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- DAZ 14/2007
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Interpharm Hamburg
Morbus Crohn
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen können derzeit nur symptomatisch behandelt werden. Neue Erkenntnisse zum Defensinmangel beim Morbus Crohn öffnen vielleicht eine Tür zur kausalen Therapie.
Die Therapie eines Morbus Crohn richtet sich nach der Schwere der Erkrankung und ihrer Stadieneinteilung. Wie Prof. Dr. Eduard Stange, Stuttgart, erläuterte, wird bei der milden Verlaufsform bevorzugt Budesonid, beim schweren Schub Prednisolon eingesetzt. Das früher häufig verordnete 5-Aminosalicylat spielt beim Morbus Crohn keine bedeutende Rolle mehr. Ist die Erkrankung steroidrefraktär, sind Methotrexat und Azathioprin indiziert. Relativ neu ist der Einsatz von Biologicals. Wann welche Therapie eingesetzt wird, erfolgt nach einem bestimmten Algorithmus, der als letzte Option die chirurgische Entfernung des betroffenen Darmsegmentes aufführt.
Beim Morbus Crohn können Infliximab und Adalimumab eingesetzt werden. Infliximab ist ein chimärer monoklonaler Antikörper, Adalimumab ist ein rekombinanter humaner monoklonaler Antikörper. Infliximab induziert die Apoptose und fixiert das Komplement. Aufgrund dieses Wirkmechanismus wird er zu den Immunsuppressiva und nicht zu den Immunmodulatoren gezählt. Seine Effekte sind vorübergehend, das heißt, auch mit dieser neuen Substanz kann der Morbus Crohn nicht geheilt werden. Die Ansprechraten liegen bei rund 50%, die Remissionsraten nach einem Jahr Therapie sind geringer. Stange wies darauf hin, dass die Studien mit Infliximab kritisch bewertet werden müssen; nicht jeder Patient spricht auf den Antikörper an. Ausmaß und Häufigkeit unerwünschter Wirkungen werden Stange zufolge häufig unterbewertet. Aufgrund der Immunsuppression können sich Entzündungen leicht ausbreiten, und es wurden schwere Infekte mit Todesfolgen nach einer Therapie mit Infliximab registriert. Ebenfalls erhöht ist die Lymphominzidenz. Dem jetzigen Kenntnisstand zufolge scheint die Behandlung mit Adalimumab mit weniger gravierenden Nebenwirkungen behaftet zu sein. Wie die bislang durchgeführten Studien zeigen, wird bei 40% der Patienten mit einem schweren Morbus Crohn ein therapeutischer Gewinn erzielt. Langzeitdaten ergeben eine NNT (Number needed to treat) von sieben bis acht, das heißt, es müssen sieben bis acht Patienten therapiert werden, um bei einem Patienten eine Remission zu erlangen.
Gestörte Abwehr beim Morbus Crohn
Beim Morbus Crohn sind die Darmzellen von einem Biofilm mukosal adhärenter Bakterien überzogen. Da der Zelle antimikrobielle Abwehrstoffe fehlen, können diese Bakterien in die Zelle eindringen und Entzündungen verursachen. Diese fehlenden antimikrobiellen Substanzen, sogenannte Defensine, besitzen eine Peptidstruktur und sind Teil des angeborenen Immunsystems. Beim Morbus Crohn scheint aufgrund einer defizitären genetischen Ausstattung die Defensinbildung nicht oder nur in geringem Umfang möglich zu sein. So konnte die Arbeitsgruppe um Stange eine verminderte Expression von Defensinen bei Crohn-Patienten nachweisen. Aus diesem Befund ergibt sich ein möglicher kausal orientierter Therapieansatz – und zwar die Stimulation der Defensinbildung. Möglich ist dies durch die Gabe probiotischer Bakterien wie Escherichia coli vom Stamm Nissle. Stange erwähnte ferner Versuche, die Bildung von Defensinen mit Hilfe von Eiern des Schweinebandwurms oder weiteren Probiotika zu stimulieren oder Defensine in verkapselter Form direkt zu applizieren. pj
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