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Als Filialapothekerin in Irland

Irland Ein neues Apothekergesetz regelt, was man als Apotheker(in) können muss.

"Wer Lust auf Neues hat, sollte sich auf den Weg machen"

Seit Oktober 2005 arbeitet Ulla Holtkamp, die ehemalige Vorsitzende der ADEXA-Landesgruppe Hessen, als Apothekerin in Irland. Hier berichtet sie von den Unterschieden des deutschen und irischen Apothekensystems und von ihrer Tätigkeit als Filialleiterin.

Frau Holtkamp, wo genau in Irland arbeiten Sie?

Holtkamp: Ich arbeite und wohne in Wicklow Town im County Wicklow. Wicklow liegt an der Südostküste, zirka eine Autostunde von Dublin entfernt. Es ist eine nette Hafenstadt mit vielen Touristen im Sommer und den meisten Sonnenstunden Irlands. Ich leite dort die Abbey Pharmacy, eine Filiale der McSweeney-Group. Diese hat 30 Apotheken, zwei davon in Nordirland, und ist wiederum Teil der holländischen Spanhoff Group. Beide sind im Besitz von Apothekern.

Welche Aufgaben haben Sie als Filialleiterin?

Holtkamp: Wenn man der Philosophie unserer Gruppe glaubt, ist die Filialleiterin für das tägliche Geschäft in der Apotheke allein verantwortlich. Doch durch strenge Vorgaben wie Stundenbudget, Gehaltsobergrenzen für Angestellte, Einkaufspläne und Spezialangebote sind Eigenentscheidungen eng begrenzt. Meine Ideen können oft nur schwer umgesetzt werden, weil sie mit verschiedenen Personen auf Leitungsebene abgesprochen werden müssen. Oft sind diese sehr schwer erreichbar und nicht immer offen für meine Pläne. So habe ich mir die Eigeninitiative eher abgewöhnt. Oft bleibt mir auch gar nicht die Zeit, neben der Arzneimittelabgabe, der Beratung der Kunden bzw. den administrativen Arbeiten für die Abrechnung mit der Gesundheitsbehörde und für die McSweeney Group, kreative Ideen zu entwickeln, geschweige denn umzusetzen.

Die verwaltungstechnischen Bereiche meiner Arbeit machen mir weniger Spaß, diese sind oft sehr zäh.

Welche Philosophie vertritt denn die Unternehmensleitung?

Holtkamp: Viel Wert wird auf die Kosmetik- bzw. die Parfümabteilung gelegt, die – zugegeben – einen großen Anteil an unserem Umsatz ausmachen. Ärgerlich finde ich die vielen preiswerten Angebote ("2 Euro, buy 2 – pay 1"), die ungeheuer viel Zeit beim Auszeichnen, Platzieren und wieder Entfernen kosten.

Ich habe häufig in Gesprächen mit meinem Chef dargelegt, dass ich glaube, mit gut ausgebildetem Personal auch im OTC-Bereich gute Produkte zu guten Preisen empfehlen und verkaufen zu können. Dies entspricht viel mehr meinem Bild, was eine Apotheke für die Kunden leisten soll.

War es sehr schwer, sich in das irische Gesundheitssystem einzuarbeiten?

Holtkamp: Ich habe mich inzwischen an die meisten Regelungen der Arzneimittel-Distribution und an die Erwartungen der Kunden in Irland gewöhnt. Ebenso – denke ich – haben sich die Kunden an die in ihren Augen oft "zu genaue Apothekerin aus Deutschland" gewöhnt. Viele schätzen meine Hilfe in Fragen rund um ihre Arzneimittel.

Mit den Ärzten meiner Umgebung besteht ein herzliches "Telefonverhältnis". Sie sind im Vergleich zu deutschen Ärzten viel eher bereit, ihre Verordnungen zu erläutern oder, wenn notwendig, zu korrigieren.

Der pharmazeutische Teil meiner Arbeit macht mir jetzt viel Spaß und ich fühle mich sicher in allen Fragen der Arzneimittelabgabe und der Bezahlung und Abrechnung mit den verschiedenen Behörden und Instituten.

Was vermissen Sie bei Ihrer täglichen Arbeit?

Holtkamp: Viel häufiger würde ich gern im OTC-Bereich beratend tätig sein. Meine Angestellten, die überwiegend keine fundierte Ausbildung in Arzneimittelkunde haben, verweisen seit längerer Zeit bei Unsicherheiten auf mich als Beraterin. Sie lassen sich selbst allerdings nur schwer motivieren, neue Verkaufsstrategien auszuprobieren.

In Deutschland wird heftig über Apothekenketten und Online-Apotheken diskutiert. Sind Fremd- und Mehrbesitz in Irland möglich?

Holtkamp: Meines Wissens können auch "Nicht-Apotheker" in Irland schon lange Apotheken besitzen. In jeder Apotheke muss aber ein "Supervising Pharmacist" eingestellt sein, der/die die pharmazeutische Verantwortung für diese Filiale trägt.

Inhabergeführte Apotheken haben aber immer einen guten Ruf, besonders in ländlichen Gebieten.

Insgesamt gibt es 1378 Apotheken in Irland, davon sind 758 Einzelapotheken. 469 sind im Besitz von Apothekenketten.* Ketten starten ab zwei Apotheken und erreichen eine Größe von 54 Apotheken pro Kette.

Von den Apotheken im Besitz von "Nicht-Apothekern" gehören 54 zu Gehe (Unicare Pharmacies) und 32 zu Boots.

In Irland ist zudem der Versand von Arzneimitteln nicht erlaubt, soweit die "Regulation" von 1996. Ob dies auch für andere apothekenübliche Waren gilt, weiß ich nicht.

Welches Fazit ziehen Sie aus Ihrer Zeit in Irland?

Holtkamp: Ich weiß, dass ich zumindest eine Kollegin nach Irland gelockt habe, die sich hoffentlich hier noch wohl fühlt. Wer Lust auf etwas Neues hat, sollte sich auf den Weg machen. Allerdings wünsche ich jedem eine fundierte Ausbildung im neuen Land, so dass Unsicherheiten und Fehler möglichst vermieden werden. Gute Sprachkenntnisse sind auf jeden Fall von größtem Nutzen. All dies wird in Irland jetzt im neuen Pharmaceutical Act 2007 (Apothekergesetz) zumindest auf dem Papier verlangt.

Mir persönlich macht die Fröhlichkeit der Iren jeden Tag Spaß und hat mich vielleicht auch ein bisschen irisch gemacht.

Welche Pläne haben Sie für Ihre Zukunft?

Holtkamp: Ich betrachte meinen Aufenthalt in Irland als meine persönliche Herausforderung, die ich gemeistert habe – und sehe meine Rückkehr nach Deutschland in naher Zukunft. Dort hoffe ich auf eine neue Herausforderung, die allerdings noch geboren werden muss.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Holtkamp!

Das Interview führte Michael van den Heuvel
* Irish Pharmaceutical Union Annual Report 2006; www.ipu.ie -> annual report 2006, page 22 ff

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