Recht

Jetzt wird "draußen" gespielt

Restrisiko" Kind – Richter meist kinderfreundlich

(bü). Alles Wehren hat nichts genutzt. Der Sommer ist da. Die Kinder (und wohl auch ihre Eltern) sind froh, dass sie nun wieder "draußen" spielen können. Doch nicht jeden erfreut der kindliche Spiel- und Bewegungsdrang, und es gibt Ärger – wie folgende Beispiele zeigen.

Das Oberlandesgericht Koblenz musste sich mit einem Fall befassen, in dem sich ein elfjähriges Mädchen beim Trampolinspringen in einer Kinderspielanlage den Ellenbogen gebrochen hatte. Die Eltern forderten Schadenersatz und Schmerzensgeld, weil der Anlagen-Betreiber die Spieleinrichtungen nicht ausreichend gesichert habe. Grundsätzlich bestätigte das Gericht, dass hohe Anforderungen an die sogenannte Verkehrssicherungspflicht zu stellen seien. Dabei sei auch ein eventuell unsachgemäßes Verhalten der spielenden Kinder einzukalkulieren. Jedoch könne nicht jede mögliche Unfallursache von vornherein ausgeschlossen werden. Das "Restrisiko Kind" bleibe.

Die Richter sprachen den Betreiber frei. Es stellte sich nämlich heraus, dass das Kind deswegen auf die Kante des Trampolins aufgekommen war, weil plötzlich ein Ball auf der Matte lag, auf den das Mädchen trat und die Kontrolle über ihren Sprung verlor. Da nicht geklärt werden konnte, woher der Ball kam und alle Sicherheitsvorkehrungen vom Betreiber ausreichend umgesetzt waren, ging das Kind leer aus. (Az.: 5 U 915/07)

Spielplatz-Geräusche

"Kinderspielplätze mit üblicher Ausstattung gehören in die unmittelbare Nähe der Wohnbebauung." Klingt logisch. Dennoch musste für diese Feststellung der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bemüht werden. In dem Fall hatten sich nämlich Anwohner über die spielenden Kinder auf einem nahen Spielplatz beschwert. Die mit ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung typischerweise verbundenen Geräusche seien aber zu tolerieren, so das Gericht. Soweit sie "Folge der natürlichen Lebensäußerungen von Kindern" sind, seien sie "ortsüblich, sozialadäquat und daher auch (und erst recht) in einem reinen Wohngebiet hinzunehmen". Sie sind mit dem Ruhebedürfnis der Anwohner regelmäßig vereinbar. (Az.: 8 S 2165/07)

Der Bewohner eines Grundstücks verlangte von seinem Nachbarn, dass der einen – für seine Kinder aufgebauten – "Kinderspielturm" wieder abreiße, weil von ihm "Einsicht auf sein Grundstück" genommen werden könne und außerdem die spielenden Kinder lärmten. Sein Argument, gegen den Turm wäre schon wegen seiner Höhe von 3,50 Metern ein "bauaufsichtliches Einschreiten" geboten, fand vor dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße jedoch kein Gehör. In bebauten Bereichen gebe es in der Regel keinen Schutz vor Einsichtmöglichkeiten. Dasselbe gelte für den Kinderlärm, der in Wohngebieten "üblich und hinzunehmen" sei. (Az.: 4 K 25/08)

Und auch das Verwaltungsgericht Trier urteilte kinderfreundlich. Hier hatten sich Anwohner vergeblich gegen eine von der Gemeinde erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Kinderspielplatzes gewehrt. Und das, obwohl die Siedler künftig "unvermeidbaren Lärmemissionen" durch Kinder ausgesetzt sein würden. Die Zumutbarkeitsschwelle bei Kinderlärm sei deutlich höher anzusetzen, als bei anderen Freizeitlärmquellen. (Az.: 5 K 505/07)

Wenn die Geräusche zu laut sind …

Anders bei "Wendehämmern" in reinen Wohngebieten. Ein solcher Wendeplatz darf von den anwohnenden Kindern nicht als Sport-, Spiel- und Bolzplatz genutzt werden, wenn dadurch ein Eigentümer, der rund 20 Meter vom Hammer entfernt wohnt, unzumutbar in seiner Ruhe gestört wird. Ergibt eine Messung, dass der maximal zulässige Lärmpegel für ein solches Gebiet erheblich und oft überschritten wird, so muss die Gemeinde eingreifen, weil es sich dann nicht mehr um "sozialadäquaten" Kinderlärm handelt. Es reicht dazu nicht aus, Verbots-Schilder aufzustellen, wenn die von den Kids – erwartungsgemäß – ignoriert werden. Was die Kommune stattdessen unternehme, stehe in ihrem Ermessen, so das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. (Az.: 7 A 10789/07)

Auch die Höhe der Miete ist ein Kriterium

Spielen auf einem Grünstreifen zwischen zwei Mehrfamilienhäusern regelmäßig Kinder Fußball, so kann ein Mieter, der sich durch den Lärm gestört fühlt, die Miete (hier um 5%) mindern. Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Vermieter das Kicken per Verbotsschild untersagt hat; er hätte dann seine Sorgfaltspflicht erfüllt. (Amtsgericht Frankfurt am Main, 33 C 1726/04-13)

Wird eine Frau in einem Mietshaus "ein- bis zweimal pro Woche" von dem "minutenlangen Schreien" eines Nachbarkindes "empfindlich in ihrer Ruhe gestört", so kann sie dennoch keine Mietminderung gegen den Vermieter durchsetzen. In einem Fall vor dem Landgericht München I argumentierte die Bewohnerin, dass ihre Gesundheit durch den fehlenden Schlaf in den Morgenstunden (das Kind quiekte regelmäßig morgens um 7 Uhr, wenn es im Kinderwagen von der Mutter durch den Flur nach draußen geschoben wurde) gestört würde. Das Gericht entschied, dass derartiger Kinderlärm hingenommen werden muss. Die Mutter kann nicht dazu verpflichtet werden, "mit ihrem Kind das Treppenhaus nahezu fluchtartig zu queren". (Az.: 31 S 20796/04).

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