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- AZ 29/2008
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Wer ohne Helm fährt, geht hohes Risiko ein
Was war passiert? Am Fahrrad des Jungen war die Kette abgesprungen. Er kam ins Trudeln, auf die Gegenfahrbahn und stieß dort mit einem Auto zusammen. Durch den Aufprall auf die Straße erlitt er ein Schädel-Hirn-Trauma – und starb … In diesem Zusammenhang ist eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf interessant. Das hat entschieden, dass das "Nichttragen eines Helms" auch eines radelnden Kindes durchaus als Mitschuld anzurechnen ist, wenn es Kopfverletzungen davonträgt.
Dabei ging es ebenfalls um einen zehnjährigen Jungen, der sich mit einem Freund zum "BMX"-Fahren in einem Garagenhof getroffen hatte. Dort prallte er – ohne Helm und extrem unvorsichtig fahrend – mit einem Kleintransporter zusammen. Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Transporters verweigerte die Hälfte des geforderten Schadenersatzes für die Kopfverletzungen, die sich der Junge dabei zugezogen hatte. Das OLG urteilte: Zwar habe die unvorsichtige Fahrweise des Jungen zur Folge gehabt, dass er seine Forderung gegen die Haftpflichtversicherung nicht voll durchsetzen konnte. Dennoch könne nicht davon ausgegangen werden, dass 10-Jährige ohne weiteres in der Lage seien, Gefahren im Straßenverkehr in vollem Umfang zu erkennen. Sie neigten zu spontanen und unüberlegten Verhaltensweisen, so dass die Einsicht in die Notwendigkeit einer Eigensicherung begrenzt sei. Auf immerhin 25% der Kosten blieben seine Eltern aber sitzen. (Az.: 1 U 9/06)
Ebenfalls das Oberlandesgericht Düsseldorf musste folgenden Fall beurteilen: Ein erwachsener Rennradler fuhr mit hohem Tempo in eine unübersichtliche Kurve ein, sah sich plötzlich einem Traktor mit breitem Heuwender gegenüber und stürzte durch eine Vollbremsung. Für seine erlittenen Kopfverletzungen erhielt er keine "Wiedergutmachung", weil er ohne Helm und nicht "auf Sicht" unterwegs war. So fuhr er nicht nur sein Vehikel zu Schrott, sondern ohne Helm auch seinen Anspruch auf Schadenersatz gegen die Wand.
Ein Helm schützt
Speziell Rennradler, die öffentliche Straßen benutzen, hätten die Obliegenheit, sich per Helm vor Kopfverletzungen zu schützen, die bei Stürzen oder Kollisionen drohen – auch wenn das gesetzlich nicht vorgeschrieben sei. Die Mitschuld des Rennradlers an der Entstehung des Schadens wiege deshalb so schwer, dass ein Verschulden des Traktorfahrers gänzlich zurücktrete. (Az.: 1 U 182/06)
Und OLG Düsseldorf Nummer 3: Im Gegensatz zu Rennradlern brauchten "Freizeitradfahrer" im Falle eines (Un-)Falles eine solche Minderung nicht hinzunehmen. Das Gericht entschied zu Gunsten eines Mannes, der mit seinem Tourenrad innerorts einen Radweg befuhr, keinen Helm trug und, um einer unaufmerksamen Fußgängerin auszuweichen, eine Schlenkerbewegung machte, dabei stürzte und sich erheblich verletzte. Von Radlern, die ihr Fahrrad, anders als "Renner", "als normales Fortbewegungsmittel und ohne sportliche Ambitionen" nutzten, könne "nicht ohne Weiteres verlangt werden, einen Schutzhelm zu tragen" – solange der Gesetzgeber nichts anderes verfüge. Die Fußgängerin hatte den vollen Schaden zu tragen. (Az.: 1 U 278/06)
Dagegen die Barmer Ersatzkasse: Es mute "recht sonderbar" an, wenn man am Sonntagnachmittag die radelnden Familien beobachte: Vorne die kleinen Steppkes mit Helm, hinten Mama und Papa ohne Kopfschutz. Logisch im Sinne der Familie wäre es, wenn sich die Eltern "ihre Kleinen zum Vor-bild nähmen"....
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