Gesundheitspolitik

Keine Bonus-Taler beim Erwerb von Rx-Arzneien

Bonus-Systeme bleiben in der Rechtsprechung umstritten

Berlin (ks). Nach einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe dürfen Apotheken ihren Kunden beim Erwerb verschreibungspflichtiger preisgebundener Arzneimittel keine Bonus-Taler gewähren, die in Prämien umgetauscht werden können. Ein solches Vorgehen verstößt aus Sicht des Gerichts gegen die Arzneimittelpreisverordnung und ist damit auch wettbewerbswidrig. Wegen bereits vorliegender abweichender Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision gegen das Urteil zugelassen. (Urteil des OLG Karlsruhe vom 12. Februar 2009, Az.: 4 U 160/0)

Die Wettbewerbszentrale hatte gegen die Inhaber zweier Apotheken geklagt, die in Zeitungen für ihre Bonus-Taler geworben hatten. Die Taler konnten von den Kunden gegen Waren des täglichen Bedarfs wie etwa Pralinen, Kaffeebecher getauscht werden und wurden in bestimmten anderen Geschäften, z. B. bei Tankstellen, als Zahlungsmittel akzeptiert. Der Werbeanzeige zufolge sollte man in der Apotheke einen Bonustaler erhalten, wenn Ware aus dem Selbstbedienungssortiment gekauft wurde, eine berechtigte Reklamation stattfand, die Wartezeit mehr als fünf Minuten betrug oder das gewünschte Produkt nicht vorrätig war. Zumindest gelegentlich wurden die Taler jedoch auch beim bloßen Erwerb verschreibungspflichtiger preisgebundener Arzneimittel an Kunden ausgegeben. Die Wettbewerbszentrale hatte diese Praxis unter Berufung auf die in der Arzneimittelpreisverordnung geregelte Preisbindung als Wettbewerbsverstoß gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG beanstandet und in erster Instanz von dem Landgericht Offenburg recht bekommen.

Das OLG Karlsruhe hat die Auffassung der Vorinstanz nun bestätigt: Auch dort sieht man in den Bonus-Talern einen Preisnachlass, der gerade durch die Regelungen der Arzneimittelpreisverordnung ausgeschlossen werden soll. Für unzutreffend hält der Senat auch den Einwand, das Bonus-System stelle keine unlautere Geschäftspraxis i. S. der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken dar, weil die Gewährung eines Bonus-Talers nicht dazu geeignet sei, das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall. Schließlich verfolge das Bonus-System das Ziel, in nennenswertem Umfang Kunden beim Arzneimittelkauf an die betreffende Apotheke zu binden. Obwohl der wirtschaftliche Wert eines einzelnen Bonus-Talers von ca. 0,50 Euro relativ niedrig sei, lohne sich das Sammeln der vielseitig verwendbaren Taler durchaus, so die Richter. Dies könne gerade Patienten, die regelmäßig Rezepte einlösen müssen, dazu veranlassen, Stammkunden einer Apotheke mit Bonus-System zu werden.

Die Richter stellten überdies klar, dass ein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung nicht nur dann vorliegt, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem sich aus der Verordnung ergebenden Preis abgibt. Die Bestimmungen seien vielmehr auch dann verletzt, wenn für das Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber – gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels – Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen. Vorliegend stelle sich die Gewährung der Bonus-Taler aus Sicht des Kunden in erster Linie als Rabatt auf das Erstgeschäft über den Kauf preisgebundener Arzneimittel dar. Dies gelte vor allem, weil die Bonus-Punkte auch außerhalb der Apotheke ausgegeben werden können und damit eine "Geldersatzfunktion" erhielten.

Die Wettbewerbszentrale begrüßte die Entscheidung: "Wir sehen unsere Auffassung durch das OLG Karlsruhe bestätigt", sagte Christiane Köber, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale und Expertin für das Gesundheitswesen. Allerdings bleibe abzuwarten, ob das Urteil rechtskräftig wird. "Die hier entschiedene Frage gehört zu den umstrittensten in der Arzneimittelwerbung, weshalb eine höchstrichterliche Entscheidung hier für Rechtsklarheit sorgen muss". In einem ähnlich gelagerten Sachverhalt, in dem das zuständige Oberlandesgericht Bamberg die Werbemaßnahme als zulässig angesehen hat, hat die Wettbewerbszentrale daher bereits Revision zum Bundesgerichtshof (Az.: I ZR 193/07) eingelegt. Mit einer höchstrichterlichen Entscheidung wird im Laufe dieses Jahres gerechnet.

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