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- AZ 15/2008
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Schmidt: "Das dürfen die Ärzte nicht"
Gesundheitsministerin Schmidt erklärte in der "Saarbrücker Zeitung", man habe in Deutschland vielleicht einen "Zwei-Klassen-Service", aber das sei ja noch keine "Zwei-Klassen-Medizin". Wenn ein Arzt seine Zulassung als Vertragsarzt beantrage, dann verpflichte er sich damit, die gesetzlich Versicherten genau so zu behandeln wie Privatpatienten.
Die Krankenkassen seien gefordert und müssten Verantwortung für eine schnellere Terminvergabe übernehmen. Es gebe bereits Kassen, die ihren Mitgliedern Facharzttermine innerhalb weniger Tage garantieren, erklärte Schmidt. "Notfalls kontaktieren diese Kassen dann auch einen anderen Arzt für die Behandlung", so die Ministerin. Einige Kassen wie die AOK Niedersachsen wollen eine Beschwerde-Hotline einrichten, über die sich Versicherte über lange Wartezeiten beschweren können.
Führende Ärztefunktionäre wiesen die Kritik zurück und gaben der Politik die Schuld an unterschiedlichen Wartezeiten. Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, erklärte vergangene Woche im Deutschlandfunk, es gebe "mindestens" eine Zwei-Klassen-Medizin in Deutschland. Dies gelte nicht nur für die Qualität der Behandlung, sondern auch für den Komfort und den Leistungskatalog, sagte Hoppe. So gelte bei der GKV ein eingeschränkter Leistungskatalog gegenüber Privatpatienten.
Die unterschiedlichen Wartezeiten entstünden, weil gesetzliche Kassenpatienten im Gegensatz zu privat Krankenversicherten durch Budgets eingeschränkt sind. Planbare Eingriffe bei Kassenpatienten, für die im GKV-Bereich ein begrenztes Budget zur Verfügung steht, müssten so über ein Quartal verteilt werden, dass alle Versicherten berücksichtigt werden können. Deswegen würden solche Behandlungen oft über eine Quartalsgrenze hinausgeschoben. Die Ärzte forderten deswegen ein Ende der Honorar-Obergrenzen für die Behandlung gesetzlich Versicherter.
Notfälle immer behandelt
Bei der gleichen Behandlung machten Ärzte aber keine Unterschiede; auch Notfälle würden immer behandelt, betonen die Ärzteverteter. Unterschiede gebe es aber auch bei den Therapien. "Beispielsweise eine Protonen-Therapie bei Prostata-Krebs wird von der GKV nicht bezahlt", kritisierte der westfälisch-lippische Ärztepräsident Theodor Windhorst. Der Präsident der Hamburger Ärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, erklärte, für einen GKV-Versicherten erhalte der Arzt "eine pauschale Summe, die hinten und vorne nicht reicht". Daher sei er darauf angewiesen, mit Privatpatienten seine Praxis quer zu finanzieren, da sei "etwas mehr Service" die logische Folge. Allerdings gebe es keinen einzigen Fall, bei dem ein Kassenpatient zu Schaden gekommen sei.
Zöller zeigt Verständnis
Unterstützung erhielten die Ärzte vom CSU-Gesundheitsexperten Wolfgang Zöller. In der "Berliner Zeitung" sagte Zöller, es wäre ja "sogar dumm von den Ärzten und unverantwortlich gegenüber ihren Mitarbeitern, wenn sie Patienten behandeln, für die sie kein Geld bekommen, weil das Budget für ein Quartal schon aufgebraucht ist". Wenn im Jahr 2009 die Budgetierung aufgehoben sei, werde eine solche Ungleichbehandlung aufhören, denn dann hätten die Ärzte keine Begründung mehr dafür.
Lauterbach droht
Die Debatte wurde ausgelöst durch eine Studie des Instituts für Gesundheitsökonomie an der Universität Köln, wonach Kassenpatienten bei Fachärzten bis zu dreimal länger auf einen Termin warten müssen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete und (wegen seiner MdB-Tätigkeit beurlaubte) Leiter des Instituts, Karl Lauterbach, forderte eine Prüfung der Ungleichbehandlungen. Ärzte, denen hohe Wartezeiten für GKV-Versicherte nachgewiesen werden könnten, müssten einer "Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfung" unterzogen werden..
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