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ADEXA beim Expertengespräch

Zwischen Wettbewerb und Daseinsvorsorge

Am 5. November traf sich in Stuttgart auf Einladung des baden-württembergischen Ministeriums für Arbeit und Soziales eine Expertenrunde zum Thema: "Angebotsstrukturen in der Arzneimittelversorgung". Für ADEXA hat Elfriede Hoffmann an dem Gespräch teilgenommen.

Der Anlass für das (nicht öffentliche) Expertengespräch war das Spannungsfeld zwischen den gesetzlichen Vorgaben zur flächendeckenden Arzneimittelversorgung auf der einen Seite und dem immer weiter voranschreitenden Wettbewerb auf der anderen Seite.

Lutz Tisch stellte aus Sicht der ABDA die ordnungspolitischen Probleme dar, die durch die Zulassung des Arzneimittelversandhandels entstanden sind:

  • Es werden Abholstellen für Arzneimittel in Drogeriemärkten ermöglicht,
  • das Arzneimittel wird trivialisiert, und
  • den Apotheken wird die wirtschaftliche Grundlage entzogen.

Deshalb solle der Gesetzgeber den Versandhandel auf nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel beschränken.

Das bisherige System des freien Heilberufs Apotheker, dem staatliche Aufgaben übertragen wurden, funktioniere bestens.

Es bestehe auch in europarechtlicher Hinsicht kein Handlungsbedarf. Beim Fremd- und Mehrbesitz von Apotheken überwiegen die Nachteile, so der ABDA-Vertreter.

ADEXA: keine Arzneimittelabgabe mit Billigpersonal!

Für ADEXA ergänzte Elfriede Hoffmann: Es kann nicht sein, dass jemand tagsüber das "Geschäft macht", sich aber um Nacht- und Feiertagsdienste drückt. Das gleiche gilt für Rezepturen, die täglich in der Apotheke vorkommen und zu den Gemeinwohlverpflichtungen gehören.

Die Mitarbeiter in den Apotheken geben nicht nur Arzneimittel ab, sie sind für Kunden und Patienten die Problemlöser. Die wichtigste Voraussetzung für eine Apotheke ist die notwendige Ausstattung mit qualifiziertem pharmazeutischem Personal. Es darf keine Abgabestellen für Arzneimittel mit Billigpersonal geben. Bei den Arbeitsplätzen in der Apotheke handelt es sich um hochqualifizierte, wohnortnahe Frauenarbeitsplätze, die in der Regel Beruf und Familie sehr gut miteinander verbinden lassen. Die ApothekenmitarbeiterInnen sind hochmotiviert und bilden sich schon heute laufend fort. ADEXA setzt sich für einen Tarifvertrag mit leistungsorientierter Bezahlung ein, wodurch dieses Fortbildungsengagement dann auch honoriert werden soll.

Ergänzung oder Konkurrenz?

Der Vertreter des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA) sieht, ebenso wie Ralf Däinghaus von DocMorris, die Versandapotheken als Ergänzung zur Präsenzapotheke. Däinghaus will darüber hinaus ein Defizit in der Versorgung im ländlichen Raum ausgemacht haben und reklamierte für sein Haus: eine gute Beratung, bessere Compliance, ein systematisches Dienstleistungsangebot, ständige Fortbildung der Mitarbeiter und Interaktions-Checks auch bei OTC-Präparaten. Dieser Service sei in den Apotheken vor Ort nicht vorhanden und würde bestenfalls durch den Wettbewerb mit dem Versandhandel angefacht.

Der Vertreter von Gehe/Celesio war der Meinung, dass Ketten und Individual-Apotheken in Deutschland – wie bereits im Ausland – problemlos nebeneinander bestehen könnten.

Kassen fordern Bezahlbarkeit

Die Vertreter der Krankenkassen lobten die gute Versorgung mit Beratung und Notdienst. Aber der Gesetzgeber habe durch Einführung von Rabattverträgen den Preiswettbewerb angefacht. Sie könnten sich einen verstärkten Wettbewerb über Ketten mit angestellten Apothekern gut vorstellen. Wichtig sei die Bezahlbarkeit der Leistung. Dazu müsse der Gesetzgeber die Vorgaben machen.

Arbeitsplätze in Gefahr

Der Vertreter der pharmazeutischen Industrie sah bei mittelständischen Unternehmen Arbeitsplätze in Gefahr, wenn Ketten möglich werden, denn dann gebe es im Arzneimittelmarkt eine durchgängige vertikale Struktur vom Hersteller über den Großhandel bis zur Apothekenkette, sodass kleine Unternehmen mit ihren Präparaten außen vor bleiben. Der uneingeschränkte Fremdbesitz von Apotheken stehe nicht für eine bessere Arzneimittelversorgung.

Elfriede Hoffmann ADEXA, Vorsitzende der Landesgruppe Baden-Württemberg

Breites Spektrum

Die Teilnehmerliste der Stuttgarter Expertenrunde liest sich wie das "Who’s who" der Berufspolitik: Mit dabei waren – neben der Apothekerkammer und dem Landesapothekerverband Baden-Württemberg – der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker ADKA, der Bundesverband klinik- und heimversorgender Apotheker (BVKA), die Krankenhausgesellschaft BW, die Ärztekammer und Kassenärztliche Vereinigung BW, der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA), Vertreter von Gehe/Celesio, DocMorris, Phagro, Phoenix Pharmahandel, vom Verband der Chemischen Industrie BW sowie Vertreter der Krankenkassen BKK, IKK und VdAK/AEV, der Direktor des Pharmazeutischen Instituts in Bonn, Prof. Dr. Harald Schweim, und Lutz Tisch von der ABDA. Elfriede Hoffmann von ADEXA – Die Apothekengewerkschaft vertrat die Interessen der MitarbeiterInnen in öffentlichen Apotheken.
Elfriede Hoffmann
Foto: Adexa

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