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Deutscher Apothekertag 2008
Gebt den Patienten ihre Informationen!
Das Europäische Parlament setzt sich für eine Verbesserung der Patienteninformation ein, im Klartext: EU-Industriekommissar Günter Verheugen will der Pharmaindustrie erlauben, Patienten sachliche Informationen über ihre verschreibungspflichtigen Produkte im Internet oder in Broschüren an die Hand zu geben.
In der Tat, in der heutigen Zeit ist es nicht mehr verständlich und vermittelbar, warum sich ein Bürger nicht über ein Arzneimittel sachlich informieren können soll. Stellen Sie sich vor: sie sind weder Arzt noch Apotheker und sie möchten sich über ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel sachlich informieren – ganz leicht wird es nicht sein. Sie können Ihren Arzt oder Apotheker fragen, Sie können sich die Rote Liste kaufen, sie können ins Internet gehen und recherchieren. Dort werden Sie vor allem dann erfolgreich sein, wenn Sie Englisch können. Auf englischsprachigen Seiten bekommen Sie schon heute zahlreiche Informationen über verschreibungspflichtige Arzneimittel (z. B. bei Wikipedia oder auf den englischen Seiten der Hersteller), allerdings finden Sie auch viele werblich geprägte Aussagen sowie Mythen, Meinungen und Kommentare zu Arzneimitteln, die für den Laien zum Teil verwirrend sind. Wäre es da nicht besser, eine offizielle Agentur stellt sachlich bearbeitete Arzneimittel-Informationsseiten in deutscher Sprache zur Verfügung? Warum sollten die Bürger Deutschlands unmündig gehalten und von solchen Informationen abgeschottet werden?
Gegner der Informationsfreiheit gehen davon aus, dass Information und Werbung nicht voneinander zu trennen seien. Und Werbung löse Nachfrage aus und damit einen Anstieg der Kosten für verschreibungspflichtige Arzneimittel. Wenn eine Trennung von Werbung und Information nicht möglich wäre, dann dürfte schon heute kein einziges Lehrbuch über Arzneistoffe auf dem Markt sein, keine Fachzeitschrift dürfte je über ein Arzneimittel berichten und keine Publikumszeitschrift dürfte über moderne Therapiemethoden berichten.
Der Pharmaindustrie werde es schwer fallen, glaubt die Bundesregierung, objektive Informationen bereitzustellen. Das mag sein. Daher hielte ich auch nichts davon, die Industrie selbst zu beauftragen, unter dem Mantel der freiwilligen Selbstkontrolle solche Informationen bereitzustellen (die freiwillige Selbstkontrolle bei Ärztemustern spricht Bände). Warum aber sollte es nicht möglich sein, beispielsweise eine Stelle wie die Europäische Zulassungsbehörde EMEA zu beauftragen, die von der Pharmaindustrie zur Verfügung gestellten Unterlagen nach einem bestimmen Raster aufzubereiten, von Werbeaussagen zu befreien und die sachlichen Fakten zu veröffentlichen? Oder warum sollte nicht ein Gremium von Apothekern und Ärzten diese Aufgaben übernehmen können? Bei den Angaben für die Fachkreise, den Fachinformationen, gelang es doch auch, sachliche Angaben zur Verfügung zu stellen.
Verbote und Zensur sind in unserem heutigen Informationszeitalter nicht mehr zeitgemäß. Dem Bürger ist nicht mehr vermittelbar, dass ihm Informationen über Arzneimittel gesetzlich verwehrt werden. Mein Fazit daher: Ich halte es für machbar, den interessierten Bürger über verschreibungspflichtige Arzneimittel mit werbefreien, sachlich aufbereiteten Informationen zu versorgen. Denn ein informierter Patient ist immer der bessere Patient.
Peter Ditzel
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