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Mittelständische Großhändler kritisieren Celesio

WÜRZBURG (ks). Die Übernahme von DocMorris durch die Celesio AG wird von mittelständischen Pharma-Großhandlungen sehr kritisch beobachtet. Die unter "Pharma Privat" kooperierenden privaten Großhändler werfen Celesio vor, die Apothekerschaft zu verunsichern und Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen zu wollen. Für die Mittelständler ist es keinesfalls ausgemacht, dass das deutsche Fremdbesitzverbot gegen europäisches Recht verstößt.

"Art und Zeitpunkt der Übernahme von DocMorris durch die Gehe-Muttergesellschaft Celesio verwundern doch sehr", erklärte Hanns-Heinrich Kehr, Geschäftsführer der Großhandels-Kooperation, am 4. Mai. Während man bei Gehe noch vor Monaten "das Loblied auf den selbstständigen Heilberufler Apotheker gesungen" habe, sei nun zu erahnen, dass eine grundlegende Veränderung in der Unternehmenspolitik anstehe.

Anlass zur Sorge gebe insbesondere der Versuch des Großhandels- und Apotheken-Konzerns, die Apothekerschaft zu verunsichern: "Dass Europa bereits Weichenstellungen oder gar Fakten für den Fall des Fremdbesitzverbotes geschaffen hat, wie aus Stuttgart behauptet wird, ist schlichtweg falsch", betonte Kehr. Ebenso kritisch sieht er es, dass Celesio-Chef Fritz Oesterle durch einen Brief an Bundestagabgeordnete versucht, direkt Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. In diesem Schreiben werden die Politiker auffordert, selbst Fakten schaffen, bevor europäische Gerichte dies tun (siehe AZ Nr. 19, 2007, S. 3). Damit werde als Gewissheit suggeriert, was in Wahrheit höchst spekulativ ist, sagte Kehr. Er betonte, dass den deutschen Apotheken abseits des Verfahrens um die Saarbrücker DocMorris-Apotheke vor dem Europäischen Gerichtshof keine Gefahr aus Europa drohe. Diese Klage könnte Celesio als DocMorris Mehrheitsgesellschafter sofort beseitigen – doch genau dies wolle das Unternehmen nicht. Kehr ist überzeugt: "Celesio will sich nicht dem Wettbewerb stellen, sondern mit Hilfe europäischer Gerichte Druck auf die deutsche Politik ausüben, um am Ende über die eigene Kette auch noch die Apothekenmarge in die Konzernkasse zu lenken."

Der Übermacht entgegenwirken

Der Pharma Privat-Geschäftsführer erklärte weiterhin, dass Celesio als Lieferant, der gleichzeitig als Apothekenkonkurrent auftritt, "fast schon geniale Voraussetzungen" für seinen Coup hatte: Denn wer Apotheken Waren verkaufe, gewinne automatisch Einblicke. Die mittelständischen Unternehmen lehnten ein solches Vorgehen hingegen "schon im Ansatz ab". Pharma Privat habe sich als Kooperation starker selbstständiger Unternehmen gegründet, um einer möglichen Übermacht weniger Konzerne auf dem deutschen Apothekenmarkt entgegenzutreten. "Und genau dabei soll es bleiben", so Kehr.

Celesio-Kritiker Hanns-Heinrich Kehr
Foto: Pharma Privat

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