Technologie

Steter Tropfen mit der Dosiertube

Einfache und sichere Einnahme oraler Lösungen

Von Jan Lüdemann, Helmut Möller und Gudrun Breuer

Lösungen zum Einnehmen (kurz: Tropfen) werden nicht nur schnell resorbiert, sie bieten gegenüber festen, einzeldosierten Darreichungsformen auch den großen Vorteil der individuellen Dosierung. Die Dosiervorrichtungen der Tropfenbehältnisse durchliefen im Laufe der Zeit mehrere Wandlungen und wurden im Hinblick auf die Tropfengröße zunehmend genauer. Die vor wenigen Jahren eingeführte und inzwischen millionenfach produzierte Dosiertube hat einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zu mehr Dosiergenauigkeit und Arzneimittelsicherheit von Tropfen gesetzt. Aufgrund ihrer hervorragenden Eigenschaften wurde sie mit dem Deutschen Verpackungspreis 2002 ausgezeichnet.

In einer Studie haben A. Wolff und S. Schneider die traditionellen Tropffläschchen mit Senkrecht- oder Zentraltropfer und die Dosiertube miteinander verglichen [1]. Dabei ergab eine Umfrage unter Anwendern von Tropffläschchen, dass 73% von ihnen (n = 102) Schwierigkeiten bei der Handhabung hatten, und zwar aus folgenden Gründen:

  • Das Fläschchen tropft nicht an.
  • Die Tropfgeschwindigkeit ist zu schnell oder zu langsam.
  • Die Tropfenfolge kann nicht rechtzeitig unterbrochen werden.
  • Die Lösung tritt auch durch das Luftröhrchen aus.

Die Probleme erklären sich aus der Konstruktion der Dosiervorrichtung (Tab. 1 und Abb. 1).

Tab. 1: Wichtige Unterschiede der beiden Tropfsysteme 
MerkmalDosiertubeTropffläschchen
Antropfverhaltenzuverlässig; aktiv durch den Anwender bestimmtunzuverlässig; Anwender wartet passiv
Dosiergenauigkeit

Tropfengröße hängt nicht vom Füllungsgrad ab

kein Luftröhrchen vorhanden

Zählbarkeit unproblematisch

Tropfengröße hängt vom Füllungsgrad ab

Überdosierung, wenn Flüssigkeit im Luftröhrchen

Zählbarkeit problematisch

Dosiervorgang

sehr gut steuerbar

Tropfgeschwindigkeit hängt nicht vom Füllungsgrad ab

vollständig entleerbar

schlecht steuerbar

Tropfgeschwindigkeit hängt vom Füllungsgrad ab

nicht vollständig entleerbar

Schräghaltungführt zur Dosisverringerung von weniger als 10%führt zur Dosisverringerung von über 10%
Liegende Lagerung 
und Schütteln
ohne Einfluss auf Gebrauchsfähigkeitkann Antropfen verhindern durch Flüssigkeitseintritt in Belüftungsröhrchen
Gewichtniedrighoch
Bruchfestigkeitbruchfestzerbrechlich

Tropfgeschwindigkeit unabhängig vom hydrostatischen Druck

Während beim Tropffläschchen der hydrostatische Druck des Inhalts die Flüssigkeitsentnahme bewirkt, bringt der Anwender der Dosiertube den zur Flüssigkeitsentnahme erforderlichen Druck durch leichtes Zusammenpressen der elastischen Tube selbst auf. Das vom Patienten oft als Geduldsprobe empfundene passive Warten auf das Antropfen entfällt hierbei. Er selbst bestimmt – innerhalb bestimmter Grenzen – die Tropfgeschwindigkeit und nimmt sie – sprichwörtlich – in die eigene Hand.

Beim Tropffläschchen steigt die Tropfgeschwindigkeit an, sobald das Belüftungsröhrchen über den Flüssigkeitsspiegel hinausragt [2]. Dies führt in der Regel zu einer Überschreitung der laut Arzneibuch zulässigen Tropfgeschwindigkeit von zwei Tropfen pro Sekunde [3]. Dagegen ist bei der Dosiertube die Tropfgeschwindigkeit vom Füllstand des Behältnisses unabhängig. Hier kann der Anwender vom Anfang bis zum Ende die Tropfgeschwindigkeit durch den von ihm auf die Tube ausgeübten Druck selbst bestimmen. So kann er beispielsweise die Tropfgeschwindigkeit verlangsamen, um sich das Zählen zu erleichtern.

Gleichförmigkeit der Dosierung auch bei Schräghaltung

Wird ein Tropffläschchen bei der Flüssigkeitsentnahme schräg gehalten, nimmt die Tropfengröße und damit die Masse ab. Bei einem Winkel von 40° gegen die Senkrechte kann die Abweichung der Dosierung den im Europäischen Arzneibuch festgelegten Grenzwert von 10% [3] überschreiten. Verantwortlich hierfür sind sowohl der verringerte hydrostatische Druck als auch die verkleinerte wirksame Abtropffläche, die bei geneigter Haltung elliptisch statt kreisrund ist. Somit können beim Tropffläschchen sowohl die Tropfengröße als auch die Tropfgeschwindigkeit außerhalb des zulässigen Rahmens liegen.

Da die Flüssigkeitsentnahme aus der Dosiertube unabhängig vom hydrostatischen Druck erfolgt, hat dieser keinen Einfluss auf die Tropfengröße

(Abb. 2). Aber auch bei der Dosiertube verkleinert die Schräghaltung die wirksame Abtropffläche. Der daraus resultierende Dosierungsfehler bei schräger Haltung der Dosiertube liegt jedoch innerhalb der durch das Europäische Arzneibuch gesetzten Toleranzgrenzen [1].

Auch die Tropfgeschwindigkeit beeinflusst die Tropfengröße. Bei der Dosiertube sind die Unterschiede jedoch minimal (Abb. 3).

Exakte Tropfenzahl

Die Dosierung der exakten Tropfenanzahl ist bei Tropffläschchen problematisch [1]. Meist entnimmt der Anwender zu viele Tropfen, da er die Flasche nach dem letzten Tropfen nicht schnell genug aufrichtet.

Bei der Dosiertube nimmt der Anwender bei erreichter Tropfenzahl den manuellen Druck zurück, wodurch der Folgetropfen aufgrund der Rückstellkraft der Tube wieder eingesaugt wird. Die verordnete Dosierung lässt sich also leicht exakt einhalten.

Problematisches Belüftungsröhrchen

Durch liegende Lagerung oder Schütteln eines Tropffläschchens kann Flüssigkeit in ihr Belüftungsröhrchen eindringen, wodurch es zu unkontrolliertem Tropfen aus dem Luftröhrchen kommt. Ursache ist die fehlende Druckdifferenz zwischen beiden Öffnungen. Die Druckdifferenz stellt normalerweise das Austropfen aus dem Tropfröhrchen sicher; wenn sie fehlt, entstehen durch die größere Abtropffläche entsprechend größere Tropfen.

Auch hinsichtlich Gewicht und Bruchfestigkeit ist die Dosiertube dem Tropffläschchen überlegen (Tab. 1).

Fazit: Handhabung einfach und sicher

Die Dosiertube stellt den neuesten Stand der Technik für die Anwendung von oralen Lösungen dar und zeichnet sich durch die einfache Handhabung und die Zuverlässigkeit der Dosierung aus. Die Lösung tropft unabhängig von der jeweiligen Füllhöhe des Inhaltes allein durch den manuell aufgebrachten Druck des Anwenders heraus. Bis zur vollständigen Entleerung der Tube bleibt die Tropfengröße konstant. Die Entnahme- und Dosierungsprobleme der klassischen Tropffläschchen entfallen hier. Auch bei unsachgemäßem Schräghalten während der Entnahme ist eine Tropfengröße innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen sichergestellt. Damit leistet die Dosiertube einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit.

 

Literatur

[1] S. Schneider: Vergleich des Zentraltropfers mit der Dosiertube unter pharmazeutischen und handhabungsbedingten Aspekten. Diplomarbeit an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen, Referent Prof. Dr. Armin Wolff, 2006.

[2] M. Bayer, H. Lietz: Zur Dosierung von Flüssigkeiten mit Zentraltropfern. Pharm. Ind. 35 , Nr.11a (1973).

[3] Monographie "Flüssige Zubereitungen zum Einnehmen" in: Europäisches Arzneibuch, 5. Ausgabe 2005, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart.

 


Für die Verfasser: 

Gudrun Breuer

Nordmark Arzneimittel GmbH & Co. KG

Pinnauallee 4, 25436 Uetersen

gudrun.breuer@nordmark-pharma.de

 

 

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