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100 Jahre Pharmazeutische Gehaltskasse in Österreich
Gründungsziel der Gehaltskasse war ehemals, die soziale Lage der angestellten Apotheker zu verbessern. Zunächst auf freiwilliger Basis, später durch gesetzliche Bestimmungen verpflichtend, wurde eine paritätisch zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmen besetzte Organisation geschaffen.
Aufgaben einst und jetzt
Heute erfüllt die Gehaltskasse vielfältige Aufgaben: Apothekenleiter zahlen für alle Arbeitnehmer, egal welchen Alters und welcher Anzahl an Berufsjahren, einen gleichen Betrag ein. Die Gehaltskasse entlohnt dann die Arbeitnehmer entsprechend ihrer Zugehörigkeit zu den 18 Berufsjahresgruppen und dem Anteil der Arbeitszeiten. Zusätzlich gibt es Zuschläge, die sich aus dem Kollektivvertrag (Tarifvertrag) ergeben. Diese zahlt der Arbeitgeber direkt; es werden aber meist keine Unterschiede nach Alter, Geschlecht und Berufserfahrung gemacht. Eine Diskriminierung älterer Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt kann so wirkungsvoll vermieden werden.
Auch die zentrale Verrechnung der Krankenkassenrezepte fällt in den Aufgabenbereich der Gehaltskasse. Die Apotheken übermitteln monatlich die Rezepte; die Gehaltskasse erfasst die Daten und leitet die Rezepte noch am gleichen Tag an die zahlungspflichtige Stelle weiter. Der Zahlungsverkehr läuft dann ebenfalls über die Gehaltskassenfinanzierung, die diese durch Einrichtung eines Fonds übernimmt. Der Apothekenleiter erhält also seinen Rezepterlös bereits innerhalb von vier Tagen!
Zusätzlich wurde ein Wohlfahrts- und Unterstützungsfonds eingerichtet, der aus den Mitgliedsbeiträgen der angestellten und selbständigen Apotheker gespeist wird. Hier können Studierende Stipendien erhalten, es gibt Geburtskostenzuschüsse, Zuschüsse zum Arbeitslosen- und Krankengeld und für Alleinerziehende. Landapotheken, die durch zahlreiche Nachtdienste besonders belastet sind, können hier ebenfalls mit Unterstützung rechnen.
Angeschlossen ist außerdem eine Pensionskasse als Ergänzung zur gesetzlichen Pension. Zu dem bisher im Umlageverfahren finanzierten Pensionszuschusses gibt es seit 2000 auch einen Teil, der im Wege des Kapitalsparverfahrens für den einzelnen angestellten Apotheker Beiträge für dessen Altersversorgung anspart.
Ein Modell auch für andere Länder?
Mit der Frage, ob dieses "Rundum-sorglos-Paket" auch auf andere Länder übertragbar wäre, hat sich unter anderem Prof. Dr. Gudrun Biffl, Ökonomin am österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung beschäftigt: "Das System der Gehaltskasse ist deshalb so erfolgreich, weil es sich um ein geschlossenes System handelt, das sich mit nur einer Branche befasst." Außerdem sei die Pflichtmitgliedschaft gesetzlich geregelt.
Die Wissenschaftlerin stellte ergänzend fest, dass viele Männer im Bereich Pharmazie teilzeitbeschäftigt sind. Das gilt in besonderem Maße für die Altersgruppen, in denen vorwiegend Kinder geboren und erzogen werden.
Dass trotz der Möglichkeit zur Teilzeitarbeit nicht mehr Kinder von Apothekerinnen geboren werden, liege sicher auch daran, dass die Angebote zur Kinderbetreuung nicht ausreichend sind, sagte Magister Ulrike Mayer, die neu gewählte Präsidentin des Verbandes Angestellter Apotheker Österreichs (VAAÖ). Vor allem in den kleineren Städten sei es nahezu unmöglich, Kindergärten zu finden, die nach 18 Uhr schließen. Außerdem führe der Verzicht auf Einkommen durch Teilzeitarbeit in der Folge zu niedrigeren Pensionen für die betroffenen Frauen. Somit sei Teilzeit zwar familienfreundlich, aber nicht unbedingt frauenfreundlich, unterstrich Mayer.
Rückblick auf dunkle Jahre
Die Obleute der Gehaltskasse, Mag. pharm. Gottfried Bahr (Arbeitgeber) und Mag. pharm. Dr. Wolfgang Gerold (Arbeitnehmer), gaben gemeinsam einen geschichtlichen Rückblick auf die Stationen der Gehaltskasse. Dabei beleuchteten sie auch die dunkle Zeit des Naziregimes: "Österreich hat lange gebraucht, um sich einzugestehen, dass es nicht bloß Opfer der nationalsozialistischen Aggression war, sondern dass auch viele Österreicher unter den Tätern gewesen sind", wurde der österreichische Vizekanzler Dr. Wilhelm Molterer zitiert. Auch unter den Funktionären der Gehaltskasse habe es etliche Unterstützer des Terror-Regimes gegeben, betonten die Redner. Mit einer Schweigeminute wurde der Apothekenleiter und Arbeitnehmer, die in dieser Zeit zu Tode gekommen waren oder verschleppt wurden, gedacht.
100 Jahre Zukunft
Getreu dem Motto "100 Jahre Gehaltskasse – 100 Jahre Zukunft" sagten die Obleute: "Tradition ist nicht die Bewahrung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers." Sie wünschten sich für die Zukunft, dass bis 2028 die in Österreich rechtmäßigen hausärztlichen Apotheken zahlenmäßig halbiert und in die Gehaltskasse integriert werden. Auch die anderen Apothekenberufe, also PKA, sollten über die Gehaltskasse geregelt werden, und nicht zuletzt sollten die Patienten jederzeit ihre Gesundheitsakte samt Arzneimittel- und Impfhistorie selbst abrufen können.
Barbara NeusetzerADEXA – Die Apothekengewerkschaft
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