Prisma

Bakterienprotein schützt vor Strahlenschäden

Bei der Strahlentherapie werden nicht nur Tumorzellen getötet, sondern auch andere teilungsaktive Zellen. Daher sind vor allem die Darmschleimhaut und das blutbildende System von Nebenwirkungen betroffen. Jetzt berichten US-amerikanische Wissenschaftler über einen natürlichen Schutzeffekt durch die gesunde Darmflora.

Den Schutz vermittelt Flagellin, ein Proteinbestandteil der Bakteriengeißel. Es wirkt als Agonist des Zelloberflächenrezeptors TLR5 und aktiviert so die angeborene Immunabwehr, ohne Entzündungen auszulösen. Das TLR5-Signal wird intrazellulär über den Transkriptionsfaktor NFκB weitergeleitet, der für die Bereitstellung von Radikalfängern und Cytokinen sorgt, den Tumorsuppressor p53 hemmt und Apoptoseinhibitoren aktiviert.

Im Tierversuch konnten Mäuse durch Injektion von gereinigtem Flagellin aus Salmonella enterica vor den Folgen einer letalen Strahlendosis geschützt werden. Nach dem Vorbild des Geißelproteins wurde ein modifizierter Agonist entwickelt, der nur die für die Rezeptorbindung nötigen Domänen enthält und daher weniger stark antigen wirkt. Der Agonist verringerte die strahleninduzierte Apoptose sowohl in der Darmschleimhaut als auch im blutbildenden System. Bemerkenswert ist, dass zwar gesunde Zellen, nicht aber Tumorzellen geschützt wurden und die Größe vorhandener Tumoren tendenziell sogar abnahm. Auch die Neubildung von Tumoren wurde nicht verstärkt. Für dieses überraschende Ergebnis gibt es eine plausible Erklärung: In Tumorzellen ist die Signalweiterleitung durch NFκB konstitutiv aktiviert und entzieht sich so der Kontrolle durch TLR5. Zusätzlich kann die durch TLR5 aktivierte Immunabwehr Tumorzellen in Schach halten. Erste Versuche mit Rhesusaffen bestätigen den Schutzeffekt bei Primaten. Ob sich der TLR5-Agonist für eine unterstützende Medikation bei der Tumortherapie eignet, müssen jedoch erst weitere Untersuchungen klären. Wünschenswert wäre eine Kombination mit den bereits gebräuchlichen Radikalfängern, die oxidative Schäden minimieren, sowie Cytokinen, die die Gewebsregeneration unterstützen.


ahr


Quelle: Burdelya, L. G.: Science 320, 226 (2008).

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