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Gesundheitspolitik
Bundeskartellamt verhängt Bußgelder
Schon im Juli 2007 hatte das Bundeskartellamt die Büros mehrerer Apothekerverbände durchsucht. Anlass gab der Verdacht, dass diese ihre Mitglieder dazu aufgerufen haben könnten, den Großhändler Gehe zu boykottieren. Erhärtet hat sich der Verdacht allerdings nur bei den nun mit einem Bußgeld belegten vier Verbänden. Bei zwei weiteren Verbänden waren die Verfahren bereits 2008 eingestellt worden. Die Wettbewerbshüter sehen es in den nunmehr übrig gebliebenen Fällen als erwiesen an, dass die Verbände ihre Mitglieder wiederholt zum Boykott von Gehe aufgefordert haben, nachdem dessen Muttergesellschaft Celesio im April 2007 die niederländische Versandapotheke DocMorris übernommen hatte. Eine solche Boykottaufforderung ist kartellrechtswidrig, wenn sie in der Absicht geschieht, das andere Unternehmen ohne sachliche Rechtfertigung zu schädigen. Dies sieht das Bundeskartellamt hier gegeben, "da der Boykott dem Unternehmen Celesio/Gehe Nachteile zufügen sollte, um auf diesem Wege letztlich die eingesessenen Apotheker vor aufkommendem Wettbewerb zu bewahren".
Tatsächlich hatten sich nach der Übernahme von DocMorris durch Celesio viele Apotheken vom Großhändler Gehe abgewandt. Das Bundeskartellamt ist überzeugt, dass das Verhalten der nun mit dem Bußgeld belegten Verbände und Personen zumindest mitursächlich hierfür war. Wie ein Sprecher des Bundeskartellamtes gegenüber der AZ erläuterte, würden bei derartigen Verfahren immer in erster Linie die Personen mit einem Bußgeld belegt, welche die kartellrechtswidrigen Handlungen vorgenommen haben. Erst in zweiter Linie werde der dahinter stehende Verband belangt. So hätten die betroffenen Apothekerverbände bzw. ihre Präsidenten oder sonstige Funktionäre sowie ein Redakteur in Verbandspublikationen – etwa der "Pharmazeutischen Zeitung" (PZ) – oder in Reden dazu aufgerufen, bestehende Bezugsbeziehungen zu Gehe zu beenden. Sie wurden nun für ihre Äußerungen sanktioniert. Soweit es zu kartellrechtswidrigen Boykottaufrufen in der "PZ" kam, wurde das Bußgeld wegen der Verletzung der Aufsichtspflicht des Herausgebers verhängt. Die Presse- oder die Verbandsfreiheit würde durch die Bußgeldentscheidung dennoch nicht beeinträchtigt, so das Kartellamt. Die Verbände dürften sich auch weiterhin in den Verbandspublikationen kritisch zu standespolitisch wichtigen Themen äußern, die Grenzen der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit seien jedoch im Falle von kartellrechtswidrigen Boykottaufrufen überschritten.
ABDA will Bescheide genau prüfen
Die Hälfte des 1,2 Millionen-Bußgeldes wurde der ABDA aufgebürdet. Die Verbände sollen zwischen 100.000 und 250.000 Euro zahlen, die Einzelpersonen insgesamt 70.000 Euro. Rechtskräftig werden die Bescheide aber erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist von zwei Wochen. Und dass die Betroffenen die Anschuldigungen des Bundeskartellamtes nicht einfach hinnehmen werden, machte ABDA-Präsident Wolf umgehend klar: "Wir werden nicht zulassen, dass uns im Handstreich die Möglichkeit zur unabhängigen Vertretung unserer Mitglieder und deren Interessen in der politischen Diskussion genommen wird. Die ABDA wird deshalb die Bescheide genau prüfen und dann erforderlichenfalls den Rechtsweg bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung ausschöpfen".
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