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Management
Strategische Ladengestaltung kann Umsatz steigern
Lust auf mehr
Noch besser ist es, wenn der Kunde sofort beim Betreten der Apotheke sein Tempo verringert, sich umsieht, Produkte aus dem Display oder Regal in die Hand nimmt und sie intensiv begutachtet. Denn je länger die Verweildauer eines Kunden, umso größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass er mehr kauft als ursprünglich beabsichtigt. Möglicherweise wird er auf neue, für ihn interessante Produkte aufmerksam, die seine Kauflust und seinen Besitzwunsch wecken.
Dass sich ein Kunde in Ruhe umsehen kann, sollte bei der Ladengestaltung unbedingt berücksichtigt werden. Ausreichend Platz und Bewegungsspielraum muss vorhanden sein – denn Enge ist unangenehm und bewirkt, dass sich die Verweildauer verkürzt. Zudem benötigt der Kunde genügend Platz, um auch mal ein paar Schritte zurückzutreten und sich den nötigen Überblick über das Angebot zu verschaffen. Dies gilt besonders dann, wenn die Regale oder Displays so bestückt sind, dass sich einige Produkte relativ weit unten befinden: So muss sich der Kunde bücken, um sie zu sehen und herauszunehmen. Zudem sollten Apothekenmitarbeiter, wenn sie bemerken, dass sich Kunden für bestimmte Produkte interessieren, die Möglichkeit haben, an sie ungehindert heranzutreten.
Weniger ist mehr
Deshalb sollten Apothekenleiter im Zweifelsfall lieber ihre Präsentation im Freiwahlbereich reduzieren – aber natürlich nach strategischen Gesichtspunkten: Produkte, die der Kunde ohnehin nachfragen wird, sofern er sie benötigt, lassen sich auch in schlechter zugänglichen Bereichen unterbringen. Dagegen sollten Neuheiten, Aktionsware und Produkte aus dem Zusatzsortiment, vor allem hochpreisige Kosmetik-Produkte, Nahrungsergänzungsmittel, Hygiene-Artikel, Wellness-Produkte etc., besonders herausgestellt werden.
Zudem müssen Barrieren vermieden werden, vor allem im Eingangsbereich: Der Kunde sollte sofort freien Blickkontakt mit den Apothekenmitarbeitern hinter dem HV-Tisch aufnehmen können. Bei sehr kleinen Apotheken mit begrenzten Räumlichkeiten empfiehlt es sich, auf Wandregale auszuweichen und Aktionsware vorrangig im Schaufenster zu bewerben. Zudem kann das Schaufenster übergangslos in die Ladengestaltung mit einbezogen werden, wenn auf Rückwände verzichtet wird. Eine andere Möglichkeit ist es, Displays und niedrige Schaufenster-Rückwände "Rücken an Rücken" zu stellen. So wird eine zusätzliche Präsentationsfläche gewonnen.
Wege vorgeben
Mithilfe einer strategischen Ladengestaltung kann im Freiwahlbereich sogar der Weg des Kunden vorgezeichnet werden, damit er auf den gesamten Sortimentsbereich der Apotheke aufmerksam wird. Sofern es die Raumverhältnisse zulassen, können auch "Shop-in-Shop"-Bereiche entstehen, also kleine Inseln, in denen bestimmte Produktgruppen zusammengefasst werden.
Anziehungspunkte schaffen zudem Produkte, die besonders herausgehoben und in Szene gesetzt werden. Beispielsweise, indem sie auf einem "Podest" (etwa einem Beistelltisch) aufgestellt werden, damit sie besonders ins Auge fallen. Entscheidend ist hier die Sichthöhe und eventuell auch die Beleuchtung: So zieht das Produkthighlight schon beim Eintreten die Blicke des Kunden auf sich. Entsprechend können neben Einzelprodukten natürlich auch ganze Produktfamilien präsentiert werden. Im regelmäßigen Wechsel (zwei bis maximal vier Wochen) können so immer wieder Produkte besonders herausgestellt werden.
Aus Kundensicht
Bei der (Neu-)Gestaltung von Verkaufsräumen und Apotheken besteht oft die Gefahr, sich am eigenen Geschmack zu orientieren oder sich vom Innenarchitekten zu einer Lösung "überreden" zu lassen. Ob sie wirklich die beste war, zeigt sich meist sehr schnell: Wenn sich etwa herausstellt, dass die Raumeinteilung völlig unpraktisch ist, sich Mitarbeiter oder Kunden behindert und unwohl fühlen etc. Schon ein Bodenbelag, der spiegelt oder ein zu hohes Regal können die Ursache dafür sein. Deshalb ist es hilfreich, bei einer Umgestaltung immer erst die Anforderungen zu definieren (z. B. freie Sicht beim Eintreten, genügend Platz zwischen den Regalen etc.) und in die Kundenrolle zu schlüpfen. Auch der Besuch anderer Apotheken und Einzelhandelsgeschäfte kann hilfreich sein.
Ganz wichtig sind ergonomische Gesichtspunkte: Kann sich der Kunde gut orientieren? Hat er eine ausreichende Übersicht über das Gesamtangebot? Erreicht er alle Regalhöhen? Sind alle Bereiche ausreichend beleuchtet beziehungsweise reicht das Tageslicht aus? Und nicht zuletzt muss eine Apotheke natürlich behindertengerecht sein: Auch Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Personen sollten sich frei und ungehindert bewegen können.
Produkte richtig platzieren
In jedem Geschäft und Verkaufsraum – so auch in Apotheken – gibt es verkaufsaktive und verkaufsnegative Ladenzonen. Verkaufsaktive Zonen sind beispielsweise rechte Wände und Gangbegrenzungen (bei größeren Ladenlokalen). Die verkaufsnegativen Ladenzonen sind linke Wände, der Eingangsbereich, Ecken und dunkle Zonen.
Entsprechend werden die Produkte platziert: Was ohnehin stark nachgefragt wird, braucht nicht noch als besonderer Blickfang präsentiert zu werden. Schlechter gehende Produkte – beziehungsweise solche, die Kunden noch nicht kennen oder nicht in der Apotheke vermuten – kommen in die verkaufsaktive Zone. Wird die Apotheke umgestaltet, sollten die Mitarbeiter treuen Stammkunden entsprechende Hinweise geben: Meist genügt es schon, sie einmal darauf aufmerksam zu machen, wo sie ab jetzt das Gewünschte finden.
Griffbereite Produktpräsentation
In diesem Zusammenhang spielen Griffzonen eine entscheidende Rolle. Dabei wird die Regalhöhe in vier Viertel eingeteilt:
- Die Vierviertelzone, die "Reckzone" liegt über 160 Zentimeter hoch.
- Die Dreiviertelzone befindet sich zwischen 120 bis 160 Zentimetern und streift den Bereich der Augenhöhe. Das Greifen nach der Ware ist hier besonders einfach.
- Die Zweiviertelzone: Die Halbdistanz oder Hüfthöhe im Bereich von 80 bis 120 Zentimetern ermöglicht ebenso noch das bequeme Greifen nach der Ware.
- Die Einviertelzone, befindet sich im Bereich zwischen 0 und 30 Zentimetern. Sie wird auch "Bückzone" genannt.
Diese unterschiedlichen Griffzonen haben Einfluss auf den Abverkauf der präsentierten Produkte. So ist die Dreiviertelzone die verkaufsstärkste. Hier sollten Apotheken genau die Artikel präsentieren, deren Abverkauf forciert werden soll.
Die beste Fernwirkung hat die Vierviertelzone: Hier sollten Artikel präsentiert werden, die Kunden zum Näherkommen animieren.
Meist ist es also gar nicht notwendig, die Apotheke komplett umzugestalten: Wer bei seiner Regalbestückung die genannten Aspekte berücksichtigt, kann gerade im Ergänzungssortiment spürbare Verkaufserfolge erzielen.
Regina Mittenhuber, Veitshöchheim
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