Arzneimittel und Therapie

Tyrosinkinase-Inhibitoren verbessern die Prognose

Mit der Einführung des Tyrosinkinase-Inhibitors Imatinib hat sich die Prognose fortgeschrittener gastrointestinaler Stromatumore (GIST) deutlich verbessert. Aktuelle Studien befassen sich mit der Verbesserung der adjuvanten Therapie und einer differenzierten Behandlung fortgeschrittener Tumore.

Die einzige kurative Therapie eines GIST ist die operative Entfernung des Tumors, der kaum auf eine konventionelle Chemotherapie anspricht. Allerdings ist auch nach der chirurgischen Intervention die Gefahr eines erneuten Auftretens der Erkrankung groß, zumal bei der Diagnosestellung bereits bei einem Drittel der Patienten Metastasen aufgetreten sind. Die früher sehr schlechte Prognose mit einem medianen Gesamtüberleben von weniger als einem Jahr im metastasierten Stadium hat sich seit der Einführung zielgerichteter Substanzen deutlich verbessert. Neuere Untersuchungen befassen sich mit der Frage, ob das Rezidivrisiko nach einer Tumorresektion durch eine adjuvante Therapie verringert werden kann und wie die Therapie fortgeschrittener Tumore, die nicht mehr auf Imatinib ansprechen, verbessert werden kann.

Adjuvante Therapie mit Imatinib

In einer randomisierten, placebokontrollierten und doppelblinden Studie wurden die Auswirkungen einer einjährigen Imatinibgabe nach einer Resektion des gastrointestinalen Tumors bei Risikopatienten untersucht. Alle eingeschlossenen Probanden hatten einen Tumor von mehr als 3 cm Durchmesser und zeigten eine Überexpression von c-KIT. 359 Patienten erhielten ein Jahr lang einmal täglich 400 mg Imatinib (Glivec®), die Vergleichsgruppe mit 354 Probanden ein Placebo. Der primäre Studienendpunkt war das progressionsfreie Überleben. Die Ergebnisse einer Interimsanalyse führten zu einer vorzeitigen Entblindung der Studie. Nach einem Jahr überlebten in der Imatinib-Gruppe 98% (95% Konfidenzintervall 96-100) der Studienteilnehmer, in der Placebogruppe waren es 83% (95% Konfidenzintervall 78-88). Die Hazard ratio betrug 0,35 (0,22-0,53; p < 0,0001). Die Therapie mit Imatinib wurde gut vertragen, die häufigsten Nebenwirkungen waren Dermatitis (3% vs. 0%), abdominelle Schmerzen (3% vs. 1%) und Diarrhö (2% vs. 1%).

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Mutationen erfordern selektive Therapien

Zur Erstlinientherapie eines GISTs wird der Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib eingesetzt, der die Tyrosinkinasen von KIT, PDGFR, ABL und BCR-ABL hemmt. Allerdings sind 10-15% der Patienten primär gegen Imatinib resistent und etwa 50% entwickeln innerhalb von zwei Jahren aufgrund selektiver Mutationen eine Imatinib-Resistenz. Die nun folgenden Therapien richten sich nach der Art der Mutation. Bei Vorliegen einer Exon-9-Mutation empfehlen die ESMO-Leitlinien (ESMO = European Society of Medical Oncology) a priori eine Verdoppelung der Imatinib-Dosis auf 800 mg/Tag. Besteht hingegen eine Exon-11-Mutation, so schlägt sich bei Imatinib-Versagen die Dosiserhöhung nicht in einem Benefit nieder. Eine Alternative ist ein Wechsel auf den Multi-Tyrosinkinase-Inhibitor Sunitinib (Sutent®). Dieser blockiert zusätzlich zu c-Kit und PDGFRA weitere Tyrosinkinasen, neben RET (Rearranged during transfection receptor) und FLT3 (FSM-like tyrosine kinase 3) insbesondere die VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor)-Rezeptoren 1-3. Im Unterschied zu Imatinib hemmt Sunitinib zusätzlich die Tumor-Angiogenese.

Sunitinib als Alternative bei Tumorprogress

Sunitinib wurde zur Second-Line-Therapie gastrointestinaler Stromatumoren aufgrund einer Phase-III-Studie mit 312 Patienten zugelassen, in der Sunitinib das Gesamtüberleben nach Imatinib-Versagen im Vergleich zu Placebo mehr als verdoppelte (73,9 vs. 35,7 Wochen nach Korrektur bezüglich Crossover von Placebo auf Sunitinib). Dieses Ergebnis wurde durch eine Treatment-use-Studie mit 1117 vorbehandelten Patienten bestätigt, in der die Probanden unter Sunitinib median 41 Wochen progressionsfrei blieben und ein Gesamtüberleben von 75 Wochen erreichten. Bei Patienten mit einem gutem Allgemeinzustand (Performance Status 0 oder 1) verlängerte sich das Gesamtüberleben auf median 88 Wochen.

Diese Ergebnisse werfen die Frage auf, ob Sunitinib auch in der Firstline-Gabe dem derzeitigen Standardtherapeutikum Imatinib überlegen ist. Ferner ist zu klären, ob eine kontinuierliche GIST-Therapie mit 37,5 mg Sunitinib täglich günstiger sein könnte als die zugelassene Standarddosierung mit 50 mg im On-off-Schema (vier Wochen Therapie, zwei Wochen Pause).

 

Quelle

 DeMatteo R., et al.: Adjuvant imatinib mesylate after resection of localised, primary gastrointestinal stromal tumor: a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet 373, 1097-1104 (2009).

 Blay, J.: The treatment of GIST tumors in 2009. Vortrag gehalten beim World Congress on Gastrointestinal Cancer (WCGIC), Barcelona, 25. Juni 2009.

 Blay J., et al.: Advanced gastrointestinal stromal tumor in Europe: a review of updated treatment recommendations. Expert Rev. Anticancer Ther. 9, 831-838 (2009).

 Dr. Marcus Schlemmer, München: Aktuelles Therapiemanagement bei GIST – Ein Update vom ASCO und WCGIC 2009, Barcelona, 26. Juni 2009, veranstaltet von der Pfizer GmbH. 

 

 

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

Gastrointestinale Stromatumoren


Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) sind die häufigsten Sarkome des Gastrointestinaltrakts. Sie treten bevorzugt im Magen und Dünndarm auf und gehören mit einer geschätzten Prävalenz von 15 bis 20 Fällen auf 1.000.000 Betroffene zu den seltenen Tumoren. In Deutschland werden jährlich etwa 1500 bis 2000 Neuerkrankungen erfasst. Symptome sind abdominelle Schmerzen, Erbrechen, Blutungen im Magen-Darm-Trakt mit Bluterbrechen und blutigem Stuhl, Zunahme des Bauchumfangs, Abgeschlagenheit, Fieber, Anämie, Übelkeit, Obstipation und Schluckstörungen.
Gastrointestinale Tumoren exprimieren die Tyrosinkinase c-Kit. Aktivierende Mutationen des c-Kit-Gens in etwa 85% aller Fälle und des PDGFRA (Platelet Derived Growth Factor Receptor A)-Gens bei 3–5% bewirken eine konstitutive, von Wachstumsfaktoren unabhängige Aktivierung der Tyrosinkinase, die für Tumorgenese und Tumorwachstum verantwortlich ist. Am häufigsten sind c-Kit-Mutationen des Exons 11 (60% der Patienten), gefolgt von Mutationen des Exons 9 (10%). Die Bestimmung des Mutationsstatus ist obligat, da der Tumorgenotyp prognostisch bedeutsam ist und der Tumor je nach Mutation unterschiedlich auf die Therapie anspricht. Die Überexpression der Tyrosinkinase c-Kit und des PDGF-Rezeptors sind die Angriffspunkte für zielgerichtete Therapeutika.

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