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- DAZ 32/2008
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Arzneimittel und Therapie
Orale Antidiabetika in der Schwangerschaft
Unter Schwangerschaftsdiabetes oder auch Gestationsdiabetes versteht man eine Kohlenhydrat-stoffwechselstörung, die während einer Schwangerschaft erstmals auftritt oder diagnostiziert wird. Die Erkrankung birgt dabei eine latente Gefahr von Komplikationen während der Schwangerschaft, bis hin zum Absterben des Fötus aufgrund einer Mangelversorgung infolge einer gestörten Plazentaentwicklung. Wiederholte mütterliche Hyperglykämien können dazu führen, dass das ungeborene Kind übermäßig viel Zucker aufnimmt und so eine Hyperinsulinämie entwickelt, da der fetale Organismus versucht den erhöhten Blutzuckerspiegel durch vermehrte Insulinsekretion auszugleichen. Nach der Geburt fällt die erhöhte mütterliche Zuckerzufuhr jedoch plötzlich weg und es tritt eine Hypoglykämie ein. Außerdem können die erhöhten Blutzuckerwerte Fehlentwicklungen der Lunge verursachen, die sich in Atemproblemen nach der Geburt äußern. Der fetale Hyperinsulinismus verursacht auch eine starke Größen- und Gewichtszunahme des Fötus, was unter anderem zu einer Zunahme von Geburtstraumata sowie einer erhöhten Kaiserschnittrate führt. Doch nicht nur für das Kind gehen Gefahren von erhöhten mütterlichen Blutzuckerspiegeln während der Schwangerschaft aus. Langzeituntersuchungen zeigten eine erhöhte Prävalenz von Bluthochdruck oder Präeklampsie bei Frauen mit Gestationsdiabetes. Zudem steigt das Langzeitrisiko für Mutter und Kind dauerhaft an Diabetes zu erkranken.
Frühzeitige Therapie indiziert
Mit einer Prävalenz von etwa 5% gehört der Gestationsdiabetes zu den häufigsten Begleiterkrankungen einer Schwangerschaft. Daher wird empfohlen, den Blutzuckerspiegel schwangerer Frauen routinemäßig zu kontrollieren, damit das eventuelle Vorliegen einer Diabetes-Erkrankung bereits frühzeitig erkannt wird. Um das Risiko kindlicher Fehlbildungen und Gefahren für die Mutter zu minimieren, ist eine Behandlung des Schwangerschaftsdiabetes unbedingt indiziert. Als Interventionsschwelle galten lange Zeit Blutzuckerwerte im oralen Glucosetoleranztest, die mehr als die zweifache Standardabweichung über dem Normalwert lagen. Allerdings zeigte eine Studie, dass bereits leicht erhöhte Blutzuckerwerte, die diese Grenze nicht überschreiten, zu perinatalen Komplikationen (z. B. erhöhtem Geburtsgewicht) führen können, die mit den Folgen eines Schwangerschaftsdiabetes durchaus vergleichbar sind. Daher wird heute empfohlen bereits frühzeitig therapeutisch zu intervenieren.
Zur Therapie von Gestationsdiabetes
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Wirkung mit Insulin vergleichbar
In vielen Fällen ist die Erkrankung durch eine Ernährungsumstellung sowie reichlich Bewegung in den Griff zu bekommen. Falls eine Umstellung der Lebensgewohnheiten allerdings nicht ausreicht und die Hyperglykämie der werdenden Mutter persistiert, ist eine medikamentöse Therapie indiziert. Eine Insulintherapie zeigt hierbei eine signifikante Verbesserung des Krankheitsverlaufs, allerdings ist eine intensive Schulung der Schwangeren essenziell, um unerwünschte Arzneimittelwirkungen oder Anwendungsfehler zu vermeiden, die beispielsweise zu Hypoglykämien und Gewichtszunahme führen können. Insbesondere vor diesem Hintergrund erscheint der Einsatz oraler Antidiabetika interessant. Beispielsweise verbessert Metformin die Insulinsensitivität, vermutlich über eine Aktivierung der AMP-Kinase, und geht nicht mit Hyperglykämien oder Gewichtszunahme einher. Da Metformin allerdings plazentagängig ist und demzufolge direkten Einfluss auf den Stoffwechsel des Fötus ausüben kann, ist der Einsatz dieses Wirkstoffs in der Schwangerschaft umstritten. Deshalb evaluierte eine aktuelle Studie den Einsatz von Insulin und Metformin zur Behandlung von Gestationsdiabetes.
Die Studie wurde mit neuseeländisch-australischen Schwangeren durchgeführt, fast 45% waren Polynesierinnen, zugereiste Inderinnen oder stammten aus China oder Südostasien, nur knapp die Hälfte der Frauen waren europäischer Herkunft. In beiden Gruppen fanden sich ungewöhnlich hohe Raten an bereits vorbestehendem Gestationsdiabetes und familiärer Diabetesbelastung. Um sowohl die Wirksamkeit als auch die Arzneimittelsicherheit zu bewerten, wurden die beiden Therapien im Hinblick auf das Ausbleiben typischer Folgeerscheinungen gestationaler Hyperglykämien (siehe Kasten unten) sowie das Auftreten therapiebedingter Nebenwirkungen miteinander verglichen.
Mögliche Folgen von Hyperglykämien in der Schwangerschaft
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Dabei wurden 751 Frauen untersucht, die sich zu Beginn der Studie in der 20. bis 33. Schwangerschaftswoche befanden, 733 von ihnen schlossen die Studie ab. Die Blutglucosespiegel konnten in beiden Studienarmen sehr gut eingestellt werden, allerdings mussten 46% der Patientinnen in der Metformingruppe zusätzlich mit Insulin behandelt werden. Unmittelbar nach der Entbindung wurden die Neugeborenen auf diabetesbedingte Folgeerscheinungen untersucht. Postnatale Blutzuckerspiegel unter 46,8 mg/dl traten bei 32% der Neugeborenen in der Insulingruppe bzw. bei 32% in der Metformingruppe auf, Atembeschwerden bei 4% bzw. 3% und meist leichte Geburtstraumata bei 5% bzw. 4%. Während die Zahl der Neugeborenen, die auf der Intensivstation behandelt wurden, in der Metformingruppe etwas niedriger ausfiel (18% vs. 21%) war die Zahl der Frühgeburten in dieser Gruppe leicht erhöht (12% vs. 8%).
Orale Therapie bevorzugt
Wie sich zeigte, unterschieden sich die Ergebnisse zwischen den beiden Therapiegruppen kaum; die Hoffnung, mit Metformin allein den Gestationsdiabetes über die gesamte Schwangerschaft zielgerecht zu kontrollieren, konnte nicht erfüllt werden. Allerdings gaben 77% der Probandinnen in der Metformingruppe an, sich im Bedarfsfalle wieder für diese Therapie zu entscheiden, wohingegen nur 27% der Vergleichsgruppe erneut die Insulintherapie wählen würden. Dass die Frauen Tabletten gegenüber Spritzen bevorzugten, überrascht kaum, jedoch stellt sich die Frage, ob Metformin in dieser Indikation gegenüber anderen oralen Antidiabetika, wie beispielsweise Glibenclamid einen Vorteil besitzt oder nicht. In einer vorangegangenen Studie wurde Glibenclamid bereits mit Insulin verglichen und hatte ebenfalls ähnliche Ergebnisse gezeigt. Zwar liegen keine Studien zur direkten Gegenüberstellung von Glibenclamid und Metformin vor, allerdings ist festzuhalten, dass in der Glibenclamid-Studie nur 4% der Frauen zusätzlich Insulin erhielten, um den Blutzuckerspiegel zu normalisieren, wohingegen 46% der mit Metformin behandelten Probandinnen mit Insulin supplementiert werden mussten.
Quelle
Rowan, J. A.; et al.: Metformin versus Insulin for the Treatment of Gestational Diabetes. N. Engl. J. Med. 2008; 358: 2003-2015.
Ecker, J. L.; et al.: Gestational diabetes - Setting Limits; Exploring Treatments. N. Engl. J. Med. 2008; 358: 2061-2063.
Apotheker Dr. Andreas Ziegler
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