Aus der Hochschule

Promotion in Pharmaziegeschichte

Im kommenden Wintersemester startet an der Universität Marburg wieder das dreisemestrige Aufbaustudium "Geschichte der Pharmazie". Das Studium findet berufsbegleitend in Blockseminaren statt und bietet jungen Apothekern, die nach dem Woher und Wohin der Pharmazie und des Apothekerberufs fragen, eine ideale Möglichkeit, entsprechende Kenntnisse zu erwerben und mit ihrer Dissertation selbst ein Thema zu erforschen.

Das 1965 gegründete Institut für Geschichte der Pharmazie (IGPh) stellt eine Besonderheit dar, denn es ist das einzige Universitätsinstitut dieser Fachrichtung im deutschsprachigen Raum. Es ist in einem Fachwerkgebäude, dem ehemaligen Tanz- und Fechthaus der Universität, untergebracht und liegt im historischen Ambiente zwischen der Elisabethkirche und dem Landgrafenschloss. Mit seiner umfangreichen Bibliothek steht es Studenten sowie allen Forschern als Informations- und Anlaufstelle offen.

Brücke zwischen Natur- und Geisteswissenschaften

Die Pharmaziegeschichte als ausgesprochenes Brückenfach versucht, Fragestellungen aus den Natur- und Geisteswissenschaften zu verbinden und kann in Marburg auch als Wahlpflichtfach im Pharmaziestudium belegt werden. Unter Anleitung erarbeiten die Studenten hier z. B. Arzneipflanzenmonographien, Beiträge zur Arzneimittelgeschichte oder Artikel für die Deutsche Apotheker-Biographie, ein renommiertes Nachschlagewerk. Darüber hinaus bietet sich am Institut die Möglichkeit, nach Abschluss des Studiums mit einer pharmazie- oder naturwissenschaftshistorischen Dissertation zum Dr. rer. nat. zu promovieren. Da das Institut derzeit nur über zwei Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter verfügt, promovieren die meisten der über 50 Doktoranden extern. Für viele gleichzeitig in der Offizin Tätige unter ihnen stellt die Arbeit an der Dissertation einen reizvollen Kontrapunkt zu ihrer Berufstätigkeit dar.

Wer sich für die Promotion am IGPh entscheidet, muss ein abgeschlossenes Studium in Pharmazie oder einer anderen Naturwissenschaft (Approbation, Diplom, Master) vorweisen und zunächst ein dreisemestriges Aufbaustudium am Institut absolvieren. Ziel des Aufbaustudiums ist es, die angehenden Doktoranden mit den Methoden des historischen Arbeitens vertraut zu machen. Daneben wird ihnen ein vertiefender Einblick in die Pharmazie- und Wissenschaftsgeschichte vermittelt. Während der drei Semester sind Seminararbeiten zu verfassen und verschiedene Übungen zu absolvieren. Erst nach erfolgreichem Abschluss beginnt dann die eigentliche Arbeit an der Dissertation.

Jetzt anmelden zum nächsten Block

Da das Aufbaustudium blockweise absolviert wird, ist der Einstieg nur jedes dritte Semester möglich. Der nächste Block startet zum Wintersemester 2008/09 und umfasst in der Vorlesungszeit den Mittwochabend und den ganzen Donnerstag. Dabei werden sowohl die Grundlagen des (geistes-) wissenschaftlichen Arbeitens vermittelt als auch Vorlesungen und Seminare zu speziellen Themengebieten der Pharmazie- und Wissenschaftsgeschichte belegt.

Weil die Dissertation anschließend extern angefertigt wird, ist es bei Teilzeitbeschäftigung möglich, berufsbegleitend zu promovieren. Der Zeitaufwand ist dabei aber durchaus mit einer klassisch naturwissenschaftlichen Promotion im Labor vergleichbar. Archivbesuche, Quellenstudium und Ausarbeitung von Texten auf hohem Niveau erweisen sich als "Stundenfresser", und eine hohe Motivation ist nötig, um sich auch neben dem Beruf noch mindestens zwei bis drei Tage freizumachen, damit die Dissertation in einem angemessenen Zeitrahmen fertiggestellt werden kann. Eine relativ große Freiheit bei der Wahl des Themas gewährleistet jedoch, dass sich die Doktoranden mit dem Gegenstand ihrer Arbeit leidenschaftlich identifizieren und diese auch allen Fährnissen zum Trotz erfolgreich zu Ende bringen.


Institut für Geschichte der Pharmazie
Roter Graben 10
35032 Marburg


Schwerpunkte der Marburger Forschung bilden die Arzneimittel-, Institutions- und Disziplingeschichte sowie die Entstehung und Entwicklung des europäischen Apothekenwesens. Dabei werden auch "heiße Eisen" wie NS- und DDR-Zeit angefasst. Die Bandbreite der bearbeiteten Themen zeigt sich beispielhaft bei einem Blick auf einige der in den letzten Jahren abgeschlossenen Dissertationen:

  • Arzneiliche Kindertherapie im 15. und 16. Jahrhundert (W. M. Manzke, 2008),
  • Das Apothekenwesen im Dritten Reich (C. Schlick, 2007),
  • Johann Christian Wiegleb – Eine Ergobiographie der Aufklärung (A. Klosa, 2006),
  • Der preußische Apothekerrat und die Medizinal- und Apothekenverwaltung zu Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Jahre 1921 (A. Schockmann, 2005).

Eine Kultur der offenen Türen trägt dazu bei, dass sich auch nach Abschluss des Aufbaustudiums kein Doktorand allein und hilflos durch das Dickicht der wissenschaftlichen Literatur schlagen muss. Das in jedem Semester einmal stattfindende Doktorandentreffen bietet neben den persönlichen Kontakten auch Gelegenheit zum Gedankenaustausch der Doktoranden untereinander.

Neben der fachlichen Qualifikation, die sich im Doktortitel manifestiert, führen Aufbaustudium und Promotion so auch Menschen mit unterschiedlichen Interessen zusammen, und gerade die Heterogenität der Gruppe fördert die Erweiterung des geistigen Horizontes. Das erworbene Wissen über die Wurzeln und die Geschichte des eigenen Berufsstandes ermöglicht auch eine bessere Einschätzung der heutigen Situation; schließlich stand die Pharmazie schon immer großen Herausforderungen gegenüber und hat sie gemeistert.


Florian Öxler und die angehenden Doktoranden des jetzt zu Ende gehenden Aufbaustudiums

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