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- DAZ 45/2009
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Aus Kammern und Verbänden
Von der Berufspolitik zur Kultur
"Wir haben uns seit den 90er Jahren zur Aufgabe gemacht, Ziele im Gesundheitswesen zu definieren, Entwicklungen vorherzusehen und soweit als möglich positiv in die Politik einzuführen", erklärte Dr. Jörn Graue, Vorstandsvorsitzender des Quedlinburger Kreises, zu den Zielen der Organisation. Die derzeitige Lage beschrieb er so: "Das Volk hat gesprochen, die Regierung hat sich konstituiert, das Programm ist bekannt, die Gesundheitspolitik in eine Regierungskommission vertagt. Im nächsten Jahr geschieht gar nichts."
In dem Programm sei das verkündet worden, was gefällt. Das Gemeinwohl werde betont, doch gehe es vielfach letztlich um die Interessen der Handelnden. Dabei sei das alte Sprichwort zu bedenken: "In Gefahr und großer Not bringt der Mittelweg den Tod", so Graue.
QMS mit Nebenwirkungen
Prof. Dr. Hilko Meyer, Fachhochschule Frankfurt am Main, gab eine Übersicht über mögliche Probleme beim Einsatz von Qualitätsmanagementsystemen (QMS). Als zentrales Instrument des Qualitätsmanagements (QM) beschrieb er Regelkreise, wie sie auch in der Technik üblich sind. Sie seien auch ein hilfreiches organisatorisches Mittel für das Management, aber es würden mitunter Zweck und Mittel verwechselt. Es sei nicht möglich, Qualität in ein System hineinzuprüfen. Formalismen und der Zwang zur Betrachtung messbarer Größen könnten dagegen sogar von den wirklichen Problemen ablenken. Als abschreckendes Beispiel nannte Meyer das Bachelor-Master-System. Die Evaluierung der Lehrveranstaltungen und die Akkreditierung der Studiengänge hätten an den Hochschulen zu parallelen Strukturen neben der bisherigen Hochschulaufsicht geführt. Die Bürokratie sei nicht abgebaut, sondern verdoppelt worden. So bestehe die Gefahr, dass sich ein QMS verselbstständigt und der Zweck des Verfahrens nicht mehr zu erkennen sei. Das Siegel selbst werde zum Ziel. Allerdings räumte Meyer ein, dass die Verantwortlichen im Zuge dieses Verfahrens an den Hochschulen ihre alten Vorgehensweisen hinterfragt hätten.
In das Gesundheitswesen sei das QM eingeführt worden, um trotz der Kostensenkung für die nötige Qualität zu sorgen. Außerdem wird es bei Medizinprodukten als Ersatz für ein behördliches Zulassungsverfahren genutzt. Für Arzneimittelhersteller und Pharmagroßhandel ist ein QMS vorgeschrieben, aber keine Zertifizierung. Für Apotheken existieren solche Vorschriften noch nicht. Auch im Zusammenhang mit der Hilfsmittelbelieferung konnte Meyer keine gesetzliche Handhabe finden, die ein QMS für Apotheken vorschreibt. Doch berichteten Vertreter der Apothekerverbände, dass einzelne Krankenkassen bei Vertragsverhandlungen ein QMS als Voraussetzung für die Liefererlaubnis bei einigen Hilfsmitteln verlangen. Da andere Hilfsmittelanbieter solche Verträge akzeptieren, müssten dies nun auch die Apothekerverbände tun. Kritiker beklagten, es sei ein Exzess, wegen nur eines Prozesses ein komplettes QMS einzuführen.
Hilfreich oder nicht?
Möglicherweise ist dies aber nur ein kleiner Anfang. Denn in der Diskussion wurde erneut angedeutet, dass ein QMS künftig auch in der Apothekenbetriebsordnung vorgeschrieben werden könnte. Für Hausärzte gibt es bereits solche Regeln. Vor diesem Hintergrund empfahl Dr. Thomas Müller-Bohn, Süsel, einen offensiven Umgang mit dem Thema QMS. Die Apotheker sollten ihr apothekenspezifisches QMS nutzen und auf angemessene Regelungen achten. Ein QMS sei mehr als die Qualitätssicherung durch die Apothekenbetriebsordnung und könne zu einer inhaltlichen Qualitätsverbesserung führen. Zudem sei es ein zeitgemäßes Instrument, um die eigene Qualität glaubhaft zu machen. Kritiker beklagten jedoch in der Diskussion, die Leitlinien der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung seien zu umfangreich und praxisfern.
Quedlinburger KreisDer Quedlinburger Kreis wurde vor 15 Jahren gegründet, um Vorschläge und Konzepte für die Weiterentwicklung des Sozialsystems, insbesondere des Gesundheitssystems in Deutschland zu erarbeiten. Die Mitglieder des Quedlinburger Kreises stammen überwiegend aus den Vorständen nord- und westdeutscher Apothekerverbände. Über die (berufs-) politische Thematik hinaus engagiert sich der Quedlinburger Kreis in der Förderung kultureller Projekte. |
Kultureller Auftrag
Als kulturelles Gegengewicht zum berufspolitischen Teil der Veranstaltung berichtete Dr. Jörn Graue, der auch Archäologe ist, über eine Episode der Regionalgeschichte des Harzgaus im frühen 14. Jahrhundert. Damals wurde die Region um Quedlinburg von den Regensteiner Grafen beherrscht. Graf Albrecht II. gilt bis heute als zentrale Figur der Quedlinburger Stadtgeschichte. Eine Legende beschreibt ihn als machthungrigen Herrscher, der die Bürger um die Früchte ihrer Arbeit brachte. Er soll nach seiner Gefangennahme durch die Bürger in einem hölzernen Kasten, der noch heute ausgestellt wird, gefangen gehalten worden und erst nach Zahlung eines hohen Lösegeldes freigekommen sein.
Diese Sage vom Raubgrafen wurde im 19. Jahrhundert zur Grundlage mehrerer Romane. Doch die historischen Fakten sprechen nach Einschätzung von Graue eher dafür, dass der Graf nur für die Durchsetzung seiner Rechte gekämpft hatte. Er fiel dann in Ungnade, weil er vom rivalisierenden Bischof von Halberstadt diffamiert wurde. Im Zuge dieser Auseinandersetzung wurde die damals zum Schutz Quedlinburgs dienende Guntekenburg zerstört und geschleift.
Bis heute fehlen die Spuren dieser Burg. Wahrscheinlich war es eine Wasserburg, die Graue in der Nähe einer ehemaligen Wassermühle am Fuß des Quedlinburger Schlossberges vermutet. Der Quedlinburger Kreis wird nun im Rahmen seines kulturellen Auftrages die Suche nach den Resten dieser Burg mithilfe der geomagnetischen Prospektion finanzieren. tmb
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