Gesundheitspolitik

Die Ikea-Apotheke

Apotheker stellt Pick-Up-Kommode im Edeka-Markt auf

Berlin (tw). In der Unnaer Gartenvorstadt übernimmt seit Anfang Juli eine im Edeka-Supermarkt platzierte Kommode mit Schlitz im Deckel die Arzneimittelversorgung. Betrieben wird die Pick-up-Kommode von Apotheker Erhard Kaiser, Inhaber dreier Apotheken in Unna. Er sieht darin nicht nur eine große Verbesserung für die Menschen im Viertel. Er möchte angesichts der zögerlichen Haltung der Politiker zu verbindlichen Pick-up-Regelungen auch Tatsachen schaffen. Daher fordert er andere Apotheker auf, seinem Beispiel zu folgen: "So bleibt die flächendeckende Versorgung in Apothekerhand."

Foto: E. Kaiser

Sie steht bei Edeka gegenüber dem Postschalter: eine Kommode mit abschließbaren Schubladen und einem Schlitz im Deckel. Die Kunden finden hier Bestellscheine, Umschläge und Kugelschreiber. Ihre Bestellung stecken sie in einem Umschlag und werfen diesen – gegebenenfalls mit ihren Rezepten – in den Kommoden-Schlitz. So landen sie in der verschlossenen obersten Schublade und werden dort von Kaisers Team im Laufe des Tages abgeholt. Um 17 Uhr werden dann die bestellten Produkte geliefert und in der Kommode deponiert. Herausgegeben werden sie von Supermarkt-Betreiber und seinen Angestellten gegen Vorlage des Abholscheins. Die Beratung erfolgt während der Apothekenöffnungszeiten telefonisch.

Lokale Initiative legte den Grundstein

Grundstein der Idee war eine lokale Initiative und eine Unterschriftensammlung, mit der eine Apotheke im Quartier gefordert wurde, da die nächstgelegene über zwei Kilometer entfernt ist. Das nun entwickelte Konzept sei einzigartig in Deutschland, so Kaiser gegenüber der AZ. Besonders Alte und Gehbehinderte würden profitieren. Rechtliche Probleme sieht er nicht. Auch die Aufsichtsbehörde habe keine Bedenken gegen seine Form der Versandapotheke geäußert. Dafür sei er deutlich schneller als die üblichen Versender, betont Kaiser: Alles, was bis zwölf Uhr bestellt sei, werde noch am selben Tag geliefert, Bestellungen nach zwölf am nächsten Tag. Zudem geht das Angebot über die übliche Pick-up-Stelle hinaus: "Wir sind eine Mischung aus Pick-up und Botendienst. Besonders erklärungsbedürftige Medikamente oder auch solche mit besonderen Lagerbedingungen werden von uns direkt nach Hause geliefert", erläutert Kaiser.

Für ihn hat das Projekt aber auch politischen Stellenwert. Er will die Pick-ups nicht Branchenfremden überlassen. "Die Regierung kommt ja nicht aus dem Quark mit der Pick-up-Regelung", ärgert sich der Pharmazeut, "und wenn man nicht ewig warten will und hoffen, dass dabei auch noch etwas Vernünftiges rauskommt, muss man eben die Flucht nach vorn ergreifen." Er hofft, dass er mit dem Beispiel Schule macht: "Ich möchte alle Kollegen ermutigen, selber aktiv zu werden, Pick-up-Stellen zu inflationieren und den Branchenfremden das Wasser abzugraben." Dabei sollte Kaiser allerdings die Warnung aus dem Wirtschaftsministerium (siehe Artikel Pick up: Einmal etabliert, werden Einschränkungen schwer) vor Augen behalten: Wenn etwas problemlos läuft, wird sich keiner bemüßigt sehen, dagegen vorzugehen.

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