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Arzneitherapie
Off-label-use: kein großes Thema mehr?
BONN (hb). Obwohl der Anteil des Off-label-Einsatzes von Arzneimitteln in der Onkologie nach wie vor auf 60% geschätzt wird und das Wissenschaftliche Institut der Ortskrankenkassen (WIdO) für die Pädiatrie von einer Spanne zwischen 13 und 90% ausgeht, scheint die Diskussion um dieses rechtliche Konfliktfeld in der letzten Zeit etwas abgeebbt zu sein, so die Bilanz einer Veranstaltung von Colloquium pharmaceuticum am 19. April 2007 in Bonn.
Der Off-label-use ist bis heute weder arzneimittelrechtlich noch sozialrechtlich erschöpfend geklärt. Zwar hat die europäische Rechtsharmonisierung die Bedingungen für den Einsatz eines Arzneimittels außerhalb der Zulassung mit der "Teillegalisierung" des "compassionate use" ein Stück weit gelockert. Sie wurde in Deutschland mit der 14. AMG-Novelle umgesetzt. Die entsprechende Rechtsverordnung, die nun die näheren Einzelheiten regeln soll, steht allerdings noch aus.
Im Bereich der Erstattung war das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 19. März 2002 richtungweisend. Hiernach können Ausnahmen für den erstattungsfähigen Off-label-use dann gemacht werden, wenn ein Arzneimittel der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung dient, keine andere Therapie verfügbar ist und eine begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht. Weitere Rechtsstreite und Urteile folgten dem nach, die jedoch stets Einzelfälle regelten, so zum Beispiel zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln, die in einem anderen Land, nicht jedoch in Deutschland zugelassen sind (Einzelimporte) sowie derjenigen, die im Rahmen klinischer Erprobungen angewendet werden. Diesbezüglich hat sich durch § 35 c GKV-WSG eine neue Rechtslage ergeben. Hiernach soll es möglich sein, dass die Krankenkassen die Kosten für Arzneimittelverordnungen innerhalb klinischer Studien im Rahmen des Off-label-use auf Antrag der Pharmaunternehmen übernehmen. Die bisherige Formulierung in den Arzneimittelrichtlinien lässt dies in keinem Fall zu.
Im August 2005 berief das Gesundheitsministerium eine Expertenkommission Off-label, die auf ausgewählten Gebieten mehr Klarheiten schaffen soll. Sie ist beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte angesiedelt und gibt Bewertungen zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis zum Off-label-use von Arzneimitteln ab. Viel hat das Expertengremium, das jeweils im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) tätig wird, allerdings noch nicht vorzuweisen: Im Fachbereich Onkologie hat der G-BA bereits zwanzig Bewertungsaufträge erteilt, für vier Anwendungen wurden "Feststellungen" getroffen, lediglich eine davon ist bisher in den Arzneimittelrichtlinien – die für die Erstattungsfähigkeit ärztlicher Verordnungen zu Lasten der GKV maßgeblich sind – umgesetzt. Im Fachbereich Infektiologie mit Schwerpunkt HIV/AIDS liegen acht Bewertungsaufträge vor und keine einzige "Feststellung", im Bereich Neurologie/Psychiatrie darüber hinaus zehn Bewertungsaufträge, von denen ebenfalls bislang keiner abgeschlossen werden konnte.
Dem Vernehmen aus dem BfArM nach sind die drei Teilgruppen allerdings erst seit Herbst 2006 voll arbeitsfähig. Eine Haushaltssperre sowie die Ausarbeitung von Verfahrensregelungen nahmen darüber hinaus Zeit in Anspruch. Im Übrigen dauert die Erarbeitung einer "Feststellung" ohnehin rund eineinhalb Jahre. Weitere Sitzungen der Kommission stehen in Kürze an.
Immerhin hat die Arbeit der Expertengruppe nach verschiedenen Äußerungen von Experten bei der Veranstaltung, die Diskussion um den Off-label-use offenbar etwas besänftigt. Allem Anschein nach gibt es in der therapeutischen Anwendung keine "Probleme" hiermit, so lange sich dieser unterhalb einer bestimmten Schwelle bewegt. Streitfragen ranken sich im Wesentlichen um die Erstattungsfähigkeit.
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