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Strategien für den Apothekenerfolg
Axel Pudimat, Vorsitzender des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, sieht die Apotheker vor der schwierigen Aufgabe, Heilberuf und Marktwirtschaft zu verbinden. Doch "die Zukunft wird pharmazeutisch entschieden", so Pudimat. Die geforderte pharmazeutische Qualität könnten die Apotheker selbst aufgrund der Fragen der Patienten am besten erkennen. Die Patienten hätten eher Ängste im Zusammenhang mit ihrer Medikation oder Fragen zum Beipackzettel als Fragen, wie sie in spitzfindigen Tests für die Medien gestellt würden. Zugleich appellierte Pudimat an die Apotheker: "Haben Sie Mut! Äußern Sie pharmazeutische Bedenken." Die Sonder-PZN für pharmazeutische Bedenken bei Rabattverträgen werde bisher nur sehr selten genutzt. Ziel der Apotheken sollte es stets sein, sich um die Patienten zu kümmern. Sie sollten "fachkompetent, freundlich, menschlich und nicht auffällig teuer" sein.
Weitere politische Unruhe
Dr. Frank Diener, Treuhand Hannover GmbH, berichtete über leichte Umsatzzuwächse der Apotheken im laufenden Jahr (siehe AZ Nr. 42, S. 8) und analysierte das wirtschaftliche Umfeld für die Apotheken. Das Thema Fremdbesitz sieht er durch das Luxemburger Urteil auf lange Zeit befriedet. Zum Versandhandel und zu Pick-up-Stellen erwartet er keine Aussagen in den Koalitionsvereinbarungen, dies werde sich später im politischen Tagesgeschäft ergeben. Die rechtliche Entwicklung bei Abgabeautomaten sei brisant, doch könnten bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung noch Jahre vergehen. Als langfristig problematisch betrachtet Diener die Regelung der jüngsten AMG-Novelle zur Honorierung von Spezialrezepturen. Dabei sollen die Einkaufskonditionen offengelegt und Vergünstigungen an die Krankenkassen abgeführt werden. Dies sei ein bisher einmaliges ordnungspolitisches Experiment. Wenn ein solcher Mechanismus erst einmal über Jahre erprobt worden sei, könne er irgendwann auf größere Teile der Arzneimittelversorgung übertragen werden. Dies sei der Hintergrund für die Neuregelung, meint Diener.
Auf die Rabattverträge müssten sich die Apotheker dauerhaft einstellen. "Wenn Sie den Rabattverträgen entgehen wollen, müssen Sie auswandern", so Diener. "Steigern Sie sich nicht in eine Wutposition gegen die Rabattverträge", riet er, stattdessen sollten die Apotheken ihren Patienten Lösungen anbieten. Darüber hinaus sei ein neues Spargesetz für das Gesundheitswesen zu erwarten. Die jüngsten Hochrechnungen des Schätzerkreises über eine Lücke von 7,5 Milliarden Euro im Gesundheitsfonds erstaunten Diener nicht, damit habe die Diskussion über ein Spargesetz begonnen. Offen sei nur die Frage, wann es dazu komme.
Magic moments suchen
Für die einzelne Apotheke sei aber stets entscheidend, wie sie mit den Rahmenbedingungen umgeht. "Vier Apotheken an einer Kreuzung entwickeln sich nie gleich", erklärte Diener. Jede Apotheke benötige eine betriebswirtschaftliche Diagnostik, sie müsse ihre "betriebswirtschaftlichen Blutwerte" bestimmen. Außerdem müssten Apotheker ihr jeweiliges Geschäftsmodell analysieren. Typischerweise würden Apotheker ihre Apotheke vom Back-office nach vorne zum Kunden durchdenken, sie müssten aber zusätzlich auch die Kundenperspektive betrachten. "Dienstleistung wird als Prozess erlebt", so Diener – und dieser Prozess habe in allen Apotheken die gleiche Grundstruktur. Besonderheiten in Details könnten den Kunden aber "magic moments" – "zauberhafte Augenblicke" – vermitteln, die sie nicht erwarten. Um für die jeweilige Apotheke passende "magic moments" zu finden, sollten Apotheker die Kreativität des Teams nutzen. Wenn eine einzelne Apotheke nicht das gewünschte Ertragspotenzial bietet, sei eine Filiale eine mögliche Option. Dann müsse der Apotheker ein Konzept für die Zusammenarbeit mit der Filiale entwickeln, er könne zwischen "Synchronschwimmen oder Kontrastprogramm" wählen. Stark unterschiedliche Konzepte zwischen Hauptapotheke und Filiale könnten aber unglaubwürdig wirken, wenn sich die Einzugsbereiche berühren.
Dynamischer Markt
Dr. Andreas Kaapke, Institut für Handelsforschung an der Universität Köln, beschrieb strategische Geschäftsmodelle für Apotheken. Er betonte, dass auch ohne Fremdbesitz zwischen den Apotheken intensiver Wettbewerb herrscht. Der Markt sei komplex und dynamisch, im Zusammenhang mit dem "Kooperations-Hype" hätten die Apotheken vielfach Marketingkonzepte in Anlehnung an den Einzelhandel eingeführt, so nehme der Wettbewerb weiter zu. Auch nach dem Luxemburger Urteil zum Fremdbesitz reiche es nicht aus, Heilberufler zu sein. "Wer ein Ladenlokal aufschließt und eine Kasse bedient, muss Kaufmann sein und Kaufmann sein wollen", so Kaapke. Doch steht der betriebswirtschaftliche Erfolg der Apotheke unter dem Druck immer wieder neuer Kostendämpfungsgesetze, außerdem gehen die Apotheken im Vergleich zu ihrem Ertrag ein enormes Warenrisiko ein, erklärte Kaapke.
Für die strategische Entwicklung empfiehlt Kaapke in erster Linie die Marktdurchdringung, beispielsweise durch Erlebnisorientierung im Sinne der "magic moments". Außerdem hätten Apotheken viele Möglichkeiten zur Angebotsentwicklung. Insbesondere könnten ohnehin verpflichtende Leistungen wie die Rezeptur geschickt inszeniert und herausgestellt werden. Die Grundlage bleibe aber, nichts falsch zu machen. So sollten Stammkunden stets mit der gleichen Aufmerksamkeit wie Neukunden bedient werden.
Problemfelder Großhandel und Personal
Als Problem betrachtet Kaapke die wirtschaftliche Entwicklung des pharmazeutischen Großhandels. Dieser erziele nur eine Nettorendite von knapp über null. Doch das Luxemburger Urteil sei auch ein Signal für den Großhandel, es stärke die ganze Versorgungsstruktur. "Apotheke und Großhandel sind eine Schicksalsgemeinschaft. Ohne Großhandel gibt es keine Flächendeckung", so Kaapke. Wenn sich anstelle des bisherigen Großhandels ein Monopolist entwickle, hätten auch die Apotheken ein Problem. Darum sollten die Apotheker an einer angemessenen Honorierung des Großhandels interessiert sein. Dazu gehöre ein Fixhonorar, erklärte Kaapke mit Blick auf die jüngst gescheiterten Änderungspläne.
Ein weiteres Problem sei ein Trend zu eher sinkenden Personalkosten. "Am Personal gespart, bedeutet am ureigenen Wettbewerbsvorteil gespart", folgerte Kaapke. "Wer kein Profil hat, hat keine Chance", erklärte Kaapke mit Blick auf Erfahrungen aus anderen Branchen. Doch das Profil der Apotheken ergibt sich aus den dort tätigen Menschen, womit die herausragende Bedeutung des Personals deutlich wird. Dies habe das Institut für Handelsforschung kürzlich in einer Studie gezeigt. Demnach sind die Freundlichkeit der Mitarbeiter und die Kompetenz der Beratung die beiden weitaus wichtigsten Kriterien für die Wahl einer Apotheke – für alle Altersgruppen, Frauen und Männer, Stammkunden und gelegentliche Kunden. "Eigentlich müssten die Personalkosten steigen, denn das Personal ist der Veredlungsfaktor für die Apotheke", so Kaapke.
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