DAZ aktuell

Berliner Anwalt nimmt Apotheker ins Visier

BERLIN (ks). Ein Berliner Rechtsanwalt, der nach eigenen Angaben rund 100 deutsche Vioxx-Geschädigte vertritt, will nicht nur vom Hersteller Merck Schadensersatz für seine Mandanten erstreiten – auch deutsche Apotheken will der Jurist haftungsrechtlich in Anspruch nehmen. Ende Dezember versandte er an einige Apotheken seiner Mandanten ein Schreiben, in dem er die Apothekenleiter auffordert, ein Haftungsanerkenntnis abzugeben. Die ABDA rät den betroffenen Pharmazeuten, ein solches Anerkenntnis nicht abzugeben.

Der COX-2-Hemmer Vioxx (Rofecoxib) war 2004 vom Markt genommen worden, nachdem Studien gezeigt hatten, dass mit dem Mittel behandelte Patienten einem erhöhten Risiko von Herzinfarkten und Schlaganfällen ausgesetzt waren. In den USA hat sich der Hersteller mit den Betroffenen Ende letzten Jahres auf milliardenschwere Ausgleichszahlungen geeinigt. Die deutschen Vioxx-Patienten setzen nun auf einen ähnlichen außergerichtlichen Vergleich mit Merck.

"Apotheker hätten warnen müssen"

Daneben hat es eine Berliner Kanzlei aber auch auf die Apotheker abgesehen. In einem der DAZ vorliegenden Schreiben erklärt der Anwalt, er sei im Rahmen seiner "allumfassenden anwaltlichen Interessenwahrnehmung" gehalten, auch gegenüber Apotheken, die Vioxx an seine Mandanten abgegeben haben, Schadensersatzansprüche anzumelden. Er führt aus, dass die Marktrücknahme von Vioxx für die Fachöffentlichkeit "keineswegs überraschend" gekommen sei, "da bereits im Jahr 2000 verstärkt auf die Bedenklichkeit des Arzneimittels hingewiesen wurde". Der Jurist zieht daraus folgenden Schluss: "Bei Durchführung einer gewissenhaften Produktbeobachtungspflicht in Form der Durchsicht von allgemein zugänglichen Fachpublikationen war bzw. hätte ihnen bekannt sein müssen, dass die Abgabe dieses Medikaments an den Arzneimittelverbraucher mit bedenklichen Nebenwirkungen verbunden ist, vor denen eindringlich zu warnen gewesen wäre." Dies sei jedoch nicht geschehen, so dass der unterlassene Warnhinweis "mitursächlich für den eingetretenen Arzneimittelschaden" gewesen sei. Der Anwalt fordert die angeschriebenen Apothekenleiter auf, binnen einer zweiwöchigen Frist ihre Haftung dem Grunde nach anzuerkennen und ihren Haftpflichtversicherer hierüber zu informieren. Eine Schadensbezifferung werde gesondert erfolgen, schreibt der Jurist.

Verbände und Kammern informieren

Eine ABDA-Sprecherin erklärte gegenüber der DAZ, dass den betroffenen Apothekern dringend abgeraten werde, ein solches Haftungsanerkenntnis abzugeben. Die Landesorganisationen der Apotheker forderten ihre Mitglieder auf, sich mit ihnen in Verbindung zu setzen, wenn sie ein derartiges Anwaltsschreiben erhalten haben. Auch wenn nicht auszuschließen ist, dass die Apotheker, die das Anerkenntnis nicht abgeben, weiterhin rechtlich belangt werden, hat man bei der ABDA rechtliche Zweifel an der Durchsetzbarkeit der Ansprüche.

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