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DAZ aktuell
Apotheker verschaffen sich in Straßburg Gehör
An der Anhörung nahmen mehr als 100 Apotheker aus vielen Mitgliedstaaten der EU teil. Neun Experten führten in drei Gesprächsrunden Diskussionen zu den brennendsten Themen der Apotheken: die Liberalisierung des Apothekenmarktes, der Internethandel mit Medikamenten sowie der Erhalt hoher Beratungsstandards in Apotheken. Einig waren sich alle Experten aus Apothekerverbänden, staatlichen Organisationen, Verbraucherverbänden und Pharmaunternehmen darin, dass Arzneimittel ein besonderes Gut sind, das im Sinne des Verbraucherschutzes besonderen Regeln unterworfen werden muss. Auch die spanische Europaparlamentarierin Cristina Gutiérrez-Cortines, die den Vorsitz der Anhörung führte, betonte: "Apotheken sind keine gewöhnlichen Läden und Arzneimittel keine einfachen Handelswaren. Apotheken sind soziale Gesundheitsdienstleister und wir können diesen Sektor nicht ohne jede Kontrolle den Gesetzen des Marktes aussetzen."
Gefahren des Internethandels
Der Vizepräsident der Bayerischen Landesapothekerkammer, Thomas Benkert, betonte, dass etwa beim Internethandel mit Arzneimitteln die Fälschungsrate und damit das Gefahrenpotenzial für den Verbraucher immens sei. Durch den uneingeschränkten Versandhandel könne der Patient/Verbraucher nicht mehr zwischen seriösen und kriminellen Bezugsquellen unterscheiden. Die Beratungsleistung des Apothekers würde zudem vollkommen vernachlässigt. Die Präsidentin des italienischen Apothekerbundes Federfarma, Annarosa Racca, wies darauf hin, dass eine flächendeckende Versorgung und eine qualitativ hochwertige Patientenberatung nur mit unabhängigen und gut ausgebildeten Apothekern möglich sei, die sich nicht den Profitmaximierungsbestrebungen von Kapitalgesellschaften unterwerfen müssen.
Keine Liberalisierung durch die Hintertür
Die EU-Kommission setzt dagegen auf "Liberalisierung". Während der Europäische Gerichtshof (EuGH) in wenigen Wochen über das Fremdbesitzverbot für Apotheken in Deutschland und Italien befinden wird, hat die Kommission wegen des Mehrbesitzverbotes ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Die oberbayerische Europaabgeordnete Angelika Niebler (CSU) wehrt sich strikt dagegen, dass durch die Kommission oder die Rechtsprechung des EuGH Fakten geschaffen werden: "Bei den aufgeworfenen Themen muss in erster Linie das Primat der Politik gelten", sagte sie. Nicht die Kommission und auch nicht der EuGH dürften über die Zukunft des Apothekermarktes in Europa entscheiden. Hier sei der Gesetzgeber, also das Europäische Parlament und die im Rat versammelten Mitgliedstaaten, gefragt. "Es ist nicht tragbar, dass etwa durch Urteile des EuGH eine Liberalisierung des Marktes ‚durch die Hintertür‘ eingeführt wird", betonte Niebler. Ihr italienischer Fraktionskollege Stefano Zappalà machte sich ebenfalls stark für die nationalen Regelungen seines Landes. Er zeigte sich überzeugt, dass bei einer "undifferenzierten Liberalisierung" viele italienischen Apotheken schließen müssten – und voraussichtlich würde es genau jene treffen, die in den zahlreichen ländlichen Gebieten des Mittelmeerstaates angesiedelt sind.
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