Gesundheitspolitik

Arzneiversandhandel in Polen wächst

Internet-Verkauf und Großketten belasten Selbstständige

WARSCHAU (sbr). Die Apotheken in Polen machen derzeit spürbare Veränderungen durch. Ein Grund: Die polnischen Patienten kaufen ihre Arzneien verstärkt über das Internet. 2010 werde sich diese Vertriebsform von allen am dynamischsten entwickeln, erwarten die Manager von einheimischen Pharmaherstellern. Das geht aus einer Umfrage hervor, die die Tageszeitung "Dziennik Gazeta Prawna” veröffentlicht hat.

Doch nicht nur 2010, sondern auch in den Folgejahren werde der Internetverkauf steigen, zitiert das Blatt den Sprecher eines Arzneimittelherstellers. Derzeit gibt es in Polen etwa 100 Internetapotheken. Insgesamt agieren rund 13.000 Apotheken am Markt.

Selbstständige Apotheken oft verschuldet

Wie sehr die Internet-Apotheken an Bedeutung gewinnen, zeigt sich auch an der rückläufigen Gesamtzahl. "Rund 200 Apotheken haben in den vergangenen Monaten ihren Betrieb eingestellt”, sagte Piotr Kula. Der Fachmann ist Präsident des privaten Marktforschungsinstituts "Pharma Expert" in Warschau, das sich auf den Arzneimittelmarkt spezialisiert hat. Und das sei noch nicht das Ende der Fahnenstange, so die Erwartungen anderer Marktexperten. Viele kleinere selbstständige Apotheken sind verschuldet. Das Institut spricht von 30 bis 40 Prozent, die von Verbindlichkeiten belastet werden. Und der Schuldenturm vieler Selbstständiger soll sich noch weiter vergrößern – so die düsteren Prognosen.

Allerdings: Auch wenn es den Kleineren schlecht geht, wächst der Gesamtmarkt weiter. Und davon profitieren nicht nur die Internethändler, sondern gerade die Apothekenketten, die in Polen zugelassen sind. Die fünf größten Apothekenketten kontrollieren rund 75 Prozent aller Umsätze der Branche.

Polen hat sich als Volkswirtschaft seit dem EU-Beitritt mit einem moderaten jährlichen Wirtschaftswachstum solide entwickelt. Außerdem ist es das einzige Land innerhalb der EU, das im Jahr 2009, das viele Ökonomen als schwierig ansahen, nicht mit einem gesamtwirtschaftlichen Rückgang rechnen musste.

Wachsender Markt

Der Pharmamarkt mit seinen 38 Millionen Konsumenten verfügt über einen aktuellen Wert von 25 Mrd. Zloty (6 Mrd. Euro) und ist einer der größten in der EU. Zum Vergleich: Die Gesamtumsätze der deutschen Apotheken betragen rund 38 Mrd. Euro.

Die polnischen Patienten haben weiter steigende Einkommen, um sich Medikamente und Gesundheitsdienstleistungen leisten zu können. Darüber hinaus greifen die Polen schneller zu Arzneien als Patienten in westlichen Ländern, die verstärkt auf eine gesunde Lebensweise, viel Bewegung und Vorbeugung vor Krankheiten setzen. Hier herrscht hingegen eher die Auffassung vor, dass die Hauptverantwortung für die Behandlung beim Arzt oder beim Apotheker mit seinen Medikamenten liegt.

Viele Polen sind allerdings sehr kostenbewusst – ein Überbleibsel aus der kommunistischen Zeit, die von Mangel geprägt war. Sie sind deswegen grundsätzlich dem Einkauf übers Internet sehr zugeneigt. Und das zeigt sich gerade an der steigenden Bedeutung dieser Vertriebsform – auch wenn sie noch gering ist. Die Selbstständigen in Polen werden sich etwas einfallen lassen müssen.

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