Gesundheitspolitik

Auch private Kassen wollen auf die Kostenbremse treten

Steigende Kosten für ärztliche Behandlung und Arzneimittel

Berlin (lk). Bisher waren Ausgabenexplosionen und Kostendämpfung bei den privaten Krankenkassen so gut wie kein Thema. Im Gegenteil: Privatversicherer warben damit, dass ihre Kunden ohne Rücksicht auf die Kosten stets modernste Medizin erhalten. Nun will auch der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) massiv auf die Kostenbremse treten. Die Ausgaben für die ärztliche Versorgung und für Arzneimittel steigen seit Jahren überdurchschnittlich und deutlich stärker als in der GVK: "Der Kostenanstieg der letzten Jahre kann sich dauerhaft so nicht ausweiten," sagte PKV-Direktor Dr. Volker Leienbach am 4. März in Berlin. Für die privaten Krankenkassen forderte er größeren Verhandlungsspielraum über Arzthonorare und Arzneimittelpreise.

"Seit Jahren steigen die Ausgaben für ambulante ärztliche Versorgung stärker als in der GVK", beklagte Leienbach und stellte die provokante Frage: "Wo ist der Mehrwert dafür?" Für die zu beobachtende Mengenausweitung gebe es "keine medizinische Begründung". Der PKV hege den "Verdacht, bei Privatpatienten geben sich die Ärzte besonders viel Mühe". Laut Leienbach sind die PKV-Ausgaben für ärztliche Leistungen gut fünfmal schneller gestiegen als die Zahl der Privatpatienten: seit 1986 um 310%, während die PKV im selben Zeitraum ihre Versichertenzahl nur um 45% steigern konnte. Die Ausgaben für ärztliche Leistungen bilden den größten Kostenblock im PKV-Etat. Mit rund einem Drittel an den Gesamtausgaben wenden gesetzliche Krankenkassen hingegen am meisten für die Krankenhausbehandlungen auf.

Als weiteres Negativbeispiel führte der PKV-Direktor die Ausgaben für Labormedizin an, die für Privatpatienten die GKV-Ausgaben um das 4,5-Fache überstiegen. Leienbach: "Kein Mensch kann erklären, warum das so viel ist, jedenfalls nicht medizinisch." Die PKV wolle keine Preisdrückerei, aber man werde über Mengen und Preise der Leistungen für die PKV-Versicherten reden müssen. Konkret forderte Leienbach eine Öffnungsklausel für die ärztliche Gebührenordnung. Ähnlich wie in der GKV fordert die PKV auch die Möglichkeit für Verhandlungen mit der pharmazeutischen Industrie über die Arzneimittelpreise.

Im PKV-Basistarif gab es bereits erste Einschnitte: Mitte Februar hatten sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der PKV-Verband darauf verständigt, die Gebührensätze für ärztliche Behandlung vom 1,38- bis 1,8-Fachen der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) auf das 0,9- bis 1,2-Fache zu senken.

Die PKV stehe weiterhin für leistungsgerechte Bezahlung, sagte Leienbach. Als Modell dafür sieht er die jetzt mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns geschlossene Vereinbarung über Qualitätssicherung in der ambulanten ärztlichen Versorgung Bayerns. 5000 von der KV Bayern mit einem Gütesiegel zertifizierte niedergelassene Ärzte bieten ab 1. April in einem sogenannten "Premium-Programm" Privatversicherten besonders hochwertige medizinische Versorgung an, die über dem GKV-Standard liegen soll. "Für die Privatversicherten in Bayern ist das ein Riesenschritt hin zu mehr Versorgungsqualität", sagte Leienbach. Zum Premium-Programm gehört folgender Extra-Service: Terminvergabe innerhalb von drei Tagen, Sprechstunden am Abend und samstags, Wartezeiten unter 20 Minuten, telefonische Erreichbarkeit der Ärzte auch außerhalb der Sprechstunden sowie zusätzliches Informationsmaterial für die Patienten. Die 5000 am Programm teilnehmenden Ärzte haben sich gegenüber der KV Bayern verpflichtet, regelmäßig an Fortbildungen teilzunehmen, die medizinischen Geräte auf modernstem Stand zu halten und ihre medizinische Qualität überprüfen zu lassen.

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