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Freie Universität Berlin
"Targets, Drugs and Carriers"
Vom 31. Mai bis 2. Juni fand in den kürzlich renovierten Räumen des Instituts für Pharmazie der FU Berlin ein Symposium zum Thema "Targets, Drugs and Carriers" statt. Das international hochkarätig besetzte Symposium war eine Veranstaltung der DFG-Forschergruppe 463 "Innovative Arzneistoffe und Trägersysteme – Integrative Optimierung zur Behandlung entzündlicher und hyperproliferativer Erkrankungen", deren Leiterin Prof. Dr. Monika Schäfer-Korting auch die Tagungsleiterin war.
Die Arzneimittelentwicklung kann sich heute nicht mehr allein an einer optimalen Rezeptor-Ligand- bzw. Target-Arzneistoff-Interaktion orientieren, vielmehr muss von Anfang an sichergestellt werden, dass der Wirkstoff sein Ziel auch wirklich im hinreichenden Umfang zu erreichen vermag. Ungünstig dafür ist der Trend zu immer größeren Molekülen und immer stärkerer Lipophilie oder aber Hydrophilie – die Lipinskische Regel mag bei entsprechenden Wahlmöglichkeiten in der Wirkstoffentwicklung hilfreich sein.
Nicht selten stellt sich die Frage, wie ein unter Kinetikgesichtspunkten ungeeigneter Wirkstoff mit aussichtsreichen pharmakodynamischen Eigenschaften dennoch auf einen sinnvollen Entwicklungsweg gebracht werden kann. Dabei kommen Drug Carrier ins Spiel. Zusätzlich kann eine Derivatisierung des Wirkstoffs zu einem Prodrug erforderlich sein. Aus Sicht des Berichterstatters hatte das Symposium folgende Höhepunkte:
Liposomen und nanostrukturierte Carrier
Needham (Durham) stellte die Geschichte und Gegenwart der letztlich erfolgreichen Anwendung von Liposomen als Drug Carrier dar, wobei er in Sonderheit auf Analogien aus der Natur abstellte. Gurny (Genf) machte deutlich, dass heute gleichermaßen passives und aktives Targeting bei nanostrukturierten Arzneistoffträgern möglich ist. Als spezielles vielversprechendes Anwendungsfeld bezeichnete er die photodynamische Therapie von Tumoren, speziell auch der Bauchhöhle.
Dass drug delivery insbesondere mit der Überwindung epithelialer Barrieren zu tun hat – und zwar gleichermaßen, wenn auch in unterschiedlicher Weise an Darm, Haut und Lunge –, machte Lehr (Saarbrücken) deutlich. Dabei betonte er die Bedeutung von organotypischen Modellen bei der gezielten Entwicklung von Arzneistoffträgersystemen unter dem Dach der Nanomedizin.
Speziell auf die interaktive Entwicklung von Arzneistoffen und Trägersystemen für die Haut ging Schäfer-Korting (Berlin) ein. Als Trägersysteme standen dabei nanostrukturierte lipidische Träger im Mittelpunkt, als Arzneistoffe – durchaus unterschiedliche – Steroide, wobei auch das Prodrug-Konzept ein Thema war. Wechselseitige Beeinflussungen der Bioverfügbarkeit an der Haut von lipidischen Vehikelbestandteilen – insbesondere von mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Fischöl) – und Wirkstoffen vom Typ der nicht-steroidalen Antirheumatika (Ketoprofen) stellte Heard (Cardiff) vor.
Multifunktionelle Carrier
Torchelin (Boston) zeigte die Multifunktionalität von mizellaren Systemen, die z.B. für die Behandlung von Hirntumoren bedeutsam werden könnte. Hier hat man es nicht nur mit der Herausforderung Blut-Hirn-Schranke zu tun, die von Deli (Szeged) umfassend dargestellt wurde, sondern noch mit Effluxpumpen, die etwa zur Therapieresistenz bei Epilepsie beitragen können (Potschka, München).
Glykomik und Synthesen
Bezüglich der Entwicklung von Arzneistoffen stand das zumindest verbal neue Feld der Glykomik im Mittelpunkt. Von Itzstein (Gold Coast, Australien) berichtete über die rasch fortschreitende Entwicklung von Sialinidaseinhibitoren, auf die sich wegen der zunehmenden Oseltamivir-Resistenz und problematischer Erreger wie dem Vogelgrippevirus H5N1 große Hoffnungen richten.
Eine optimierte Herstellung von Arzneistoffen (weniger Syntheseschritte, Automatisierung) zeigte Seeberger (Zürich) am Beispiel der Heparine, während Kirschning (Hannover) die Mutasynthese zur Herstellung von Wirkstoffen vorstellte. Über Selektin und seine Antagonisten referierte Tauber, Vizepräsident Naturwissenschaften/Forschung der FU Berlin; dieses Amt geht jetzt auf Schäfer-Korting über.
Hans C. Korting, München
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