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Wahlkampf ohne Ulla Schmidt
Die vergangene Woche startete beschwerlich für den SPD-Kanzlerkandidaten. Die Dienstwagen-Affaire der Gesundheitsministerin sorgte dafür, dass ein Platz in seinem Wahlkampfteam unbesetzt blieb. Eigentlich wollte er in den letzten acht Wochen vor der Wahl mit 20 Frauen und Männern die Kompetenzen seiner Partei in ganz Deutschland unters Volk bringen – unter anderem mit sämtlichen amtierenden SPD-Bundesministerinnen und -ministern. Doch Ulla Schmidt hat sich mit Steinmeier geeinigt, dass sie außen vor bleibt, bis die Vorfälle um ihren Dienstwagen geklärt sind. Die SPD-Kampagne für den Bundestagswahlkampf wolle sie keinesfalls beeinträchtigen, erklärte die Ministerin am 29. Juli nach ihrer Rückkehr aus ihrem spanischen Urlaubsdomizil. Zugleich bleibt sie dabei, sich stets korrekt verhalten zu haben.
Bundesrechnungshof prüft
Nun soll der Bundesrechnungshof prüfen, ob sich Schmidt formal etwas hat zu Schulden kommen lassen. Auch dem Haushaltsausschuss des Bundestages hat die Ministerin Informationen zur Dienstwagennutzung übermittelt. "Ich habe für alle nachvollziehbar dargelegt, dass der sparsame Umgang mit Steuergeldern für mich eine Selbstverständlichkeit ist. Ich bin sicher, dass die Prüfungen meine Auffassung bestätigen werden", erklärte Schmidt. Nun bleibt abzuwarten, wie schnell die Prüfungen vonstatten gehen und welche Folgen sie für die Ministerin haben werden. Im Wahlkampf-Team Steinmeiers gibt es jedenfalls so schnell keinen Ersatz für Schmidt. Zwar sind hier zwei Gesundheitspolitikerinnen vertreten – sie sollen ihre Kompetenz aber in anderen Ressorts einbringen. So steht die derzeitige gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Carola Reimann, für Hochschul- und Forschungspolitik. Manuela Schwesig, die 35-jährige Gesundheitsministerin in Mecklenburg-Vorpommern, soll es mit Ursula von der Leyen aufnehmen und sich um Familienpolitik kümmern.
Entwicklungsplan "Eine Million"
Doch die Gesundheitspolitik bleibt ein zentrales Thema für die SPD. Dies zeigt auch der am 3. August vorgestellte "Deutschlandplan" Steinmeiers, der offiziell den Titel "Die Arbeit von Morgen" trägt. Der Kanzlerkandidat will nicht weniger als in den nächsten zehn Jahren Vollbeschäftigung und eine gerechtere Einkommensverteilung erreichen. Das bedeutet: Vier Millionen neue Jobs müssen her. Die Hälfte davon soll in der Industrie entstehen, ein Viertel ist im Gesundheitswesen und der Pflege eingeplant. Die Gesundheitswirtschaft gilt als Beschäftigungsmotor. Der Entwicklungsplan "Eine Million" – ein Gemeinschaftsprojekt von Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftsministerium – soll dafür sorgen, dass die Wachstumschancen auch tatsächlich genutzt werden und die Gesundheit nicht nur als Kostenfaktor betrachtet wird. Grundvoraussetzung ist dabei aus Sicht der SPD eine stabile und solidarische Finanzierungsgrundlage des Gesundheitssystems. Nur so könnten eine hohe Qualität in der Gesundheitsversorgung für alle Menschen garantiert und gute Beschäftigungsperspektiven in Gesundheit und Pflege entwickelt werden, heißt es im Programm. Das bedeutet insbesondere: Alle Menschen müssen sich in die Solidarität begeben und nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Finanzierbarkeit beitragen.
Neue Berufsfelder
Neue Berufs- und Tätigkeitsfelder sieht die SPD unter anderem in der integrierten Versorgung. Wo ambulante und stationäre Versorgung zusammenwirken sollen, bedürfe es Koordination und Kooperation durch gute Manager und speziell ausgebildete Arbeitskräfte. Zudem sollen Ärzte mehr Tätigkeiten delegieren können, etwa an Pflegekräfte, Arzthelferinnen oder Dokumentationsassistenten. Auch in der Prävention und in der Gesundheits-Informationstechnologie sieht die SPD Möglichkeiten für neue Arbeitsplätze. Vor allem aber sollen rund 300.000 neue Stellen in der Kranken- und Altenpflege entstehen – und dabei eine faire Bezahlung sichergestellt werden.
Die hochgesteckten Ziele der SPD werden in den anderen Parteien für illusorisch gehalten. Steinmeier verteidigt sein Programm jedoch beharrlich. Es sei "realistisch und keineswegs utopisch", in den nächsten zehn Jahren vier Millionen neue Arbeitsplätze in Deutschland zu schaffen, betonte er in zahlreichen Interviews. "Wir dürfen das Ziel der Vollbeschäftigung niemals aus den Augen verlieren".
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