revidierten Texten an Hand von Beispielen vorgestellt.

Der 5. Nachtrag ergänzt und aktualisiert das Europäische Arzneibuch und ist im Zusammenhang mit dem Grundwerk und den ersten vier Nachtragsbänden zu sehen. Deshalb enthält er ein Gesamtregister (Seiten 5773 bis 5835), das angibt, wo die jeweils aktuelle, das heißt gültige Fassung eines Textes der Ph. Eur. zu finden ist.

Bei den neuen Texten, die im 5. Nachtrag enthalten sind, handelt es sich um einen Text im allgemeinen Teil und 19 Monographien (s. Kasten). Die Übersicht der Änderungen findet sich auf den Seiten IX und X; daran schließt sich das Verzeichnis aller Texte des Europäischen Arzneibuchs an.

Die revidierten Texte von zehn allgemeinen Methoden und 36 Monographien machen den größten Anteil am Nachtragsband aus. Die geänderten oder neu hinzugefügten Textstellen sind dabei durch vertikale Linien am Textrand gekennzeichnet. Wo eine Textpassage gestrichen wurde, weist ein kurzer horizontaler Balken darauf hin. Diese Markierungen dienen dem Anwender zur schnellen Orientierung, um zu erkennen, an welchen Stellen die jeweiligen Texte aktualisiert worden sind.

Nachfolgend wird an einigen Beispielen aufgezeigt, warum und inwiefern bestimmte Monographien und sonstige Texte revidiert wurden.

Allgemeine Texte und Monographien

  • .5.10 Kontrolle von Verunreinigungen in Substanzen zur pharmazeutischen Verwendung (S. 5545)

In diesem allgemeinen Text wurde das Kapitel "Interpretation der Reinheitsprüfung ‚Verwandte Substanzen in Monographien zu Wirkstoffen" geändert. Die bisher in dem Text angegebenen Beispiele, die verdeutlichen sollten, wie die für "weitere" und "andere" Verunreinigungen festgesetzten Grenzwertangaben in individuellen Monographien zu interpretieren sind, wurden durch einen "Entscheidungsbaum" ersetzt, bei dem bestimmte Fragen mit Ja oder Nein zu beantworten sind.

  • .Substanzen zur pharmazeutischen Verwendung (S. 5555)

In dieser allgemeinen Monographie wurde im Abschnitt "Prüfung auf Reinheit – Verwandte Substanzen" nun erlaubt, die allgemeinen Grenzwerte für die Deklaration von organischen Verunreinigungen in bestimmten Wirkstoffen ausnahmsweise nicht anzuwenden. Dies wurde nötig, weil sich gezeigt hatte, dass diese Grenzwerte für einige altbewährte Substanzen, vor allem natürlichen Ursprungs (z. B. Vitamin A, Tocopherole, Digoxin, s. u.), zu niedrig waren.

Der Abschnitt Lösungsmittel-Rückstände wurde verändert, um explizit zu klären, dass der Gehalt an Lösungsmittel-Rückständen auch bei der Berechnung der spezifischen Drehung und der spezifischen Absorption einer Substanz berücksichtigt werden muss, wenn in einer individuellen Monographie keine Bestimmung des Trocknungsverlusts vorgeschrieben ist.

Monographien zu Darreichungsformen

  • .Kapseln (S. 5567)

Da die allgemeine Methode "2.9.1 Zerfallszeit von Tabletten und Kapseln" geändert worden ist (Nachtrag 5.3), mussten die Texte im jeweiligen Abschnitt "Zerfallszeit" der Prüfung auf Reinheit der unterschiedlichen Kapseln geändert werden.

  • .Flüssige Zubereitungen zum Einnehmen

  • .Flüssige Zubereitungen zur kutanen Anwendung

  • .Halbfeste Zubereitungen zur kutanen Anwendung

  • .Zubereitungen zur Anwendung am Ohr

  • .Zubereitungen zur rektalen Anwendung

  • .Zubereitungen zur vaginalen Anwendung

Bisher enthielten diese sechs Monographien (S. 5561 ff.) bei der Prüfung auf Reinheit den Abschnitt "Entnehmbare Masse oder entnehmbares Volumen (2.9.28)". Diese Prüfung sollte sicherzustellen, dass das Nennvolumen tatsächlich aus einer Produkteinheit entnommen werden kann. Viele Anwender missverstanden sie jedoch als obligate Prüfung zur Qualitätskontrolle. Darüber hinaus wurde sie als ungenau und unpraktisch angesehen. Aus diesen Gründen wurde der Abschnitt gestrichen und dafür im Kapitel "Herstellung" der Satz eingefügt: "Im Laufe der Entwicklung von … [flüssigen Zubereitungen zum Einnehmen etc.] muss nachgewiesen werden, dass das Nennvolumen aus dem Behältnis entnommen werden kann." Dadurch wird klar, dass diese Prüfung nur für den Hersteller obligat ist.

In den Monographien "Zubereitungen zur vaginalen Anwendung" und "Zubereitungen zur rektalen Anwendung" wurden außerdem die Abschnitte "Zerfallszeit" (vgl. Monographie "Kapseln") und "Wirkstofffreisetzung" geändert, was im letzteren Fall eine Folge der geänderten allgemeine Methode "2.9.3 Wirkstofffreisetzung aus festen Arzneiformen" (Nachtrag 5.3) ist.

  • .Tabletten (S. 5570)

Im Abschnitt "Herstellung" wurden die bisherigen Anforderungen an Bruchstücke teilbarer Tabletten in dem neuen Absatz "Teilen von Tabletten" neu gefasst: Es ist dargelegt, wie zu prüfen ist, ob die Tablette sich an der Bruchkerbe in gleiche Teile teilen lässt.

Monographien von Arzneistoffen

  • .Benzylalkohol

In der Prüfung des Verdampfungsrückstands hat sich die bisher für das Eindampfen angegebene Temperatur von 100 °C (Verwendung eines Wasserbads) als zu niedrig erwiesen, denn der Siedepunkt von Benzylalkohol liegt bei 205 °C. Daher wird nun vorgeschrieben, dass die Substanz, die während des Eindampfens nicht sieden darf, bei einer Temperatur von höchstens 200 °C eingedampft wird.

Bei der Gehaltsbestimmung wird nun präzisiert, dass die Mischung aus Substanz und Lösungsmittel in einem Wasserbad zum Rückfluss erhitzt wird.

  • .Digoxin

In dieser Monographie sind die DC bei der Prüfung auf verwandte Substanzen und die Spektralphotometrie bei der Gehaltsbestimmung (Pikrinsäure-Methode) durch die HPLC ersetzt worden. Da Digoxin natürlichen Ursprungs ist und mit vielen verwandten Substanzen verunreinigt sein kann, gelten hier nicht die allgemeinen Anforderungen für die Deklaration organischer Verunreinigungen (gemäß Monographie "Substanzen zur Pharmazeutischen Verwendung", s. o.). Außer den unterschiedlichen Grenzwerten für sieben Digitalisglykoside und eine "unbekannte Struktur" beträgt der Grenzwert für "jede weitere Verunreinigung" 0,2 Prozent und für die Summe aller unspezifizierten Verunreinigungen 0,7 Prozent.

  • .Raffiniertes Nachtkerzenöl

Die unverseifbaren Anteile im Nachtkerzenöl bestehen großenteils aus lipophilen Vitaminen. Da diese erwünscht sind, wird angestrebt, das Öl unter milden Bedingungen zu raffinieren, sodass der Anteil der unverseifbaren Anteile möglichst hoch bleibt. Daher wurde nun der Grenzwert für "Unverseifbare Anteile" von 2,0 auf 2,5 Prozent erhöht.

  • .Gemfibrozil

Bei der Prüfung auf Schwermetalle wurde die Grenzprüfung C (Veraschung mit MgSO4 + H2 SO4) durch die Grenzprüfung F (Veraschung imKjeldahl-Kolben) ersetzt, bei der die Wiederfindungsraten höher sind, weil hier nicht die Gefahr der Verflüchtigung von Schwermetallen besteht. Allerdings ist die Grenzprüfung F sehr zeitaufwendig.

  • .Glutathion

Im Zusammenhang mit der Etablierung der chemischen Referenzsubstanz Glutathion CRS wurden viele Substanzchargen untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die bisherigen Grenzwerte für die Verunreinigung D und für die Summe aller Verunreinigungen zu niedrig waren. Die beiden Grenzwerte wurden daher erhöht.

  • .Macrogol-20-glycerolmonostearat

Die Prüfung der Hydroxylzahl (2.5.3) erfolgt nicht mehr mit der Methode B (Titration in wasserfreiem Medium), sondern mit der Methode A (Acylierung mit Acetanhydrid), weil diese im fraglichen Bereich (65 bis 85) bessere Ergebnisse liefert.

  • .Methadonhydrochlorid

Bei der Gehaltsbestimmung wurde die bisherige argentometrische Bestimmung des Chlorids durch eine alkalimetrische Titration mit NaOH-Lösung ersetzt. Diese ist spezifischer, da sie den pharmakologisch aktiven Teil der Substanz besser erfasst. Ein weiterer Vorteil ist, dass NaOH preiswert, geruchlos und einfach zu handhaben ist. Die alkalimetrische Titration hat sich gegenüber der Silbernitrat-Titration und der früheren Perchlorsäure-Titration als gleichwertig erwiesen.

  • .Pancuroniumbromid

Die DC-Methode wurde optimiert, insbesondere wurde bei der Detektion das Iodgas durch Natriumnitrit und Dragendorffs Reagenz ersetzt. Es gibt nun zwei (früher: eine) spezifizierte Verunreinigungen. Zugleich wurde der Grenzwert für nicht spezifizierte Verunreinigungen von 0,5 auf 0,1 Prozent erniedrigt.

  • .Saccharose

Bei der Prüfung auf Blei (mit Atomabsorptionsspektroskopie) ist die Eignungsprüfung (relative Standardabweichung der drei Werte höchstens 15 %) nur noch für die Referenzlösung, nicht mehr für die Untersuchungslösung erforderlich, da in ihr extrem wenig Blei vorhanden ist.

Außer neuen und revidierten Texten enthält der 5. Nachtragsband des Europäischen Arzneibuchs auch 22 korrigierte Texte, darunter 21 Monographien und eine allgemeine Methode. In diesen Texten wurden kleinere Fehler ausgemerzt, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll.

Das Gesamtregister zum Europäischen Arzneibuch schließt den Band ab.

Anschrift des Verfassers:

Dr. Rainer Mohr

Verlagsgruppe Deutscher Apotheker Verlag

Hauptstadtbüro Johannishof

Johannisstraße 20, 10117 Berlin
Das Arzneibuch
Das amtliche Arzneibuch umfasst
  • das Deutsche Arzneibuch 2006 (DAB 2006), ein Loseblattwerk im Ringordner
  • die amtliche deutsche Ausgabe der 5. Ausgabe des Europäischen Arzneibuchs (Ph.Eur.), bestehend aus dem zweibändigen Grundwerk und nunmehr fünf Nachtragsbänden
  • das Homöopathische Arzneibuch 2006 (HAB 2006), ein Loseblattwerk in zwei Ringordnern, das am 1. 12. 2006 in Kraft getreten ist.
HAB 2006 Die aktuelle Ausgabe des Homöopathischen Arzneibuchs trat im Dezember 2006 in Kraft.
Neue Texte im 5. Nachtrag zur Ph. Eur.
Allgemeiner Teil
5.1.6 Alternative Methoden zur Kontrolle der mikrobiologischen Qualität
Einzelmonographien zu Impfstoffen für Menschen
Influenza-Impfstoff (inaktiviert, aus Zellkulturen)
Influenza-Spaltimpfstoff aus Oberflächenantigen (inaktiviert, aus Zellkulturen)
Einzelmonographien zu Radioaktiven Arzneimitteln
Natrium[123 I]iodid-Lösung zur Radiomarkierung
[99m Tc]Technetium-Bicisat-Injektionslösung
Monographien
β-Acetyldigoxin
Artischockenblätter
Chondroitinsulfat-Natrium
Clobetasolpropionat
Danaparoid-Natrium
Doxazosinmesilat
Erdrauchkraut
Etidronat-Dinatrium
Febantel für Tiere
Iotrolan
Kiefernnadelöl
Nandrolondecanoat
Siliciumdioxid, Hochdisperses, hydrophobes
Thioctsäure
Venlafaxinhydrochlorid

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