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- DAZ 27/2007
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Aus der Hochschule
Universität Frankfurt
Neuer Senckenbergischer Arzneipflanzengarten eröffnet
Innerhalb des Botanischen Gartens der Universität Frankfurt wurde am 23. Juni der Neue Senckenbergische Arzneipflanzengarten eröffnet. Der Frankfurter Arzt Johann Christian Senckenberg (1707–1772) hatte 1763 eine Stiftung ins Leben gerufen, die u.a. ein Bürgerhospital, eine medizinische Akademie und auch einen Hortus medicus umfasste. An die Tradition dieses ersten Senckenbergischen Arzneipflanzengartens knüpfte die Universität mit der Namengebung ihres nach modernen wissenschaftlichen Gesichtspunkten gestalteten Gartens an.
Umbruch innerhalb der Universität und trotzdem Anlehnung an die Tradition – so beschrieb der Vizepräsident Prof. Werner Müller-Esterl den trotz Gewitterschauern erschienenen 200 Gästen die aktuelle Situation der Johann Wolfgang Goethe-Universität. Denn deren Umwandlung in eine Stiftungsuniversität, als die sie vor 93 Jahren im Jahre 1914 gegründet worden war, ist beschlossene Sache.
Neuentwicklung und Anlehnung an die Tradition prägen auch das Konzept des Neuen Senckenbergischen Arzneipflanzengartens. Sein Name erinnert an den berühmten Frankfurter Stifter, Arzt und Naturforscher Johann Christian Senckenberg, dessen 300. Geburtstag Anlass für das Senckenberg-Jahr 2007 mit einem reichhaltigen Veranstaltungsprogramm ist. Aus dem von Senckenberg gestifteten Hortus medicus ist noch das Wasserbecken erhalten geblieben, das nun an zentraler Stelle in der neuen Gartenanlage steht.
Ganz in der Tradition Senckenbergs wurde der neue Arzneipflanzengarten ausschließlich durch Spenden finanziert, wobei mehr als die Hälfte der benötigten 80.000 Euro von Prof. Michael Popp, dem Inhaber des Phytopharmakaherstellers Bionorica, zur Verfügung gestellt wurde.
Moderne Phytotherapie mit High-tech-Präparaten
Prof. Popp hob in seinem Grußwort den nach wie vor hohen Stellenwert der Phytotherapie hervor. Immerhin 70 Prozent der neuzugelassenen Arzneimittel enthalten Naturstoffe oder davon abgewandelte Inhaltsstoffe. Und weltweit müssen sich Millionen Menschen ausschließlich mit pflanzlichen Arzneimitteln therapieren, weil ihnen keine anderen Medikationen zur Verfügung stehen. Dabei stellt sich die moderne Phytotherapie sehr selbstbewusst den wissenschaftlichen Anforderungen an Wirksamkeit und Qualität, die zu Recht von allen Arzneimitteln gefordert werden.
Bei Bionorica ist dieser Anspruch durch das Phytoneering-Konzept realisiert, bei dem modernste Verfahren das hohe Heilpotenzial pflanzlicher Rohstoffe in Form von "High-tech-Medikamenten" zur Verfügung stellen. Immerhin 15 Prozent des Umsatzes wendet Bionorica für Forschung und Entwicklung auf und scheut dabei auch nicht den Aufwand, Phytopharmaka in randomisierten, doppelblinden klinischen Studien gemäß den internationalen GCP-Richtlinien prüfen zu lassen. Insofern passe das moderne Konzept des Senckenbergischen Arzneipflanzengartens, den Arzneipflanzenschatz der modernen Phytotherapie zu repräsentieren, sehr gut zu Bionorica, legte Prof. Popp dar.
Heilpflanzen für 13 Indikationsgebiete
Das Bekenntnis zur modernen Wissenschaft ist auch rein optisch im Garten zu sehen: An den Trockensteinmauern der 13 Hochbeete aus mainfränkischem Kalksandstein, die an alte Klostergärten erinnern, sind Edelstahlschilder angebracht, die die Anwendungsgebiete der dort wachsenden Arzneipflanzen benennen. Die Schilder sind in modernem Design gestaltet und geben die wesentlichen Informationen zu den Pflanzen und ihren Indikationen.
Doch stellt der Arzneipflanzengarten nicht nur für Studierende der Biologie, Pharmazie oder Medizin, sondern auch für interessierte Laien und Schulklassen eine Attraktion dar, führte Prof. Theo Dingermann aus. Er bot an, in öffentlichen Führungen die Besonderheiten der Arzneipflanzen zu erklären.
Der gesamte Garten – ein einmaliges Ensemble
Der Dekan des Fachbereichs 15, Prof. Rüdiger Wittig, würdigte das erstaunliche Gesamtkonzept des Frankfurter Botanischen Gartens, der auf engem Raum verschiedene Pflanzengesellschaften verschiedener Weltgegenden präsentiert. Der neu gestaltete Arzneipflanzengarten trage weiter zur Einmaligkeit dieses Gartens bei, der ein Gesamtensemble darstelle, das andernorts eine Touristenattraktion wäre.
Dank an die Gestalter
Allerdings gehören zu solch aufwändigen Projekten immer auch fleißige Hände und Köpfe. So bedankte sich Prof. Wittig besonders bei Prof. Georg Schneider, Emeritus des Instituts für Pharmazeutische Biologie, der die wissenschaftliche Ausgestaltung des Gartens übernommen hatte (aber leider nicht an der Eröffnung teilnehmen konnte); unterstützt wurde Prof. Schneider vom jetzigen Leiter des Instituts, Prof. Theo Dingermann, und einer seiner Mitarbeiterinnen, Dr. Ilse Zündorf. Aus der Botanik waren Prof. Georg Zizka und der Technische Leiter des Botanischen Gartens, Manfred Wessel, maßgeblich beteiligt.
Ausbildung am lebenden Objekt
Prof. Dingermann betonte in seinem Grußwort die Wichtigkeit des Arzneipflanzengartens in der Ausbildung der angehenden Apotheker, weil man dort am "lebenden Objekt" den Studierenden die Phytotherapie näher bringen könne. Allerdings sieht er die Aufgabe des neuen Arzneipflanzengartens nicht nur in der akademischen Aus- und Weiterbildung, sondern auch in der Information der breiten Öffentlichkeit (s.o.).
Phytos – beratungsbedürftige Arzneimittel
Auch die Apotheker waren bei der Eröffnung des Neuen Senckenbergischen Arzneipflanzengartens vertreten – zwar nicht in der breiten Masse, aber dafür sehr prominent durch die Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen, Frau Apothekerin Erika Fink. Zusammen mit Prof. Dingermann diskutierte sie vor Ort an den Pflanzenbeeten den Stellenwert der Phytopharmaka und den hohen Beratungsbedarf, den diese Arzneimittel wegen sehr unterschiedlicher Qualitätsstandards erfordern.
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