Selbstmedikation

Pantoprazol für die Selbstmedikation zugelassen

Zur kurzzeitigen Behandlung von Refluxsymptomen wie Sodbrennen oder saures Aufstoßen bei Erwachsenen hat erstmals ein Pantoprazol-Präparat von der Europäischen Kommission die Zulassung als nicht-verschreibungspflichtiges Arzneimittel erhalten. Pantoprazol Control® (Nycomed) enthält 20 mg Wirkstoff und soll zum 15. Juli 2009 in den Apotheken eingeführt werden.

Im Rahmen eines Mehrfachantrags hat Nycomed die Zulassung für den europäischen Raum für Pantozol Control® , Pantoloc Control® , Pantecta Control® , Soma Control® und Controloc Control® erhalten. Pantoprazol ist damit der erste Protonenpumpeninhibitor mit einer europaweiten Marktzulassung als OTC-Medikament. Bereits 1994 wurde Pantoprazol als verschreibungspflichtiger Wirkstoff eingeführt, sodass bezüglich Sicherheit und Wirksamkeit ein umfangreiches Datenmaterial vorliegt. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMEA sieht dadurch die Sicherheit als gewährleistet an und ist der Ansicht, dass aufgrund der Erfahrung mit der Anwendung von Pantoprazol die Zulassung ohne ärztliche Verschreibung angemessen ist.

Kurzzeitige Behandlung von Refluxsymptomen

Zugelassen ist das Präparat im Rahmen der Selbstmedikation zur kurzzeitigen Behandlung von Refluxsymptomen wie Sodbrennen, saures Aufstoßen bei Erwachsenen. Die empfohlene Dosis ist 20 mg Pantoprazol (1 Tablette) pro Tag. Zur Besserung der Symptome kann die Einnahme der Tabletten an zwei bis drei aufeinander folgenden Tagen erforderlich sein. Sobald eine vollständige Linderung der Symptome eingetreten ist, sollte die Behandlung abgebrochen werden. Die Behandlung sollte ohne ärztlichen Rat nicht länger als vier Wochen andauern. Wenn nach 14 Tagen kontinuierlicher Behandlung keine Linderung der Symptome erreicht worden ist, muss der Patient angehalten werden, einen Arzt zu konsultieren.

Indikation abklären

Vor der Abgabe muss abgeklärt werden, ob eine Selbstmedikation mit Pantoprazol möglich ist: Leidet der Patient häufig an Sodbrennen und treten die Symptome mehrmals im Monat für länger als einen Tag auf, kann ein Protonenpumpenhemmer in Betracht gezogen werden. Aber es sollte der Patient dann ganz gezielt danach befragt werden, ob in letzter Zeit ernsthafte Magen-Darm-Erkrankungen aufgetreten sind. Ist dies der Fall, so sollte unbedingt ein Arztbesuch angeraten werden. Auch der Hinweis, dass die Pantoprazol-Tabletten nicht für eine sofortige Linderung der Beschwerden vorgesehen sind, darf nicht fehlen. Zwar kann nach einer Einnahme eine Besserung der Symptome verspürt werden, zur Erzielung einer vollständigen Kontrolle des Sodbrennens sollte Pantoprazol aber an zwei bis drei aufeinanderfolgenden Tagen eingenommen werden. Die magensaftresistenten Tabletten dürfen nicht gekaut oder zerkleinert werden, sondern werden im Ganzen mit Flüssigkeit vor einer Mahlzeit eingenommen. Zusätzlich können dem Patienten Tipps zum Lebenswandel und zur Änderung der Ernährung gegeben werden, um das Sodbrennen und die säurebedingte Symptome zu lindern. So sollten große Mahlzeiten vermieden und langsam gegessen werden. Lebensmitteln, die Sodbrennen verursachen, sollten möglichst gemieden werden. Dazu gehören vor allem Alkohol und Kaffee, Schokolade, Pfefferminze, fettiges und frittiertes Essen, säurehaltige Lebensmittel, scharfes Essen, Zitrusfrüchte und Fruchtsäfte und Tomaten.

Wirkmechanismus

Pantoprazol ist ein substituiertes Benzimidazol, das durch spezifische Reaktion mit den Protonenpumpen der Belegzellen die Magensäuresekretion hemmt.

Pantoprazol wird im sauren Kompartiment der Belegzelle in die aktive Form, ein cyclisches Sulphenamid, umgelagert und hemmt irreversibel die H+ /K+ -ATPase, die im Austausch gegen Kalium-Ionen den Transport von Säureäquivalenten in das Magenlumen ermöglicht. Dadurch wird eine De-novo-Synthese des Enzyms notwendig, sodass der Effekt über mehrere Stunden anhält. Die Hemmung wirkt sowohl auf die basale als auch auf die stimulierte Magensäuresekretion. Auch die Pepsinbildung wird inhibiert. Pantoprazol reduziert die Magensäure, wodurch es zu einem Gastrinanstieg proportional zur Säurereduktion kommt, der reversibel ist. Pantoprazol kann die Säuresekretion unabhängig von einer Stimulation durch andere Substanzen (Acetylcholin, Histamin, Gastrin) hemmen, wobei die Hemmung der Säuresekretion dosisabhängig ist. Bei den meisten Patienten wird eine Befreiung von Sodbrennen und Magensäurerückfluss innerhalb von zwei Wochen erreicht. Pantoprazol wird nach oraler Anwendung schnell und vollständig resorbiert. Es wird fast ausschließlich durch die Leber abgebaut. Der größte Teil der Metaboliten wird renal ausgeschieden, der Rest über die Faeces.

Mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln

Es ist möglich, dass Pantoprazol die Resorption von Wirkstoffen, deren Bioverfügbarkeit pH-abhängig ist (z. B. Ketoconazol), herabsetzt. Auch bei gleichzeitiger Anwendung von Atazanavir kann es zu einer Herabsetzung der Bioverfügbarkeit kommen, da die Absorption pH-abhängig ist. Pantoprazol wird über das Cytochrom-P450-Enzymsystem in der Leber verstoffwechselt. Eine Wechselwirkung mit Substanzen, die über dasselbe Enzymsystem verstoffwechselt werden, kann nicht ausgeschlossen werden. In Untersuchungen z. B. mit Carbamazepin, Coffein, Diazepam, Diclofenac, Digoxin, Glibenclamid, Metoprolol, Naproxen, Nifedipin, Phenytoin, Piroxicam oder Theophyllin ließen sich jedoch keine klinisch bedeutsamen Wechselwirkungen nachweisen. Obwohl in klinischen Pharmakokinetikstudien keine Wechselwirkungen bei der gleichzeitigen Gabe von Phenprocoumon oder Warfarin beobachtet wurden, sind seit der Markteinführung in wenigen Einzelfällen bei gleichzeitiger Behandlung Veränderungen der INR (International Normalized Ratio) berichtet worden. Daher wird bei Patienten, die mit Cumarin-Antikoagulanzien behandelt werden, die Überwachung der Prothrombinzeit/INR nach Beginn und Ende der Pantoprazol-Behandlung und während unregelmäßiger Anwendung von Pantoprazol empfohlen.

Bald auch Omeprazol nichtverschreibungspflichtig?

Auch der Protonenpumpeninhibitor Omeprazol könnte demnächst zur Behandlung von Sodbrennen und saurem Aufstoßen in einer Einzel- und Tageshöchstdosis von 20 mg aus der Rezeptpflicht entlassen werden. Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht beim BfArM wird voraussichtlich in seiner nächsten Sitzung am 30. Juni 2009 darüber entscheiden. Die Anwendungsdauer von Omeprazol soll auf 14 Tage beschränkt werden, weshalb Packungen mit maximal 280 mg Wirkstoff als OTC-Produkt vorgesehen sind. Um die Sicherheit in der Selbstmedikation zu erhöhen, sollen die Produktinformationen angepasst werden. Mit besonderen Hinweisen in den neuen Beipackzetteln soll die unkontrollierte Eigentherapie von chronischem Ulcus vermieden werden.

 

 

Quelle

 Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR) Pantozol® Control der EMEA, Stand März 2009. 

Fricke, U.; Klaus, W.: Neue Arzneimittel 1995, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart (1997).

 

ck

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