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Verfassungsgericht schränkt Advents-Shopping ein

Das Bundesverfassungsgericht hat die Freigabe zum vorweihnachtlichen Einkauf an vier Adventssonntagen in Berlin für nicht verfassungsgemäß angesehen. Dabei haben die Richter nicht nur die Religionsfreiheit im Blick gehabt, sondern auch den Schutz der Familie und des sozialen Lebens sowie von Gesundheit und Erholung.

Berlin war das einzige Bundesland, das die Ladenöffnungszeiten in der Adventszeit an allen vier Sonntagen von 13 bis 20 Uhr freigegeben hatte. Das lässt sich mit der gesetzlichen Garantie der Sonn- und Feiertagsruhe nicht vereinbaren, urteilten die Verfassungsrichter. Der Kaufbedarf der Kunden könne auch an den Werktagen gedeckt werden. Die Freigabe an einzelnen (Advents-)Sonntagen bleibt aber möglich. Für 2009 darf auch die bisherige Regelung in Berlin bestehen bleiben, da sich die Geschäfte und Beschäftigten darauf eingestellt hätten.

Geklagt hatten die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg und das katholische Erzbistum Berlin. Das Echo in den Medien auf die Entscheidung war überwiegend positiv. Selbst die Vertreter des Einzelhandels reagierten relativ gelassen. (sjo)

Aus der Urteilsbegründung

Die Sonn- und Feiertagsgarantie fördert und schützt (…) nicht nur die Ausübung der Religionsfreiheit. Die Gewährleistung der Arbeitsruhe sichert eine wesentliche Grundlage für die Rekreationsmöglichkeiten des Menschen und zugleich für ein soziales Zusammenleben und ist damit auch Garant für die Wahrnehmung von anderen Grundrechten, die der Persönlichkeitsentfaltung dienen. Die Sonn- und Feiertagsgarantie kommt etwa dem Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) ebenso zugute wie der Erholung und Erhaltung der Gesundheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG). Ihre Bedeutung resultiert wesentlich auch aus dem zeitlichen Gleichklang der Arbeitsruhe.

Die (…) vorgesehene Möglichkeit der Ladenöffnung an allen vier Adventssonntagen ist mit den Schutzpflichtanforderungen aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 139 WRV nicht mehr in Einklang zu bringen. Das gesetzliche Schutzkonzept für die Gewährleistung der Sonn- und Feiertagsruhe muss diese Tage erkennbar als solche der Arbeitsruhe zur Regel erheben; die Ausnahme davon bedarf eines dem Sonntagsschutz gerecht werdenden Sachgrundes. Bloße wirtschaftliche Interessen von Verkaufsstelleninhabern und alltägliche Erwerbsinteressen der Käufer für die Ladenöffnung genügen dafür grundsätzlich nicht. Zudem müssen bei einer flächendeckenden und den gesamten Einzelhandel erfassenden Freigabe der Ladenöffnung rechtfertigende Gründe von besonderem Gewicht vorliegen, wenn mehrere Sonn- und Feiertage in Folge über jeweils viele Stunden hin freigegeben werden sollen.

(1 BvR 2857/07 und 1 BvR 2858/07)

Kommentar: Sonntagsruhe geht vor – wirtschaftliche Interessen nachrangig


Ein fester und allgemeinverbindlicher Ruhetag pro Woche ist eine große gesellschaftliche Errungenschaft. Die weitgehende Synchronisation von Arbeit (und Schule bzw. Ausbildung) einerseits und sonntäglicher Auszeit andererseits hat sich über lange Zeit bewährt. Auch wenn sie heute von immer weniger Menschen zum Gottesdienstbesuch genutzt wird, hat die Sonntagsruhe eine wichtige Schutz- und Erholungsfunktion für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen. Je selbstverständlicher die Ladenöffnung außerhalb der Tageskernzeiten wird, desto mehr leidet das Sozialleben – und desto schwieriger wird es, einen angemessenen Ausgleich für diese besondere Belastung durchzusetzen.

Aus Sicht von ADEXA ist die Entscheidung der Bundesverfassungsrichter klug, weil sie der Gesellschaft einen sinnvollen Lebensrhythmus erhält.

Tanja Kratt, ADEXA, Zweite Vorsitzende

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