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Solarzellen der Zukunft

Im Licht der Sonne steckt viel Energie. Solarzellen aus Silicium wandeln sie direkt in elektrische Energie um. Nun wird daran gearbeitet, die Photosynthese in biologisch-anorganischen Solarzellen zur Stromgewinnung zu nutzen. Solche Hybrid-Solarzellen existieren bereits im Nanomaßstab.

Die Natur hat im Laufe der Evolution – angefangen bei den einfachen Protonenpumpen der Archaebakterien – mit der Photosynthese ein sehr effektives Konzept zur Energiegewinnung entwickelt. Sie wandelt Sonnenlicht in elektrische Spannung und dann in chemisch nutzbare Energie um. Jedes Buchenblatt, jedes Cyanobakterium ist eine Solarzelle der Natur. Die Photosynthese ist ubiquitär verbreitet und der quantitativ wichtigste chemische Prozess der Erde. Jährlich werden etwa 1010 Tonnen Kohlendioxid photosynthetisch fixiert. Das entspricht einer gespeicherten Energie von 1012 Kilojoule. Diese gewaltige Energiemaschine soll nun für die Stromgewinnung nutzbar werden.

Die Energieeffizienz der Solarzellen auf Siliciumbasis ist nach wie vor recht niedrig. Biologisch-anorganische Hybrid-Solarzellen wären viel effizienter. Trotz großer Fortschritte in den letzten Jahren sind hier noch einige technische Hürden zu überwinden.

Försters Grundlagen

Die biochemische Erforschung der Photosynthese begann in den 1930er-Jahren. Damals wurde die Sauerstoffproduktion nach Blitzlichtanregung gemessen und entdeckt, dass an der Synthese eines einzigen Sauerstoffmoleküls etwa 2500 Chlorophyllmoleküle beteiligt sein müssen. Dass es sich hier allerdings um ein komplexes lichtsammelndes Antennensystem handelt, das das eigentliche Reaktionszentrum umgibt, war damals noch nicht erkennbar. Die heute noch maßgeblichen Arbeiten auf diesem Gebiet hat der Physikochemiker Theodor Förster (1910 –1974) geleistet. Er beschrieb in den 1940er-Jahren an der Universität in Posen die schrittweise oder kaskadenförmige Energieübertragung von den Lichtantennenmolekülen auf das eigentliche Reaktionszentrum Chlorophyll als Fluoreszenz-Resonanz-Energietransfer (FRET). Die Energie eines angeregten Fluoreszenzfarbstoffs (Donor) wird demnach auf einen zweiten Fluoreszenzfarbstoff (Akzeptor) übertragen.

Die Größe des FRET hängt vom Abstand der Lichtantennen ab. Bei dem optimalen Abstand (Förster-Radius) findet zu 50% eine strahlungsfreie Energieübertragung des Lichts zum Chlorophyll statt. Außerdem müssen die Lichtantennen in etwa die gleichen Wellenlängen besitzen. Das heißt konkret, dass das Absorptionsspektrum des Akzeptors und das Emissionsspektrum des Donors sich überlappen müssen; das Ausmaß der Überlappung ergibt die Förster-Rate für den Anregungsenergietransfer.

Lichtsammelkomplexe

Die Lichtantennen sind dreidimensional aufgebaute Lichtsammelkomplexe (engl. Light-harvesting complex, LHC, LH). Das Licht regt ihre einzelnen Moleküle ungleichmäßig an. Es kommt zur Energiedissipation, das heißt, es stellt sich ein thermisches Gleichgewicht über alle Moleküle her. Die am geringsten angeregten Moleküle nehmen dadurch am meisten Energie auf.

Bei den Lichtsammelkomplexen des Dinoflagellaten Amphidinium carterae, der an der Universität München erforscht wird, umgibt der äußere LH2 den inneren LH1, der direkt das Chlorophyll umgibt. Beide Komplexe absorbieren Energie unterschiedlicher Wellenlängen, da ihre Moleküle andersartig angeordnet sind. Chemisch handelt es sich in beiden Fällen um Peridinin-Chlorophyll-Proteine (PCP). Das Carotinoid Peridinin absorbiert im blaugrünen Spektralbereich zwischen 350 und 550 nm, während das Chlorophyll die Qy-Bande bei 668 nm und die Sorbet-Bande bei 440 nm nutzt. Obwohl Peridinin hydrophob ist, ist das PCP wasserlöslich.

Die Aufklärung der chemischen Struktur der Lichtsammelkomplexe war der erste Schritt zur Konstruktion einer Hybrid-Solarzelle.


Abb. 1: Hybrid-Solarzelle (Detail) Silber-Inseln sind umgeben von organischen PCP-Lichtsammelkomplexen. Liegen diese im idealen Abstand zum Silber, steigt ihre Fluoreszenz auf das Achtzehnfache des natürlichen Wertes.
Grafik: LMU München

Kleinste Silber-Inseln

Forschern der Universität Ohio (USA) sowie der Physikalischen Chemie und der Biologie I der Universität München unter Leitung von Professor Christoph Bräuchle ist es gemeinsam gelungen, die optischen Eigenschaften des PCP durch die Wechselwirkung mit Silber deutlich zu verbessern. Sie brachten sowohl Silber-Inseln von 80 nm Durchmesser als auch PCP von Amphidinium carterae auf ein Trägerglas. Das mit blaugrünem Laserlicht beleuchtete PCP lieferte eine bis zu 18-mal höhere Energie als PCP im natürlichen Umfeld (Abb. 1).

Da keine strukturelle Veränderung des PCP gefunden wurde, muss diese enorme Effizienzsteigerung vor allem auf das Silber zurückgeführt werden. Vermutlich bewirkt es durch Plasmonen (Plasmaschwingungsquanten der elektrischen Ladungsträger) eine höhere elektromagnetische Strahlung im Inneren der PCP-Komplexe. PCP wird demnach auf zwei Arten angeregt, erstens direkt über das Licht und zweitens über ein elektrisches Feld.

Halbleitende Nanokristalle

Besonders interessant sind halbleitende Nanokristalle, da sie einen Absorptionsquerschnitt besitzen, der sich mit dem der Lichtsammelkomplexe überlappt. Im Gegensatz zu den Pigmenten ist dieser Querschnitt jedoch sehr groß. "Dazu kommt, dass sich die Emission von einzelnen Nanokristallen mithilfe elektrischer Felder hervorragend manipulieren lässt," so Klaus Becker, der Leiter dieser Forschungen in München. Dies geschieht durch den QCSE (Quantum Confined Stark Effect), den beschränkten Stark-Effekt, benannt nach dem Physiknobelpreisträger von 1919, Johannes Stark (1874 –1954). Dabei verschieben elektrische Felder die spektralen Eigenschaften eines Halbleiters.

Mithilfe des QCSE lässt sich ein einzelner Nanokristall in Resonanz mit einem Farbmolekül setzen und der Energietransfer steuern. Doch die Lieferung von elektrischem Strom ist nur eine unter mehreren Anwendungsmöglichkeiten. Vorstellbar sind ein optischer Schalter und ein Feldeffekttransistor, ein spezieller Halbleiter, der entweder nur Löcher oder nur Elektronen leitet.

Spinat liefert das Material

Das Ziel einer hocheffektiven biologisch-anorganischen Hybrid-Solarzelle liegt zwar noch in weiter Ferne, aber bei den Vorarbeiten sind bereits beachtliche Erfolge erzielt worden. So haben Forscher um Marc Baldo am MIT in den USA ein "Spinat-Sandwich" entwickelt. Darin haben sie die Photosynthesesysteme des Spinats und des Bakteriums Rhodobacter sphaeroides mit Metalloxiden und Silber zusammengebracht.

Eine der größten Schwierigkeiten des laufenden Projektes bestand darin, dass Wasser und Salz für die organischen Strukturen essenziell sind, aber die Elektrik stören. Die Forscher lösten das Problem mit einem synthetischen semipermeablen Detergenztensid. Einerseits hält es die biologischen Bestandteile in wässriger Lösung und fixiert sie zugleich auf einem Trägerglas, andererseits schützt es den metallischen Halbleiter, der als Elektrode fungiert.

Baldos Gruppe isolierte zunächst zwei Milliarden Lichtsammelkomplexe und fixierte sie auf einem Trägerglas, das mit dem Halbleiter Indium-Zinn-Oxid beschichtet ist. Darüber kam die Schicht eines organischen Halbleiters und ganz oben eine Schicht Silber. Fertig war das "Spinat-Sandwich" (Abb. 2).


Abb. 2: Das "Spinat-Sandwich" besteht aus vier Schichten auf einem Trägerglas. Auf dem Indium-Zinn-Oxid-Halbleiter (Elektrode) liegen die von Tensiden ummantelten Lichtsammelkomplexe. Darüber ist ein organischer Halbleiter geschichtet. Ganz oben liegt die Silberelektrode, von der der elektrische Strom abgegriffen werden kann.
Quelle: A. Soho, Science

Mit dieser Anordnung ist es zum ersten Mal gelungen, im Nanomaßstab eine biologisch-anorganische Hybrid-Solarzelle herzustellen, die zwölf Prozent der Lichtenergie in elektrischen Strom umwandelt. Um noch mehr Licht zu absorbieren, versuchen die Forscher, in der Zelle mehrere Lagen übereinander zu schichten, "so, wie ein Wolkenkratzer eine sehr große Oberfläche auf einer relativ geringen Grundfläche liefert" (Baldo). Bis es soweit ist, muss aber noch viel Spinat geerntet werden.

Internet

Nanosystems Initiative Munich

www.nano-initiative-munich.de/press

14.2.2008: Solarzellen der Zukunft nach biologischem Vorbild

Literatur

Sebastian Mackowski et al.: Metal-Enhanced Fluorescence of Chlorophylls in Single Light-Harvesting Complexes. Nano Letters 2008;8:558-564.

Klaus Becker et al.: Electrical control of Förster energy transfer. Nature Materials 2006;5:777-781.

Thomas Renger und Oliver Kühn: Molekulare Energietrichter. Fundiert, Band 1, 2007, S. 57-63; www.fu-berlin.de/presse/publikationen/fundiert/2007_01.

Deborah Halber: Green, leafy spinach may soon power more than Popeye‘s biceps. MIT Tech Talk, Vol. 49, 15. September 2004; web.mit.edu/newsoffice/2004/techtalk49-2.pdf.

Alexandra Goho: Protein Power: Solar cell produces electricity from spinach and bacterial proteins. Science 2004;165:355; www.sciencenews.org/articles/20040605/fob2.asp.

Hans Rogl: Struktur und Funktion des Lichtsammelkomplexes LHC-II der höheren Pflanzen. Diss. Univ. Frankfurt a. M. 2000.

 


Dr. Uwe Schulte
Händelstraße 10, 71640 Ludwigsburg
schulte.uwe@t-online.de

 

 

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