Wirtschaft

DAX kämpft sich nach oben

Das Börsenbarometer trotzt den Gewinnmitnahmen und schlägt sich wacker

(hps). Der DAX hat erneut die Untergangspropheten ausgebremst. Stärkere Gewinnmitnahmen sind bislang ausgeblieben. Stattdessen kommt es immer zu Neuengagements. Dabei setzen die Akteure auf eine zwar heftige, aber kurze Rezessionsphase.

Zunächst hatten schlechte Arbeitsmarktzahlen der US-Börse wieder einmal rote Vorzeichen beschert. Und der DAX folgte diesem Beispiel – wie immer – mit deutscher Gründlichkeit. Doch just zu dem Zeitpunkt, als sich Frankfurt mit einem satten Minus von 4% ins Wochenende verabschiedete, drehte die Leitbörse New York und sattelte noch respektable 3% Gewinn obendrauf. Dabei bedienten sich die Börsianer bei den Arbeitsmarktzahlen einfach einer anderen Lesart: Wenn die US-Arbeitslosenrate den höchsten Stand seit 15 Jahren erreicht hat, so die Argumentation, dann kann das nur weiteren Geldregen von der Regierung und der Notenbank bedeuten. Gefallen fanden die Investoren außerdem an dem billigen Öl und der sich anbahnenden Lösung für die drei großen US-Automobilhersteller. So wurden die Ausgangsvoraussetzungen für den europäischen Börsenstart der letzten Woche gelegt. Und nach wie vor dominiert die Freude über die milliardenschweren Konjunkturprogramme, verbunden mit der Hoffnung, dass sie möglichst bald Wirkung zeigen. Dieser Optimismus verhinderte letztlich längere Korrekturphasen beim DAX. Verluste wurden immer wieder für Neuengagements genutzt.

Aus der Perspektive der Analysten

Letzte Woche trauten sich nur recht wenig Analysten mit ihrem Wochenausblick an die Öffentlichkeit. Unter den Mutigen befanden sich ein Stratege des Bankhauses Hauck&Aufhäuser und der Chefvolkswirt der Postbank. Beide rechnen mit einem nochmaligen Test der 4000er Marke infolge einsetzender Gewinnmitnahmen, halten jedoch einen Anstieg auf 5000 DAX-Punkte bis Jahresende für möglich. Zur Begründung führen beide die ab 2009 geltende Abgeltungssteuer an. Die überwiegende Mehrheit der Analysten beschäftigt sich unterdessen schon mit den Prognosen für das kommende Börsenjahr. Im Schnitt erwarten hier die Experten am Jahresende 2009 den DAX bei 5440 Punkten. Mitte des Jahres soll das deutsche Aktienbarometer nach dem Durch-schnittswert der Umfrage bei 4813 Zählern angekommen sein, wobei die meisten Analysten davon ausgehen, dass der DAX im ersten Quartal sein bisheriges Tief nochmals unterbieten wird. Die Strategie der Profis für 2009 liest sich unterdessen wie ein altes Kochrezept: Zunächst will man "defensiv" aufgestellt bleiben mit Werten aus dem Pharma-, Telekommunikations- und Versorgerbereich in der ersten Reihe. Dann, im Laufe des Jahres, sollen Umschichtungen in zyklische Werte angemessen sein. Diese Einschätzung ist fast überall zu hören und scheint so logisch, einhellig und klar, dass man fast davon ausgehen kann, dass sie in dieser Form nicht eintreten wird.

Aktien im Fokus

Wir beginnen nun im Musterdepot langsam mit dem Positionsabbau. Zunächst wurden die Gewinne bei ThyssenKrupp auf Basis des Schlusskurses vom Mittwoch (10. Dezember) realisiert. Die ältere ThyssenKrupp-Position wird noch gehalten. Für Neuempfehlungen scheint der Markt bereits zu weit fortgeschritten zu sein. Mit Ausnahme von Infineon – aber dieser Hund hat Flöhe. DAX am 10. Dezember: 4816 Punkte.


Aus der Sicht des Querdenkers

Nun ist es inzwischen auch bis in den hinteren Reihen der Investment-Strategen durchgesickert, dass die Börsen auf eine Weihnachts- und Jahresendrallye ausgerichtet sind. Dabei überrascht es nicht, dass die Märkte nur relativ zögerlich nach oben gehen. Schon kleinere Gewinne werden umgehend mitgenommen, um damit die früheren, massiven Verluste teilweise zu kompensieren. Dennoch steigen die Kurse weiter, was zugleich neues Geld anlockt. Bei rund 4000 DAX-Punkten war die schlechte Nachrichtenlage bereits eingepreist und die Furcht vor weiteren Katastrophenmeldungen erwies sich als unbegründet. Der Anleger sollte eher die guten Nachrichten fürchten, denn spätestens, wenn sich erstmals verhaltener Konjunkturoptimismus durchsetzt, wird man an der Börse realisieren, dass die Kurse der Sachlage viel zu weit vorausgeeilt sind. Doch auf kurze Sicht spricht vieles für einen versöhnlichen Jahresausklang.


Peter Spermann

Peter Spermann ist Dozent für Wirtschaftslehre und beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Börse. In der AZ-Rubrik "Querdenker" vertritt er konsequent den Standpunkt des Antizyklikers.

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