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Arzneimittel und Therapie
Allopurinol ist Spitzenreiter
Im Rahmen einer multinationalen Fall-Kontroll-Studie zu schweren Arzneimittelreaktionen an der Haut (EuroSCAR- Projekt) wurden Daten von 379 Patienten ausgewertet, die zwischen 1997 und 2001 wegen eines Stevens-Johnson-Sydroms, einer toxisch-epidermalen Nekrolyse (früher medikamentöses Lyell-Syndrom) und Übergangsformen dieser schweren Hautreaktionen stationär behandelt werden mussten. Beteiligt waren Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Österreich und Israel. Dabei stellte sich heraus, dass Allopurinol das am häufigsten mit diesen Nebenwirkungen assoziierte Arzneimittel war (n = 66), gefolgt von Carbamazepin (n = 31), Cotrimoxazol (n = 24), Nevirapin (n = 21), Phenobarbital (n = 20), Phenytoin (n =19) und Lamotrigin (n = 14). Dabei zeigte sich eine Dosisabhängigkeit des Allopurinol-Risikos. Es war bei Einnahme von täglich mehr als 200 mg Allopurinol deutlich höher als bei niedrigeren Dosierungen. Zudem scheinen die schweren Reaktionen vor allem innerhalb der ersten acht Wochen nach erstmaliger Allopurinol-Einnahme aufzutreten. Patienten, die schon länger mit Allopurinol behandelt worden waren, hatten kein erhöhtes Risiko.
Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft verweist in diesem Zusammenhang auf 903 Verdachtsberichte zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen unter einer Allopurinoltherapie, die sich im deutschen Spontanmeldesystem befinden. 303 Berichte beziehen sich auf ein Stevens-Johnson-Syndrom oder eine toxisch epidermale Nekrolyse, in 93 Fällen führten die schweren Hautreaktionen zum Tod. Dabei handelt es sich nicht um Spontanmeldungen, sondern um Fallberichte aus der systematischen Erfassung des Dokumentationszentrums schwerer Hautreaktionen (dZh). Seit 1990 werden von ihm alle stationären Fälle eines Stevens-Johnson-Sydroms oder einer toxisch epidermalen Nekrolyse erfasst und an das BfArM weitergeleitet. Das Dokumentationszentrum schwerer Hautreaktionen war auch an dem EuroSCAR-Projekt beteiligt.
AllopurinolAllopurinol wird eingesetzt zur Dauerbehandlung der Gicht, unterstützend auch bei Harnsäurenephrolithiasis. Von den beobachteten Nebenwirkungen sind Hautreaktionen am häufigsten (ca. 4%); sie können zu jedem Zeitpunkt der Behandlung auftreten, und zwar mit Hautjucken, in makulopapulöser, manchmal schuppenartiger, manchmal Purpura-ähnlicher und selten exfoliativer Form. Beim Auftreten derartiger Reaktionen ist Allopurinol sofort abzusetzen. Nach dem Abklingen leichter Erscheinungen kann die Therapie wieder mit einer niedrigen Dosis (z.B. 50 mg/Tag) aufgenommen werden. Diese Dosis ist bei Bedarf allmählich zu erhöhen. Wenn der Hautausschlag wieder auftritt, sollte das Präparat ganz abgesetzt werden, da schwere generalisierte Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten können. Sie können mit Exfoliation, Fieber, Lymphadenopathie, Arthralgie und Eosinophilie — wie Stevens-Johnson- und Lyell-Syndrom — einhergehen. Solche Überempfindlichkeitsreaktionen treten selten auf (bei 1 bis 10 von 10.000 behandelten Patienten). |
Unkritischer Einsatz von Allopurinol?
In den Jahren von 1989 bis 1995 wurden schon einmal die Daten von hospitalisierten Patienten mit Stevens-Johnson-Syndrom und toxisch epidermaler Nekrolyse in der sogenannten SCAR- Studie untersucht. Damals lag die Allopurinolexposition der betroffenen Patienten um den Faktor 2 bis 3 unter der der EuroSCAR-Studie. Die Autoren vermuten daher, dass Allopurinol zunehmend unkritisch schon bei asymptomatischer Hyperurikämie eingesetzt wird. Hochgerechnet auf die gesamte europäische Bevölkerung von 376 Millionen Menschen würde dies zu etwa 100 zusätzlichen Fällen solch schwerer Hautreaktionen führen, von denen etwa 30 tödlich enden würden. Ein Blick in den Arzneiverordnungsreport scheint dies zu bestätigen. Die DDD lagen mit 330 Mio/Jahr 2007 um 38% über den DDD des Jahres 1997.
Quelle
Bekanntgabe der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft. Dtsch. Ärztebl 2009; 106 (36). 4. September 2009.
Fachinfo Allopurinol Stada Stand April 2009.
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