Arzneimittel und Therapie

Neue Hoffnungen für Alzheimer-Patienten

Für Alzheimer-Patienten gibt es bis heute keine befriedigende medikamentöse Therapie. Die positive Wirkung der derzeit zugelassenen Medikamente auf bestehende Symptome ist zumeist nur gering und das Voranschreiten der Erkrankung können sie nicht verlangsamen. Nach den häufig enttäuschenden Endergebnissen potenzieller Wirkstoffe erscheint eine jüngst von englischen Wissenschaftlern vorgelegte Pilotstudie für ein neuartiges Präparat jedoch recht vielversprechend.

Morbus Alzheimer ist eine neurodegenerative Erkrankung, die zumeist ab dem 65. Lebensjahr auftritt und bei ungefähr 15 Millionen Betroffenen und somit etwa 60% der weltweit auftretenden Demenzerkrankungen diagnostiziert wird. Bei einem stetig steigenden Durchschnittsalter der Bevölkerung wird diese Zahl wahrscheinlich noch deutlich zunehmen. In Deutschland leiden schätzungsweise 1,2 Millionen Menschen an der Alzheimer-Krankheit. Für das Jahr 2030 wird mit 2,3 Millionen Erkrankten gerechnet. Man geht davon aus, dass die Zahl der Patienten weltweit bis zum Jahr 2050 auf 45 Millionen anwachsen wird. Morbus Alzheimer kann bis heute nicht geheilt werden und verläuft immer tödlich. In Europa ist die Demenz-Erkrankung die vierthäufigste Todesursache. Die Dringlichkeit einer wirklich hilfreichen medikamentösen Therapie ist somit enorm.

Neues Medikament in Pilotphase erfolgreich

Bereits vor einigen Jahren hatten die Autoren der jetzt veröffentlichten Pilotstudie von einer Substanz berichtet, die Amyloidablagerungen im Körper verhindert. Nach einem gigantischen Screening-Programm zeigten sie, dass CPHPC (1-[6-[R-2-Carboxypyrrolidin-1-yl]-6-oxo-hexanoyl]pyrrolidin-2-Carboxylsäure) ein kompetitiver Inhibitor an der Bindungsstelle des Proteins Serum-Amyloid P (SAP) ist [1]. SAP kommt bei der für die Alzheimer-Krankheit typischen Anhäufung amyloider Plaques zwischen den Neuronen im Gehirn eine Schlüsselrolle zu: Es ist zwar ein natürlicherweise im Körper vorkommendes Eiweiß, das jedoch auch verhindert, dass Amyloidablagerungen vom Körper abgebaut werden; es lässt sich immer in den Plaques und Tangles der Nervenfasern im Gehirn von Alzheimer-Patienten nachweisen. Es gibt ebenfalls Hinweise darauf, dass SAP die Gehirnzellen direkt schädigen kann. Das Präparat CPHPC wiederum führt zu einer Quervernetzung von zwei SAP-Molekülen; das gebildete Dimer kann dann von der Leber abgebaut werden.

Tests mit CPHPC ergaben nun, dass das Protein SAP aus den Gehirnen von fünf Alzheimer-Patienten verschwand, nachdem sie das Präparat drei Monate lang eingenommen hatten. Nach der Einnahme reichert sich das Präparat im Körper an und das Serum-Amyloid P im Blut und in den Gehirnzellen der Erkrankten wird abgebaut. Das Präparat CPHPC hat offensichtlich zwei Vorteile: Zum einen wird es selbst nicht abgebaut und zum anderen treten durch seine sehr spezifische Funktion offensichtlich kaum Interaktionen mit dem Zellstoffwechsel auf. Damit ist das Risiko von Nebenwirkungen deutlich verringert. Allerdings wurden die viel zu kurze Dauer der Pilotstudie und das Fehlen einer Kontrollgruppe bemängelt. Um die klinischen Vorteile dieses Therapieansatzes nachzuweisen, sind größer angelegte Studienreihen geplant.

 

Quelle

 [1] Kolstoe, S.E.; et al.: Molecular dissection of Alzheimer‘s disease neuropathology by depletion of serum amyloid P component. PNAS 2009; doi:10.1073/pnas.0902640106, 16.04.2009.

 [2] Pepys, M.B., et al.: Targeted pharmacological depletion of serum amyloid P component for treatment of human amyloidosis. Nature 2002; 417(6886), 254-259.

 

Dr. Hans-Peter Hanssen

 

 

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