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Stückelung hat viele Gesichter

BERLIN (tmb). Der erste Aufschrei war groß, aber der Blick in die Praxis zeigt, wie vielschichtig das Problem ist: Stückelung hat viele Aspekte. Einer davon ist die kuriose Preisbildung, die bei der Abgabe von Kleinpackungen und der Taxierung größerer Packungen zusätzliche Erträge generiert. Durch die plötzliche große Aufmerksamkeit für diese Vorgehensweise werden aber auch andere Formen der Stückelung diskreditiert, die aus dem Blickwinkel der Versorgung wichtig sein können.
Problemfall Packungsgrößen Das Thema Stückelung ist sehr viel komplexer, als es vor kurzem in den Medien dargestellt wurde.

Foto: DAZ/Sket

Ein Beispiel für einen solchen Versorgungsaspekt lieferte die Berlin-Chemie am 16. Juli. In einem Fax "an alle Apothekerinnen und Apotheker" berichtete das Unternehmen über den unerwartet großen Erfolg ihres Produktes Ranexa 375 mg mit dem Wirkstoff Ranolazin zur unterstützenden Therapie der stabilen Angina pectoris. Daher sei die Packungsgröße mit 100 Retardtabletten kurzfristig nicht verfügbar. Dieser Defekt werde voraussichtlich bis zum 3. August andauern. Die Urheber des Faxes werben um Verständnis für die Situation des Unternehmens und bitten darum, "bei Nichtverfügbarkeit der N3-Packung eine 30er (N1) und eine 60er (N2) Packung abzugeben". In Abstimmung mit dem Arzt seien auch andere Alternativen denkbar. Die Produktionsplanung sei umgehend angepasst worden. In dem Fax wird gefolgert, "dass die aktuelle Medienkampagne gegen die Apothekerschaft bezüglich des Themas "Stückelung" völlig deplatziert ist".

Als Reaktion auf dieses Schreiben hat der LAV Baden-Württemberg jedoch davor gewarnt, dem Stückelungsvorschlag der Berlin-Chemie zu folgen. Diese Empfehlung entspreche nicht der geltenden Rechtslage, wird die LAV-Geschäftsführerin Ina Hofferberth in einem Branchendienst zitiert. Denn Apotheker dürften nur in Notsituationen ein anderes als das verordnete Arzneimittel abgeben. Im Rahmenvertrag seien Stückelungen nur vorgesehen, wenn die verordnete Stückzahl nicht als Packungsgröße auf dem Markt sei.

Stückeln für eine schnelle Versorgung

Apothekern, die ein nicht kurzfristig belieferbares Rezept erhalten, bliebe demnach nur die Rücksprache mit dem Arzt, der die Mengenangabe ändern müsste. Dies wäre dann wohl auch in vielen anderen Fällen die einzige Möglichkeit zur ordnungsgemäßen Versorgung. Denn angesichts vieler Generika und unterschiedlicher Rabattverträge können niemals alle Packungsgrößen vorrätig sein. Besonders an Wochenenden kann dies zu Lieferverzögerungen führen, allerdings ist dann auch der Verordner meist nicht mehr zu erreichen. Gerade die derzeit kritisierte Preisbildung bei manchen Produkten lädt dazu ein, vorrangig kleine Packungen vorrätig zu halten und so die Lagerkosten zu begrenzen. Die derzeit problematisierte Variante der Stückelung kann demnach in manchen Fällen durchaus auch stattfinden, um eine schnelle Versorgung zu gewährleisten.

Dies wirft die Frage auf, wie eine solche Stückelung vertragstreu zu taxieren wäre. Auch dies wird von Verantwortlichen verschiedener Apothekerverbände unterschiedlich beantwortet. Ein Vorschlag dazu ist, die Summe der Einkaufspreise der abgegebenen Packungen und den dazugehörigen gesetzlichen Apothekenaufschlag zu taxieren und die Pharmazentralnummer der kleinen Packungen sowie deren Anzahl auf dem Rezept einzutragen. Bei den Verbänden besteht jedoch keine einheitliche Position, ob eine solche Vorgehensweise schon heute zu akzeptieren wäre. Immerhin dürfte dies eine verhandlungsfähige Variante für künftige Verträge sein. Um weitere Diskussionen über unzulässige Vorgehensweisen zu vermeiden, dürften neue rahmenvertragliche Regelungen zur Stückelung langfristig unumgänglich sein. Dann könnten möglicherweise noch weitere Varianten geregelt werden, wie sie beispielsweise in den jüngsten Leserbriefen an die DAZ angesprochen wurden. Für den Apothekenalltag wäre auch der Fall relevant, bei dem Apotheker zur Sicherung einer schnellen Versorgung teurere Packungen abgeben, als die Verordnung zulässt, und damit auf Ertrag verzichten.

Kurzfristig spricht jedoch wenig für eine solche Entwicklung. Denn erstens dauern Regelungen im Rahmenvertrag Monate oder Jahre und zweitens hat der Deutsche Apothekerverband für den 28. Juli erst einmal die Herstellerverbände zu einem Gespräch eingeladen – und damit einen Tag vor der nächsten Verhandlungsrunde zwischen Krankenkassen und Apotheken über den Rahmenvertrag. Im Gespräch mit den Herstellern dürfte es wohl auch um deren Preisbildungskonzepte gehen.

Rechtliche Bewertung

Parallel dazu geht die Diskussion über die rechtliche Bewertung der problematischen Stückelungsvariante weiter. Aus DAV-Kreisen ist zu hören, dass jeweils im Einzelfall zu prüfen wäre, ob das Vorgehen gegen geltende Vorschriften verstößt. Denn das Taxieren der teureren Großpackung bei Abgabe günstiger Kleinpackungen könnte nur beanstandet werden, wenn der erzielte Einkaufsvorteil größer als der maximal zulässige Rabatt ist. Dieser bemisst sich nach der degressiv gestaffelten Großhandelsspanne und hängt daher vom Preis ab.

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