Gesundheitspolitik

Boni adé?

Dr. Christian Rotta

Knapp ein Jahr nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum apothekenrechtlichen Fremdbesitzverbot hat der Bundesgerichtshof am 15. April über Rechtsfragen verhandelt, deren Bedeutung für die öffentlichen Apotheken in Deutschland kaum überschätzt werden kann. Von den BGH-Entscheidungen hängt viel ab. Damit meine ich nicht das Fortbestehen von skurrilen, irgendwie auch unwürdigen Taler-gegen-Ölwechsel-Aktionen oder den Prosecco-Ausschank für den Kauf von Rx-Arzneimitteln. Darauf können wir gerne verzichten.

Nein, die Karlsruher Verfahren haben deshalb eine so große Bedeutung, weil sie dem BGH die Möglichkeit verschaffen festzustellen, dass die deutsche Arzneimittelpreisverordnung auch für ausländische Versandapotheken gilt, die ihre Arzneimittel nach Deutschland liefern. Die Chancen für eine solche höchstrichterliche Feststellung stehen, diese Einschätzung sei nach der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe gewagt, so schlecht nicht. Die rechtlichen Gründe, die für eine Anwendbarkeit der Arzneimittelpreisverordnung sprechen, sind in hohem Maße plausibel. Hierfür haben zuletzt die Oberlandesgerichte in Hamburg und Stuttgart weitere überzeugende Nachweise erbracht. Der Anmerkung des BGH-Senatsvorsitzenden in der mündlichen Verhandlung, dass die gegenteilige Auffassung des Bundessozialgerichts "nicht so ohne Weiteres nachvollziehbar" sei, ist deutlich und lässt hoffen. Auch der Gesetzgeber hat bei der Einführung des Versandhandels in seiner Amtlichen Begründung ausdrücklich festgehalten, dass damit ein fairer Wettbewerb einher gehen müsse. Die Arzneimittelpreisverordnung enthält eben gerade keine Ausnahmevorschriften für den grenzüberschreitenden Arzneimittelhandel – im Gegensatz zum Beispiel zum Buchpreisbindungsgesetz, das für entsprechende Buchverkäufe die Preisbindung aufhebt. Das "beredte Schweigen" des Gesetzgebers im Arzneimittelrecht erfolgte durchaus mit Sinn und Verstand.

Ob der BGH der Arzneimittelpreisverordnung jetzt endlich auch beim grenzüberschreitenden Arzneimittelversand zur konsequenten Anwendung verhilft? Und ob er damit – Boni adé – bei Rx-Arzneimitteln dem Pick up-Spuk à la Schlecker, dm & Co. die wettbewerbsverzerrende Geschäftsgrundlage entzieht?

Es ist noch ein langer Weg.

Aber es lohnt sich, ihn zu gehen.


Christian Rotta

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