- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 11/2010
- Pharma-Aktien im Visier
Wirtschaft
Pharma-Aktien im Visier
Evotec (D)
WKN 566480, Xetra-Handel
Die Hamburger Evotec AG zählt zu den führenden Dienstleistungsanbietern auf dem Gebiet der Wirkstoffforschung und -entwicklung. Gegenstand des Unternehmens ist es, allein oder mit Partnerunternehmen schwer behandelbare Krankheiten zu erforschen und neue Therapieansätze zu entwickeln. Zu den Tätigkeitsfeldern zählen unter anderem Rheuma, Alzheimer, Schlafstörung und Depression. Mehr als 120 Kunden nehmen die Dienste des Forschungsunternehmens in Anspruch. Darunter weltweit führende Pharmagrößen wie Roche, Pfizer, Novartis und Boehringer Ingelheim.
Gemütlich geht anders. Im März 2009 gingen die Evotec Anteile noch mit rund 50 Cent an der Börse um. Nur acht Monate später erreichte der Wert 2,54 Euro – Höchststand. Dabei hatte die Euphorie gute Gründe. Die Partnerschaft mit dem japanischen Pharmaunternehmen Ono wurde von der Börse als Meilenstein gefeiert. Im Februar folgte dann eine weitere, bedeutende Wirkstoffallianz: Mit der Vifor-Pharma, eine Sparte des Schweizer Pharmakonzerns Galenica, soll ein präklinischer Wirkstoff zur Behandlung von Blutarmut entwickelt werden. Weltweit leiden 700 Millionen Menschen an Anämie.
Ende Februar wurde auch der seit Juli 2009 bestehende Forschungsauftrag mit der US-Gesellschaft Cubist Pharmaceuticals erweitert.
Da es erfahrungsgemäß mehrere Jahre dauert, bis ein vermarktbares Präparat zur Verfügung steht, sieht das Geschäftsmodell von Evotec vor, vom jeweiligen Geschäftspartner laufende Zahlungen zu erhalten, die an bestimmte Forschungsfortschritte gekoppelt sind. Die Zeit scheint für Evotec günstig zu sein. Experten erwarten ähnliche Geschäftsabschlüsse, da die Auslagerung der Medikamentenforschung im Trend liegt. Nach einem derartigen Kurssprung sonnt sich das Unternehmen natürlich in der gesteigerten Aufmerksamkeit der Investoren. Seit Anfang Oktober bewegt sich die Aktie in einem Kanal zwischen ca. 1,90 und 2,40 Euro seitwärts. Die LB Baden-Württemberg stufte erst jüngst die Aktie unverändert mit "Kaufen" ein und bestätigte dabei das Kursziel von 2,40 Euro. Aktuell wird die Aktie mit
2,09 Euro gehandelt.
Vertex Pharmaceuticals (USA)
WKN 882807, Börse Stuttgart
Das 1989 gegründete Biotech-Unternehmen aus den USA konzentriert sich hauptsächlich auf den Bereich der Forschung gegen Infektions- und entzündliche Krankheiten. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Medikamentenforschung gegen Gelenkrheumatismus, Hepatitis C und Krebs. Vertex arbeitet eng mit GlaxoSmithKline zusammen.
Bei Vertex wird es spannend. Noch im ersten Halbjahr dieses Jahres werden die Daten aus der entscheidenden Phase III mit dem Hepatitis C-Mittel Telaprevir erwartet. Das Medikament könnte dann 2011 den Markteintritt schaffen und Experten bescheinigen der Aktie in diesem Falle signifikantes Potenzial. Mit Telaprevir kann die Behandlungsdauer für Patienten von aktuell 48 auf 24 Wochen gesenkt werden bei gleichzeitig höheren Heilungsraten als die bisherige Standard-Kombitherapie aus Interferon und Ribavirin. Große Hoffnungen mit entsprechend ambitionierten Kurszielen. Sal.Oppenheim setzt den Wert auf "Outperform" mit Kursziel 47 Dollar. Barclays Capital sieht die Aktie bei 48 Dollar. Morgan Stanley empfiehlt die Anteilsscheine mit Ziel 50 Dollar. Derzeit notiert die Aktie bei 42,08 USD bzw. 30,78 Euro.
Merck KGaA (D)
WKN 659990, Börse Frankfurt
Beim Pharma- und Chemieunternehmen Merck KGaA steuert die Pharmasparte Merck Serono rund 60 Prozent zum Gesamterlös bei. Zu den wichtigen Produkten im Pharmabereich zählen Rebif (Multiple Sklerose) und Erbitux (Krebserkrankungen). Daneben liefert der Chemiezweig Flüssigkristalle für Displays und Effektpigmente für Industrie und Kosmetik. Der Konzernumsatz belief sich 2009 auf knapp 7,75 Milliarden Euro.
Der Quartalsbericht der Merck KGaA löste zunächst alles andere als Begeisterung aus. Im abgelaufenen Geschäftsjahr brach das Ergebnis um 43 Prozent ein, die Dividende wird gekürzt. Dabei erlitt der Pharmabereich einige Rückschläge. Die europäische Zulassungsbehörde EMEA hatte sich gegen die Zulassung von Erbitux ausgesprochen und in den USA wurde der Zulassungsantrag für Cladribin zurückgewiesen. Der Kurs stürzte daraufhin von 65 auf 57 Euro ab. Das Unternehmen will die Abhängigkeit vom Pharmageschäft reduzieren und neben der Flüssigkristallsparte ein drittes Standbein aufbauen. Mit dem geplanten Erwerb von Millipore, einem Dienstleistungsunternehmen für Pharma- und Biotechfirmen, will man einen Schritt aus der Pharma-Lastigkeit wagen. Millipore gilt als hochprofitabel, kostet aber umgerechnet 5,3 Milliarden Euro – das 4,1-Fache des Millipore-Umsatzes. Zu viel, wie einige Analysten meinen. Denn im Branchendurchschnitt wird nur das 1,6-Fache vom Umsatz bezahlt. Weiterer Kritikpunkt: Eigentlich wollte Merck mit dem Zukauf ein Gegengewicht zur Pharmasparte aufbauen. Millipore gilt jedoch tendenziell als Biotech-Unternehmen. Nichtsdestoweniger bezeichnet Merck-Chef Kley den Kauf als "Quantensprung" für den Konzern. Die Financial Times Deutschland verweist unterdessen darauf, dass noch genügend Geld für weitere Übernahmen vorhanden sei, rechnet man die bislang unangetastete Kreditlinie von 2 Milliarden Euro von insgesamt 17 Banken hinzu. So fällt auch das Echo auf den Millipore-Erwerb überwiegend positiv aus, obwohl Standard & Poors die Bonitätsstufe für Merck kurz nach Ankündigung der Übernahme herabgestuft hat. Die WestLB belässt den Wert auf "Zukaufen" mit Kursziel 66 Euro. Die Experten rechnen damit, das sich die Aktie im Vergleich zum Index um 10 bis 20 Prozent besser entwickeln wird. Aktuell liegt Merck bei 60,96 Euro.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.