DAZ aktuell

Neues Vergaberecht, neue Fragen

BONN (hb). Neue Rahmenbedingungen für Arzneimittelrabattverträge ergeben sich zum einen aus dem GKV-Organisationsweiterentwicklungsgesetz (GKV-OrgWG), zum anderen aus der Vergaberechtsreform (VergabeRModG). Die Details wurden bei einer Veranstaltung von Colloquium pharmaceuticum am 10. März 2009 in Bonn diskutiert.

Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung war bereits im Dezember 2008 verkündet worden. Es hat vor allem die Anwendung des Vergaberechts beim Abschluss von Rabattverträgen zementiert, zwingend jedoch zunächst nur bei einer exklusiven Bieterauswahl, nicht aber bei semi-exklusiven und "Open-house"-Lösungen.

Damit steht dann allerdings auch die Antragsbefugnis im Nachprüfungsverfahren in Frage.

Nachprüfungsverfahren schon jetzt überlastet

Bei der Vergaberechtsreform sind für die pharmazeutische Industrie vor allem die Verpflichtung der Kassen zur Leistungsaufteilung in Teil- bzw. Fachlose im Sinne des Mittelstandsschutzes, die Unwirksamkeit eines Vertrags bei Verstoß des Auftraggebers gegen die Informationspflichten (§ 101a Abs. 1 GWB) oder bei Erteilung ohne Beachtung der Regelungen des Vergaberechts (sog. De-facto-Vergabe), sowie die Straffung und Beschleunigung des Nachprüfungsverfahrens von großer Bedeutung.

Alle Beteiligten rechnen nach den bisherigen Erfahrungen damit, dass das Nachprüfungsverfahren in Zukunft noch weiter überfrachtet werden wird, insofern erwarten vor allem die Vergabekammern dringend Abhilfe.

Was wird mit alten Sortimentsverträgen?

Nach der anstehenden Änderung des Vergaberechts stellt sich die Frage, wie in Zukunft mit "alten" Sortimentsverträgen umgegangen werden wird, die nicht mehr angreifbar sind, die aber nicht dem neuen Vergaberecht entsprechen. Eine Übergangsregelung ist nicht vorgesehen, woraus jedoch aus juristischer Sicht nach einhelliger Auffassung der anwesenden Rechtsexperten nicht unbedingt deren "automatische Rechtssicherheit" abzuleiten ist. Eine einfache Verlängerung dieser Verträge nach dem alten Recht dürfte jedenfalls wohl kaum möglich sein.

Kassen sollen mit Retaxationen maßvoll umgehen

Sonja Jung von der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Berlin, beklagte bei der Veranstaltung erneut den erheblichen Aufwand in Form von Personal- und Softwarekosten, den die Rabattverträge für die Apotheken mit sich bringen und legitimierte hiermit den dringenden Appell an die Kassen, mit Fragen der Retaxation maßvoll umzugehen. Zum anderen stützte sie diesen auf die zahlreichen Rechtsunsicherheiten und Unwägbarkeiten bei der alternativen Abgabe von nicht rabattierten Arzneimitteln. Zusätzliches Konfliktpotenzial macht Jung in der Frage der Vergleichbarkeit der Indikation aus. Offenbar würden die Kassen nach derzeitigen Diskussionen sogar so weit gehen zu verlangen, dass wirkstoffbezogen auch solche rabattierten Arzneimittel abgegeben werden müssen, die in der entsprechenden Indikation gar nicht zugelassen sind, ein klarer Verstoß gegen Arzneimittelrecht.

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