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Arzneimittel und Therapie
Plötzliche Todesfälle unter Methylphenidat
Die Sicherheit einer Stimulanzientherapie bei Kindern wird immer wieder in Frage gestellt. Plötzliche Todesfälle wie ein plötzlicher Herztod unter einer solchen Therapie legten den Verdacht nahe, dass Stimulanzien dafür ursächlich verantwortlich sein könnten. Vor diesem Hintergrund wurde in den USA im Auftrag der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA und dem National Institute of Mental Health eine retrospektive Fall-Kontrollstudie durchgeführt. Gesichtet wurden die Daten von 564 Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 7 und 19 Jahren, die plötzlich aus unerklärlichen Gründen verstorben waren. Als Vergleichsgruppe dienten 564 junge Menschen, die bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen waren. Im Zentrum stand die Frage nach einer Therapie mit Stimulanzien wie Amphetamin, Dextroamphetamin, Methamphetamin oder Methylphenidat. Zehn der plötzlich verstorbenen Kinder und Jugendlichen waren mit Methylphenidat behandelt worden, in der Gruppe der Verkehrstoten waren zuvor zwei Betroffene mit Stimulanzien behandelt worden, davon einer mit Methylphenidat. Danach liegt eine signifikante Assoziation zwischen dem Gebrauch von Methylphenidat und dem Auftreten plötzlicher Todesfälle vor. Die Odds Ratio betrug 7,4 (95%-Konfidenzintervall zwischen 1,4 und 79,9).
Herzfrequenz und Blutdruck können steigen
Unbestritten ist, dass Stimulanzien Herzfrequenz und Blutdruck erhöhen können. Methylphenidat ist daher in Deutschland bei mittelschwerem und schwerem Bluthochdruck, arterieller Verschlusskrankheit, schwerer Angina pectoris und tachykarden Arrhythmien kontraindiziert. Die FDA betont, dass Stimulanzien nicht bei schweren Herzfehlern, Kardiomyopathie, schweren Herzrhythmusstörungen oder weiteren schweren kardialen Erkrankungen angewendet werden dürfen.
Erste systematische Studie
Die Fall-Kontrollstudie ist die erste methodisch einwandfrei durchgeführte Studie, die der Frage nachgeht, ob ein Zusammenhang zwischen einer Stimulanzientherapie und plötzlichen Todesfällen bei Kindern ohne kardiale Vorschäden besteht. Allerdings ist die Studie nur bedingt aussagekräftig, da die Daten retrospektiv erhoben wurden und dazu neben Autopsie-Berichten und toxikologischen Untersuchungen auch Ergebnisse aus Befragungen der Eltern herangezogen wurden. In einem Editorial zu der Studie kommen Benedetto Vitiello und Kenneth Towbin vom National Institute of Mental Health zu dem Schluss, dass zunächst ein plötzlicher unerklärlicher Todesfall ein sehr seltenes Ereignis ist. Die Ergebnisse dieser Studie würden auf einer sehr kleinen Fallzahl basieren und keine Grundlage für eine Quantifizierung des Risikos bieten.
FDA beobachtet weiter
Die FDA will nicht ausschließen, dass durch Stimulanzien wie Methylphenidat das Risiko für einen plötzlichen Herztod bei gesunden Kindern erhöht wird, hält es aber aufgrund der begrenzten Aussagekraft der Studie für nicht gerechtfertigt, Konsequenzen zu ziehen. Besorgte Eltern sollten mit dem Arzt über ihre Bedenken sprechen und keinesfalls eigenmächtig die Stimulanzienbehandlung ihrer Kinder beenden. Die FDA weist darauf hin, dass zur Zeit eine große von ihr und der Agency for Healthcare Research and Quality geförderte Studie durchgeführt wird, die den Einfluss einer Stimulanzienbehandlung auf akute kardiale Ereignisse, Schlaganfall und weitere kardiovaskuläre Störungen bei Kindern untersuche. Mit den Ergebnissen wird noch im Laufe dieses Jahres gerechnet.
Quelle
Gould M et al.: Sudden Death and Use of Stimulant Medications in Youths. Am J Psychiatry Online-Publikation vom 15. Juni 2009.
Vitiello B, Towbin K: Stimulant Treatment of ADHD and Risk of Sudden Death in Children. Am J Psychiatry Online-Publikation vom 15. Juni 2009.
FDA News Release: FDA issues Safety Communication about an Ongoing Review of Stimulant Medications Used in Children with ADHD. 15. Juni 2009.
du
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