- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 11/2009
- Wie geht es uns, Herr ...
Seite 3
Wie geht es uns, Herr Doktor?
Schlecht, immer schlechter, klagen viele Ärzte in diesen Tagen, wenn man sie nach ihrem wirtschaftlichen Befinden fragt. Der Grund ist so kompliziert wie schwer verständlich: die jüngste Honorarreform. Die Ärzte müssen sich seit 1. Januar 2009 in einer vollkommen neuen Honorarwelt zurechtfinden. Schon lange und immer wieder protestierten sie in den letzten Jahren, dass sie sich unterbezahlt fühlten. Die Politik nimmt in der Regel sehr ernst, wenn die Ärzte aufbegehren, denn ihr Einfluss auf die Patienten und damit besonders in Jahren von Bundestagswahlen auf potenzielle Wähler wird sehr hoch angesetzt. Und so versprach man ihnen denn im letzten Jahr – in der Hoffnung, ein frohes Wählervolk zu haben – nach langem Hin und Her zehn Prozent mehr Einkommen. Doch das Gegenteil bahnt sich nun an. Bis zu 40 Prozent weniger befürchten einige.
Doch der Reihe nach. Positiv für die Mediziner ist zunächst: Für die ambulante Versorgung der GKV-Versicherten erhalten sie 3 Milliarden Euro mehr an Honoraren. Und die Abrechnung wird transparenter. Mussten die Ärzte bisher mit einem Punktewert leben, dessen Höhe jeweils erst im Nachhinein festgesetzt wurde, rechnen sie nun in Euro und Cent ab. Die Leistungen der Vertragsärzte werden in Euro-Preisen bezahlt, die im gesamten Bundesgebiet einheitlich sind. Die Budgetierung in der bisherigen Form wurde abgeschafft und die vertragsärztliche Vergütung in den neuen Bundesländern wurde an das westliche Niveau angeglichen. Doch damit sind die Vorteile schon fast alle aufgezählt. Denn: Die drei Milliarden mehr an Honorar kommen so nicht bei den Ärzten an – daraus resultiert ihre derzeitige massive Unzufriedenheit. Im Wesentlichen sind daran drei Gründe schuld. Zum einen basiert das Plus an Vergütungsvolumen auf der Basis von 2007. Etwa die Hälfte der drei Milliarden Euro war dadurch schon durch Zuwächse aus dem Jahr 2008 aufgebraucht. Vom Rest fließt ein Großteil in den Osten, um nun endlich nach 20 Jahren die ostdeutschen Arzthonorare an das Niveau des Westens anzugleichen – eine Forderung der Ärzte, die schon lange im Raum stand. Und dort scheint in der Tat ein kleines Plus spürbar zu werden, weshalb derzeit weniger Klagen von den östlichen Vertragsärzten kommen. Und der dritte Grund: Bisher konnten die Kassen die Ärzte im wirtschaftlich gesünderen Süden der Republik besser honorieren als die Kassen im schlechter gestellten Norden. Nun haben alle Kassen, im Norden wie im Süden, aufgrund des Gesundheitsfonds gleich viel Geld zur Verfügung und die Leistungen der Vertragsärzte werden im gesamten Bundesgebiet zu einheitlichen Euro-Preisen abgerechnet. Damit könnte es beispielsweise für die bayerischen und baden-württembergischen Kassenärzte weniger Honorar geben.
Ein Blick auf die Pauschale, mit denen Ärzte nun leben müssen, macht verständlich, warum Heulen und Zähneknirschen zu hören ist, warum Ärzte Schlagzeilen machen, indem sie Patienten nur gegen Vorkasse behandeln, und warum Ärzte und Kassenärztliche Vereinigungen bereits an Streik denken. Die als Regelleistungsvolumen (RVL) bezeichnete Pauschale, die ein Vertragsarzt pro Patient und Quartal erhält, beträgt für den Hausarzt beispielsweise 35,86 Euro, für den Kinderarzt 31,70 Euro, für den Urologen 24,44 Euro, für den Facharzt für Chirurgie 24,85 Euro und ein Frauenarzt erhält sogar nur müde 11,88 Euro. Wohlgemerkt pro Patient und Quartal, unabhängig, wie oft der Patient den Arzt aufsucht. Natürlich, die RVL sind für viele Fachgruppen nur ein Teil ihres Honorars. Es gibt freie Leistungen, die je nach Fachgruppe einen unterschiedlich hohen Anteil des Honorars ausmachen können und mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Diese Leistungen vergüten die Krankenkassen als Einzelleistungen außerhalb der Regelleistungsvolumina, ebenso können Leistungen wie Vorsorgeuntersuchungen, Impfen oder die Behandlung chronisch Kranker zusätzlich abgerechnet werden.
Dennoch, ein Honorar von beispielsweise rund 36 Euro pro Patient und Quartal für einen Hausarzt ist nicht üppig. Ein Handwerker verlangt zum Teil weit mehr – pro Stunde! Der Unmut der Ärzte wird verständlich.
Ulla Schmidt wird damit keine Stimmen der Ärzte gewinnen können. Die CSU, allen voran Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder, läuft sich derweil schon warm. Er will das bisherige Honorarsystem der Ärzte abschaffen und "eine völlige Neuordnung im Honorarbereich" vorantreiben. Die Verteilung der fixen Honorare durch die Kassenärztlichen Vereinigungen soll eine frei ausgehandelte Gebührenordnung ersetzen, nach der die Ärzte mit den Krankenkassen abrechnen können. Das würde letztlich auch das Aus für die KVen bedeuten. Der Wahlkampf lässt grüßen.
Und was tut sich bei uns Apothekern? Wir warten brav darauf, dass sich eine Schiedsstelle bildet, um den Zwangsrabatt für die Krankenkassen neu festzulegen …
Peter Ditzel
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.