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Aufregung um Online-Bewertung von Ärzten

BERLIN (ks). Die AOK hat angekündigt, einen "Arzt-Navigator" einzuführen, der es den Versicherten ermöglicht, Ärzte im Netz zu bewerten. Das neue Service-Tool soll im kommenden Jahr starten und zu einer besseren Behandlungsqualität beitragen. In der Ärzteschaft trifft der AOK-Plan auf harsche Kritik. Dagegen haben andere Kassen große Sympathie für das Vorhaben.

Wie Jürgen Graalmann, stellvertretender Vorstandschef des AOK-Bundesverbandes, gegenüber der "Ärzte Zeitung" erläuterte, ist die Bewertung der Ärzte durch die AOK-Versicherten ein Baustein des neuen Portals. Die Versicherten sollen etwa nach Wartezeiten, dem Service, der subjektiv wahrgenommenen Behandlungsqualität und der Einbindung in Entscheidungsprozesse befragt werden. Zwischen 15 und 20 Kriterien sollen entwickelt werden. Dabei benötige man pro Arztpraxis eine gewisse Anzahl von Bewertungen. "Wir werden niemals nur zwei oder drei Aussagen für eine Praxis freischalten", so Graalmann. Weiterer Baustein sei das Projekt QISA, mit dem die AOK gemeinsam mit dem AQUA-Institut Messkriterien und Indikatoren für die ambulante Versorgung entwickle.

"Digitaler Arztpranger"

Die Ärzteschaft sieht die Pläne der AOK äußerst kritisch: "Es ist unseriös, anonyme Fragebögen als Grundlage für Rankings zu nutzen", sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe. Im Gegensatz zu professionellen Qualitätssicherungsverfahren habe der im Internet anonym bewertete Arzt keine Möglichkeit, auf unberechtigte Kritik zu reagieren und Missverständnisse auszuräumen. Zugleich räumte Hoppe ein, dass Leistungsvergleiche von Ärzten wichtig seien. Allerdings setzt er dabei auf bereits etablierte Zertifizierungsverfahren. Der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung warnte davor, einzelne Ärzte an den Pranger zu stellen. Schließlich seien die Patienten keine Medizin-Experten und deshalb nur in der Lage, ein subjektives Urteil abzugeben.

Interesse auch bei anderen Kassen

Die Barmer Ersatzkasse und die Techniker Krankenkasse (TK) zeigten dagegen Interesse an dem Modell. Man stehe dem "durchaus offen gegenüber", sagte eine Barmer-Sprecherin. Das Echo auf den eigenen Krankenhausnavigator im Internet zeige, "dass der Bedarf durchaus da ist". Es könne allerdings nicht darum gehen, dass die Patienten pauschal Ärger oder Zufriedenheit äußerten. "Nur wenn Ärzte und Wissenschaftler einen Kriterienkatalog entwerfen, kann das ein sinnvolles Instrument sein", so die Sprecherin. Auch eine TK-Sprecherin erklärte, man werde "das, was die AOK tut, mit Interesse verfolgen". Es sei sinnvoll, die Patientenperspektive in die Qualitätssicherung einzubeziehen. Beim GKV-Spitzenverband wollte man sich noch nicht konkret zum AOK-Modell äußern. "Wir begrüßen aber alles, was zu mehr Transparenz und besserer Versorgung führt", hieß es dort.

Auch die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel, glaubt, dass ein "Ärzte-TÜV", wie er der AOK vorschwebt, zur Verbesserung der Qualität der Behandlung beitragen kann. Die Patienten wünschten sich schon lange Transparenz. Zum Schutz der Ärzte sei aber nötig, dass es eine Qualitätssicherung und eine wissenschaftliche Begleitung der Ärzte-Bewertung gibt: "Ich will nicht, dass Patienten Ärzte öffentlich diskriminieren können."

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